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Unter dem Wolfsmond – DuMonts Digitale Kriminal-Bibliothek: Alex-McKnight-Serie (German Edition)

Unter dem Wolfsmond – DuMonts Digitale Kriminal-Bibliothek: Alex-McKnight-Serie (German Edition)

Titel: Unter dem Wolfsmond – DuMonts Digitale Kriminal-Bibliothek: Alex-McKnight-Serie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steve Hamilton
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war nicht nach Sprechen zumute, und so fuhren wir fast schweigend nach Paradise zurück.
    »Was ist mit deinem Auto?« fragte ich schließlich. »Wo steht das?«
    »Ich bin sicher, daß meine Vettern es zu meinem Haus gebracht haben.«
    Ich nickte. Wieder herrschte Schweigen. Ein Stück Rotwild lief durch den Schnee und überquerte vor uns die Straße.
    »Okay«, sagte ich. »Was zum Teufel ist denn nun passiert?«
    »Wie meinst du das?«
    »Die Parrishs. Warum waren sie so komisch?«
    »Wieso waren sie komisch?«
    »Nun tu nicht so«, sagte ich. »Ihre Tochter ist soeben entführt worden, und sie zucken nicht mal mit der Wimper.«
    »Alex«, sagte er. »Das verstehst du nicht.«
    »Was verstehe ich nicht? Erklär es mir. Fang damit an, wie sie jahrelang leben konnten, ohne von ihr zu hören. Ich dachte immer, Familie sei bei euch Jungs alles.«
    »Es ist alles. Aber du mußt verstehen, wie meine Leute sind. Weißt du, als ich klein war, hat meine Mutter mich gelegentlich gefragt, ob ich nicht zum Zahnarzt gehen wolle. Sie hat es mir nicht befohlen . Sie hat mich gefragt . Meist habe ich nein gesagt, ich wolle nicht gehen. Erscheint dir das komisch?«
    »Ja«, sagte ich. »Aber was hat das mit dem zu tun, worum es jetzt geht?«
    »Ein Ojibwa hält nichts davon, sich in das Leben anderer einzumischen. Nicht einmal ins Leben der eigenen Kinder. Wir glauben, jeder von uns habe seinen Weg im Leben selbst zu wählen. Auch wenn es der falsche Weg ist.«
    »Das erklärt gar nichts«, sagte ich. »Vinnie, sie ist entführt worden, um Himmels willen. Und das sollte sie nichts angehen?«
    »Natürlich geht es sie etwas an«, sagte er. »Was sollten sie denn deiner Meinung nach machen? Zusammenbrechen und dir zuliebe losheulen? Sie werden ihre Gefühle niemals so zeigen, und bestimmt nicht vor einem Fremden. Und sie werden dich auch nicht um Hilfe bitten.«
    »Nein, natürlich nicht. Bestimmt keinen Außenseiter.«
    »Nein«, sagte er. »Keinen Außenseiter. Das ist nicht Ojibwa-Art.«
    »So, ist es nicht?«
    »Nein. Und mehr kann ich dazu nicht sagen.«
    »Vinnie, weißt du was?«
    »Was?«
    »Das ist ein Haufen Scheiße. Alles, was du mir erzählt hast.«
    »Tut mir leid, daß es dir nicht gefällt.«
    »Das sind doch keine Aliens aus dem fernen Weltall«, sagte ich. »Sie sind menschliche Wesen. Ihre Tochter steckt in Schwierigkeiten. Sie hat sich mit einem ziemlich üblen Burschen eingelassen. Jetzt steckt sie in der Scheiße. Vielleicht ist sie sogar tot. Entschuldige, wenn ich dann erwarte, daß sie wenigstens ein kleines bißchen davon berührt sind.«
    »Dann entschuldige, wenn sie das nicht in einer Weise zum Ausdruck gebracht haben, die dir akzeptabel erscheint. Wir sind eben anders. So einfach ist das.«
    Ich hätte an dieser Stelle aufhören sollen. Ich war erschöpft. Ich wußte zu diesem Zeitpunkt nicht mehr, was ich sagte. Aber ich machte weiter. »Und was soll dieses ganze ›Wir‹-Zeugs? Ich dachte, du wärst gar kein Indianer mehr. Du bist aus dem Reservat ausgezogen. Du hängst nicht mehr mit ihnen rum, nur noch einmal die Woche zum Hockeyspielen.«
    »Jetzt gehst du zu weit, Alex.«
    »Oh, natürlich, wenn du Weiße bei der Jagd führst, dann bist du plötzlich wieder Roter Himmel, stimmt’s? Dann bist du Indianer. Oder wenn du mir die Ojibwa-Art erklärst. Ich nehme an, du kannst das wie einen Lichtschalter an- und ausschalten, wie? Aber der Himmel verhüte, daß dein Stamm dir hilft, wenn du im Knast sitzt. Nicht mal wissen sollen sie, daß du da bist.«
    »Geht es dir darum, Alex? Du bist wütend auf mich, weil du geglaubt hast, du müßtest kommen und mich per Kaution rausholen? Du willst deine tausend Dollar zurück? Ich gebe sie dir. Morgen früh liegen sie auf deiner Türschwelle.«
    »Ach, scheiß drauf«, sagte ich. Ich packte das Lenkrad, als wollte ich es aus der Lenksäule reißen. »Ich hätte dich drin lassen sollen. Ich dachte, ich versuche bloß, dein Freund zu sein. Aber ich nehme an, ich kann gar nicht dein Freund sein, stimmt’s? Ich bin ewig ein Außenseiter für dich.«
    Er sagte nichts. Ich auch nicht. Nicht, bis wir nach Paradise kamen und ich auf den Parkplatz vom Glasgow Inn fuhr. »Ich werde jetzt etwas essen gehen«, erklärte ich. »Kommst du mit?« Das war das deutlichste Friedensangebot, das er im Moment von mir kriegen konnte.
    »Nein, vielen Dank«, sagte er. »Ich gehe nach Hause.«
    »Das ist ein weiter Weg«, meinte ich.
    »Nicht für mich«, erwiderte er.
    »Noch so

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