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Unter dem Weltenbaum - 01

Unter dem Weltenbaum - 01

Titel: Unter dem Weltenbaum - 01 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglass Sara
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Zerstörer weiß sehr wohl, daß er mit Furcht ebensoviel Schaden anrichten kann wie mit Eisspeeren.«
    Tief in seinem Innern wußte Axis, daß der Mann recht hatte.
    Panik konnte einem Heer ebenso zu schaffen machen wie feindliche Speere – wenn nicht sogar noch mehr. Ohne ein weiteres Wort ließ er die Mönche stehen und schritt mitten in das Lager hinein.
    Veremund legte Ogden eine Hand auf die Schulter. »Wir können uns bei den Pferden nützlich machen. Wenn der Sturm über uns ist und sie in Panik geraten, richten sie mehr Schaden an, als dies alle Eisspeere Gorgraels vermögen.«
    Die Soldaten hatten sich Mulden gegraben, legten sich bäuchlings hinein und bedeckten sich, so gut es ging, mit Kettenhemd und Mantel.
    Als Belial auf ein Loch zeigte, das er für sich und den Freund gegraben hatte, schüttelte Axis den Kopf. »Gebt mir meinen Umhang, mehr brauche ich nicht. Ich werde Gorgraels Furchtangriff erhobenen Hauptes erwarten.«
    Er drängte seinen Leutnant in die Mulde, breitete eine Zeltplane über ihm aus und wandte sich dem Unwetter entgegen.
    Schon erreichten die ersten Wolken den äußeren Bereich des Lagers. Axis verfolgte, wie seine Männer unter den düsteren Ballungen verschwanden.
    Hinter ihm wieherte ein Roß wie in Todesangst. Doch dann ertönten sanfte Worte. Das Pferd schnaubte noch einmal und verhielt sich still.
    Axis konnte sich nicht umdrehen, mußte er sich doch dem Unwetter stellen. Nach einem endlos langen Moment fragte er sich, ob sich so der Tod anfühlen mochte. Ob er wie diese Wolken alles verschlang, was ihm in den Weg geriet. Eben noch sah man eine Reihe von zusammengekauerten Soldaten, und im nächsten Augenblick ließ sich nichts mehr erkennen.
    Plötzlich tauchte ein Blitz das Gesicht des Kriegers in ein blaues und silbernes Licht, spiegelte sich auf der Wolkenfront wider, und einen Moment später war auch Axis von ihr verschlungen.
    Ein Unwetter der Furcht hatte Ogden dieses Gebilde genannt, und kaum von den Wolken eingeholt, wußte der Krieger, was der Mönch damit meinte.
    Axis kam es so vor, als wäre außer ihm nichts und niemand mehr am Leben. Die Wolke, die ihn überrollt hatte, hüllte ihn dicht ein, drang ihm sogar in die Nasenlöcher und schnitt ihn vollständig von allen anderen im Lager ab. Selbst die Sterne und die Erde waren verschwunden. Obwohl der Krieger wußte, daß Belial in der Mulde zu seinen Füßen lag, obwohl er sich eben noch mit eigenen Augen davon überzeugt hatte, war von dem Leutnant jetzt so wenig zu erkennen, als hätte es ihn nie gegeben. Axis war allein. Seine ganze Welt bestand nur noch aus dieser Wolke, die mit hungrigen, eisigen Fingern über die bloße Haut seines Gesichts fuhr und die Furcht bis in die entlegensten Winkel seiner Seele schickte.
    Um den Krieger herum war es plötzlich heller als am hellsten Tag. Die unentwegt zuckenden Blitze weiter vorn spiegelten sich in jedem einzelnen Wassertropfen der gespenstigen Wolke wider, und Axis konnte nur noch blinzeln, weil das silberblaue Licht seine Augen blendete.
    Er zitterte. Er war allein und vollständig vom Leben abgeschnitten.
    Nein, halt, das Geflüster ertönte wieder.
    »Hübscher Axis … leckerer Axis … hübscher Axis … leckerer Axis …«
    Der Krieger biß die Zähne zusammen, um nicht schreien zu müssen. Die Stimmen erinnerten ihn an jene in seinen Alpträumen und waren doch ganz anders. In seinen Nachtvisionen besaßen sie zusätzlich heiße Zähne, die ihm das Fleisch in Fetzen vom Körper rissen, damit er den langsamsten und schmerzhaftesten aller Tode starb. Die Stimmen hier hatten einfach nur Hunger. Axis hörte, wie sie nach ihm suchten.
    »Hübscher Bursche!«
    »Wo ist der Leckerbissen?«
    »Axis, Axis.«
    Und dann vernahm er von irgendwo rechts das Klacken von Krallen. Klack klack klack klack. So als nähere sich ihm ein gespenstisches Untier.
    Er versuchte sich einzureden, daß da nichts sein könne. Nur Stimmen. Und Furcht.
    Klack klack.
    Aus weiter Ferne rauschten schwere Schwingen heran.
    »Axis, Axis.«
    Klack klack klack klack.
    Flügel, die über ihn hinwegzogen.
    Der Krieger spürte, daß sich zu seinen Füßen etwas bewegte, und glaubte schon, das Untier habe ihn gefunden und wolle ihn verschlingen. Er prallte zurück, und sein Herz klopfte so heftig, als wolle es zerspringen.
    »Nein!« stöhnte eine leise Stimme.
    Belial! Axis atmete erleichtert aus. Also war er doch nicht völlig allein. Und nicht nur sein Leutnant – über dreitausend Soldaten

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