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Unter dem Weltenbaum - 01

Unter dem Weltenbaum - 01

Titel: Unter dem Weltenbaum - 01 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglass Sara
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der sich hauptsächlich den Kriegskünsten widmete, erwartete man gewiß nicht, daß er so wie Axis Musik und Gesang pflegte. Embeth hatte nie herausgefunden, wer ihm das ausgezeichnete Harfenspiel beigebracht hatte. Schon damals hatte er sich darauf verstanden, wenn er mit der Herrin und Ganelon, dem Herrn von Tare, nachts zusammen musizierte. Ihr Sohn Timozel beherrschte sein Instrument zwar noch lange nicht so gut, spielte aber für eine solche Gelegenheit zufriedenstellend. Und die drei Damen übten sich schon lange in der Sangeskunst. So verging der Rest des Abends auf höchst erquickliche Weise mit Balladen und Liedern über die Liebe und über tollkühne Abenteuer.
    Gilbert beteuerte, keine Melodie halten zu können, und hörte schweigend zu, wie er überhaupt schon vorher wenig zu diesem Abend beigetragen hatte. Wann immer die Musikanten und Sänger mit einem Lied fertig waren, klatschte er Beifall und lächelte, wenn sie lachten. Doch sein scharfer Blick behielt die ganze Zeit über unmerklich Faraday und Axis im Auge. Der Bruderführer hatte ihm aufgetragen, alles zu berichten, was ihm wichtig oder ungewöhnlich vorkomme; und dazu war der junge Mönch fest entschlossen.

11 Unverschlossene Türen
    Zwei Tage später erreichte der Zug Tare, die kleine Stadt, die an der Grenze zwischen den Ebenen von Tare und der kleinen Provinz Tarantaise lag. Eine arme Grafschaft, in der selbst der emsigste Einsatz des Pflugs für gewöhnlich nur magere Ernten an Korn und Gemüse einbrachte. Doch dank seiner Lage konnte Tare sich auf den Handel verlassen, der von Osten nach Westen und umgekehrt zog und seine Haupteinnahmequelle bildete. Als Embeth zum ersten Mal als junge Braut in dieses Land gekommen war, hatten die endlosen Weiten mit dem mageren Grasbewuchs einen schwermütigen Eindruck bei ihr hinterlassen. Doch heute, nach über zwanzig Jahren, hatte sie gelernt, das Land und seine Hauptstadt zu lieben und sich an die gemächliche Lebensart der Tarener zu gewöhnen.
    Die Bürger hatten sich auf den Stadtwällen versammelt, um dem herannahenden Zug entgegenzusehen. Sie jubelten und winkten, als die Axtschwinger auf das Tor zuritten. Die Tarener machten große Augen, wirkten aber nicht bedrückt darüber, so viele Soldaten zu erblicken. Denn das Militär, gleichgültig, ob Elitetruppen oder reguläre Verbände, bedeutete immer viel Geld.
    Die Mehrzahl der Axtschwinger würden vor der Stadt lagern müssen, denn ein kleiner Ort wie Tare konnte eine so gewaltige Schar beim besten Willen nicht aufnehmen. Embeth lud die Damen, Gilbert, Axis und Belial zu sich auf die Burg ein. Nach einigem Hin und Her erlaubte der Axtherr auch Timozel, für die Dauer des Aufenthalts in Tare zu bleiben. Der Jüngling freute sich natürlich über dieses Zugeständnis, obwohl es ihn doch etwas wurmte, daß er sich erst die Erlaubnis des Kriegers einholen mußte, um in seinem eigenen Heim schlafen zu dürfen. Vor allem da Axis selbst ohne Zweifel die Situation ausnutzen würde, sich seiner Mutter wieder in eindeutiger Weise zu nähern.
    Der Krieger beabsichtigte, zwei Tage in der Stadt zu bleiben, um die Vorräte aufzufrischen und Menschen und Pferden etwas Ruhe zu gönnen. Bei einem Gewaltmarsch stellten sich schon nach wenigen Tagen reihenweise Beschädigungen ein. Ausrüstungen mußten repariert, Pferde neu beschlagen und schadhafte Teile ausgewechselt werden. Daneben brauchten die Soldaten dringend einige Stunden der Waffenübung. Und wenn die neuesten Berichte aus dem Norden nicht übertrieben waren, dann fänden sie schon in wenigen Wochen überhaupt keine Zeit zum Ausruhen mehr. Und etliche aus seiner Truppe hätten hier in Tare zum letzten Mal Gelegenheit, einer Magd schöne Augen zu machen oder einen Krug Bier zu leeren. Axis befahl seinen Offizieren und Hauptleuten, so vielen Männern wie möglich einen Stadtausgang zu erlauben.
    Die Herrin von Tare lebte in einer hohen Burg mit dicken Mauern, die von den befestigten Wällen der Stadt geschützt wurde und durch eine eigene Mauer von den Straßen des Orts abgetrennt war. Die Anlage erhob sich auf einer Bergkuppe, und man konnte von den Wegen und Gärten aus ganz Tare überblicken. Zwar gehörte die Burg nicht zu den größten und stärksten im Reich, bot aber ausreichend Platz, die Damen, ihr Gefolge, Bruder Gilbert und die drei Axtschwinger aufzunehmen. Embeth hatte noch zwei weitere Kinder, einen Sohn und eine Tochter – Zwillinge und ein Jahr jünger als Timozel –, die aber zur Zeit

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