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Unter dem Weltenbaum - 01

Unter dem Weltenbaum - 01

Titel: Unter dem Weltenbaum - 01 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglass Sara
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am Hof von Karlon weilten.
    Die Herrin suchte mehrfach nach einer Gelegenheit, sich ernsthaft mit Faraday zu unterhalten, bevor Mutter und Tochter mit den Soldaten weiterzogen. Doch Merlion schien andere Vorstellungen zu haben, wie die Tochter ihre Zeit zu verbringen hatte. Während der zwei Tage auf der Burg schloß sie sich mit Faraday ein, besprach mit ihr Kleiderfragen und beschrieb ihr die Pflichten und Verantwortlichkeiten, die auf sie zukämen, sobald sie erst einmal die Herzogin von Ichtar wäre.
    Das Mädchen hätte gern etwas Zeit für sich selbst gehabt und auch mit Embeth geredet. Außerdem breitete sich unter ihr eine fremde Stadt aus, die es zu erkunden galt. Und sie hätte zu gern dabei zugesehen, wie die Axtschwinger sich in den Waffen übten. Aber Merlion ließ sie keinen Moment aus den Augen und ermahnte sie immer wieder, daß sie keine Zeit für solche Frivolitäten habe und sich lieber auf ihre Rolle als Herzogin vorbereiten solle. Die Mutter hatte Listen aller wichtigen Adligen von Ichtar mitgebracht, komplett mit Familienstammbäumen bis hin zu Verwandten dritten Grades. Daneben waren ihre Besitzungen und ihr jährliches Einkommen aufgeführt. All dies sollte Faraday auswendig lernen. Zusätzlich galt es, sich die Namen der Städte und Dörfer im Herzogtum einzuprägen. Und schließlich noch die von Bornhelds Gefolgsleuten und Bediensteten seiner Hofhaltung.
    Am Abend des zweiten Tages war das Mädchen der Verzweiflung nahe. Morgen würden sie beim ersten Dämmerlicht aufbrechen, und nach allem, was ihre Mutter ihr aufgebürdet hatte, fühlte sie sich weniger erholt als vielmehr noch erschöpfter als zuvor. Faraday saß aufrecht in ihrem Bett, genoß es, ein paar Minuten Ruhe zu haben, und schaute zum Fenster hinaus, wo die Wolken durch die Mondlichtnacht flogen. Ihre Gedanken wanderten zu der bevorstehenden Hochzeit mit Bornheld. Nun, da ein räumlicher Abstand zwischen den Brautleuten lag, konnte Faraday etwas nüchterner über die Angelegenheit nachdenken.
    Sie erinnerte sich nur zu gut, was sie beim ersten Anblick Axis’ empfunden hatte. Aber die Vernunft gebot ihr, den Ehebund mit dem Herzog nicht durch ihre Begeisterung für jenen Mann zu gefährden. Der Axtherr war eindeutig schöner als ihr Zukünftiger, und sein Ruf als Befehlshaber der Elitetruppe ließ ihn in einem strahlenden Licht erscheinen, gegen das der Herzog hoffnungslos verblaßte. Aber auf der anderen Seite mußte sie Bornheld zugute halten, daß sie es durchaus schlechter hätte treffen können. Als Herzog von Ichtar galt er nach Priam als der reichste Mann Achars. Außerdem war er der oberste Kriegsherr des Reiches und hatte berechtigte Aussichten, dem König eines Tages auf den Thron zu folgen. Kein Wunder, daß ihre Eltern vor Freude über diese Verbindung ganz aus dem Häuschen waren. Faraday hätte kaum eine bessere Partie machen können.
    Schuldgefühle überkamen das Mädchen, als es wieder an sein Benehmen auf dem Hof des Palasts denken mußte. Bornheld hatte bestimmt nicht beabsichtigt, sie zu beleidigen, und sich sogar bemüht – wenn auch auf unbeholfene Weise –, freundlich und nett zu ihr zu sein. Faraday dachte darüber nach, was sie eigentlich von ihrem Bräutigam wußte. Vielleicht rührte sein grobes Benehmen ja daher, daß er ohne Mutter hatte aufwachsen müssen. Sein Vater Searlas hatte sich nach Rivkahs Tod nicht wieder verheiratet und seinerseits das Zeitliche gesegnet, als Bornheld erst vierzehn Jahre alt gewesen war. Damit mußte der Knabe früher als jeder andere Fürst die schwere Bürde der Verantwortung für das Herzogtum Ichtar auf seine jungen Schultern laden. Vielleicht bedurfte es nur der sanften, liebevollen Hand einer Frau. Das Mädchen versuchte sich Bornheld vorzustellen, wie er sich nach zwei Jahren Ehe entwickelt hätte. Natürlich wäre er dann immer noch vornehmlich ein Kriegsmann, aber er hätte sich bessere Manieren zugelegt und könnte auch elegant plaudern. Ja, lächelte Faraday, vielleicht brauchte er wirklich nur etwas Schliff, und für den würde sie schon sorgen.
    Sie fragte sich nun, wie es wohl für Embeth gewesen sein mochte, als sie Ganelon von Tare geheiratet hatte. Faraday wußte, daß die Herrin einer vornehmen Familie aus Karlon entstammte. Als sie sich vermählt hatte, war sie noch jünger gewesen als Faraday. Vermutlich hatte Embeth sich ähnlichen Schwierigkeiten gegenübergesehen.
    Das Mädchen runzelte die Stirn und spielte mit einer Locke, die sich aus dem

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