Unter dem Zwillingsstern
dachte Carla, als er ihr folgte, um sie mit verschränkten Ar m en zu beobachten.
»Dein Freund m uß ein Neureicher sein«, be m erkte sie, während sie sich a b troc k nete. »Ver g olde t e W asserhähne? Du m eine Güte.«
»Auch Neureiche haben ihren Nutzen.«
Das hieß wohl, daß er die W ohnung ö f ter zu Tre f fen benutzte, aber sie hütete sich, danach zu fragen und sich so eine Blöße zu geben.
»Nun, hoffentlich hat dieser eine gute W aschfrau.«
»Du bist wirklich er s ta u nlich«, sa gt e Philipp, o hne sich zu rühren, und lachte. »Und es war tatsächlich dein erstes Mal.«
Sie gestattete sich e i n s p ötti s ches k l e i nes Läch e l n .
»Ich dachte, das hast du schon vorher gewußt ? «
»Sagen wir so, ich war fast sicher.«
Sie griff sich in den Nacken, um d i e letzten, obersten Knöpfe ihres Kleides zu schließen, dann fuhr sie sich noch ein m al m it d e m K a mm durch das H aar, um es zu glätten, und schaute in den Spiegel über dem W aschbecken. Ihr Mund sah aufgebissen aus, und ihre Augen hatten m ittlerweile Ri n ge, aber bis zur Vorstellung war n o ch genügend Zeit, um nach Hause zu g e hen und ein wenig von dem verpaßten Schlaf letzte Nacht nachzuholen.
Philipp trat hinter sie. Im Spieg e l trafen sich ihre Augen. » W eißt du«, sagte er nachdenklich, »daß du die erste Frau bist, die in so einer Situation nicht ein Geständn i s m acht oder eines erwartet ? «
»Aber ich liebe dich nicht«, erwiderte Carla überrascht. »Warum sollte ich darauf warten, daß du behauptest, du liebtest m i ch?«
Für eine Sekunde, ehe sich seine undurchdringliche Miene wiederherst e llte, w irkte er sie war sich ni cht sicher, aber sie fand kein anderes W ort dafür als betroffen. Konnte das sein? Aber der Eindruck verlor s ich s ofort wieder, als er auf seine übliche herablassende Art sagte: » W ie schön, daß du die Regeln verstehst.«
»Soweit es dich und m i ch angeht, gibt es keine Regeln, weil ich nicht die Absicht habe, das hier zu wiederholen«, entgegnete Carla und wollte an ihm vorbeisc h lüpfen, a b er er hi elt sie fe s t . Seltsa m , sich selbst an ihm zu riechen; ob wohl trotz des Wassers noch etwas von seinem Geruch an ihrer Haut haftete?
»Du wirst es wiederholen«, sagte P h ilipp.
Daher war s i e n a tü r lich entsc h l o ssen gewesen, ihn nicht m e hr zu tre ff en, zumindest nicht m ehr allein e . Aber jetzt, wo Robert sich so benah m , als seien sie beide t a tsäc h lich v e rhei r atet, än d erte sie ih r e Meinung. Si e vertrug es prinzipiell schlecht, von Männern heru m kom m andiert zu werden, es sei d e nn, es handelte sich um Regisseure wie Dieter oder Max Reinhardt, und die brachten es fertig, keine Selbsth e r r li c hkeit a u szu s tra h len. Ab e r vor die Wahl gestellt, entweder Robert in seinem Ego zu bestätigen oder Philipp, erschien ihr Philipp als die bessere Wahl. Ein paar Verabredungen m ehr änderten schließlich nichts W esentliches, und danach konnte sie ihn im m e r noch für den Rest ihres Lebens i gnorieren. Aber wenn sie es jetzt schon tat, dann glaubte Robert gar a ntiert, sie habe seinetwegen ein schlechtes Gewissen, und so eine Vorstellung durfte m an gar nicht erst e n tste he n lassen. Das W ort Ehefrau stand immer noch mit flam m enden Lettern an der Wand.
An diesem Tag m ußten sie nur ein paar Ro m ankapitel vorlesen und für diverse Produkte w erben, deren Fir m en dafür eine Menge Geld bezahlten. Trotzdem fiel jedem das eisi g e Schweigen zwis c hen Robert und Carla auf, aber beide benah m en sich so unnahbar, daß nie m and wagt e , eine F rage zu stellen, ganz abgesehen davon, daß einige glaubten, die Antwort ohnehin schon zu kennen.
»Und ich dachte im m er«, sagte Hugo zu Monika von Antwolfen, als sie sich außer Hörweite befanden, weil er neugierig auf ihre Reaktion war, »zwischen d e n beiden liefe nichts.«
Das sonst so gelassene Fräulein von Antwolfen verblüffte ihn m it einem ebenso schnippischen wie a u fschlußreichen Kom m en t ar, daß nä m lich nicht m ehr »liefe«, wie er es ausdr ü cke, als d aß gewisse Leute endlich erwachsen würden. Es verriet m ehr Ressenti m ent, als sie gewöhnlich zeigte, und das zu einem Zeitpunkt, zu d e m sie seiner Meinung nach eigentlich hätte glücklich sein müssen. Was nicht hieß, daß sie unrecht hatte.
Für Carla war es die ei g enartigste Zeit ih r es Le b ens. Der Zwist m i t Robert m a c hte sie unglücklich, aber es war an ih m , sich zu
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