Unter dem Zwillingsstern
»Di e s m al hat si c h Molnar kennen Sie Franz M o l n ar, Ca r l a ?
einen von seinen diabolischen Sch e rzen erlaubt. Max hatte Gilbert Miller eingeladen, ein großes Tier vom Broadway, und weil Miller alle von Molnars Stücken in A m erika herausgebracht hatte, bot Molnar an, ihn abzuholen. Und auf dem Weg von Salzburg nach Leopoldskron machte Molnar dem a r m e n Miller weis, er m üsse ihn vor ein paar Ei gentü m lichkeiten seines Gastgebers warnen. Alle sogenannten Prinzessinnen, Erzbischöfe, Industriebarone, Nobelpreisträger, Diplomaten und dergleichen m ehr s eien in W i rklichk e it R e inhardts Schauspieler. Ganz Salzburg wisse, daß der Professor für seine E m pfänge regel m äßig den Fes t spielfundus plündere und alle Mitglieder seines Ense m bles als Ko m pa r sen benutze.«
Ihre Zuhörerinnen hielten den At e m an. »Miller kom m t also an, m it einem Gesicht wie drei Tage Reg e nwetter, und Max stellt ihm als erstes den Erzbischof von Sal z burg vor. Eisiges Schweigen. Max versucht es zu überspielen und präsentiert die Kronprinzessin von Italien nun ja, die ehe m alige K r onprinzessin, aber wir w ollen m al nicht so sein. Das geht Miller zu w eit, er ignoriert die Hand der P rinzessin, dreht sich verächtlich um und stakst hinaus. Allge m eine Bestürzung, bis auf Molnar selbstver s tändlich, der dre i nschaut wie eine Katze, die einen Vogel verspeist h a t. Aber Max ist ihm auf der Spur, denn er kennt ja seinen Molnar und Molnars Theaterstücke, stellt ihn zur Rede und erhält schließlich ein Geständnis.«
Eleonore m achte eine Pause, um dem Gelächter ihres Publiku m s Raum zu geben, dann fügte sie h i nzu: »Zu schade, daß Max dem A m erikaner nicht die T hi m ig vorgestellt hat. D ie einzige wirkliche Hochstapl e r i n im Rau m .«
»Eleonore«, m ahnte Renate Beuren, ernst geworden, doch E l eonore ignorierte sie und wandte sich an Carla.
»Sie haben m it ihr gea r beitet, nicht wahr? Im Schwierigen?«
»Ja«, bestätigte Carla zögernd, do c h dann zwang sie die Ehrlichkeit fortzufahren: »Ich war sehr beeindruckt von ihrem Spiel.«
»Natürlich waren Sie das. Jeder m ann ist beeindruckt.« E l eonore schnitt eine Gri m asse und zitierte aus Herbert Jherings Kritik. »Ihr Spiel ist eine zauberhafte Ver b indung am Hemmung und Sicherheit. Ich b i n auch beein d ruckt. Aber was ich an ihr nicht a u sste h en kann, ist, daß sie so tut, als w äre sie auch im Privatl e ben die Heilige und ich die Hure von Babylon. Neuerdings schneidet sie m i ch.«
»Nach de m , was ich gehört habe«, w a rf Renate Beuren ein, »liegt das daran, daß Sie vor allen Leu t en Ihre Helene-Thi m i g- I m itationen zum Besten gegeben haben.«
»Oh, wir haben alle unser Repertoire.« Eleonore faltete die Hände, schlug die Augen nieder und sagte in Helene Thi m igs leicht vibrierender Sti mm e m it dem öste r reichis c hen Akzent: »Ich steh d i r bei, so wie ich eh/ Stand hielt bei Judas Makabee!«
Es war eine unverkennbare Parodie auf Helene Thi m ig in e i ner ihrer berüh m t esten Rollen, als Glaube im Jedermann, und durchaus gekonnt. Renate Beuren lachte, do c h gleichzeitig schüttelte sie den Kopf. »Das Traurige bei Ihnen, Ele o nore, ist, daß Sie das Talent, das Sie haben, nicht für die richtigen Zwecke einsetzen.«
»Die Hauptsache ist doch, daß ich m ein Ziel erreiche, oder ? « gab Eleonore zurück und strich sich ung e duldig eine Haarsträhne zurück, die ihr ins G esicht gefallen war. Dabei verschob sich der Är m el ihres Kleides et w as, und Carla erkannte rote Einstichstell e n an ihrem Unter a r m .
»Eines Tages«, m u r m elte Eleonor e . »E i nes T a g es w i rd es sow e i t sein, daß er m i ch braucht, und nic h t sie.« Sie lächelte, doch es war ein bitteres, hu m orloses Lächeln. » E s wäre sog a r besser für sein Fa m ilienleben, Renate. Seine Söhne mögen m ic h, im Gegensatz zu Mada m e H e lene. Sogar seine Frau m ag m i ch.«
»Nur so lange, wie Sie für die Thi m ig ein Dorn im Auge sind, fürchte ich. Sollten Sie es je sc h affen, unsere schöne Helena zu verdrängen, dann wird die Sy m path i e von Else der Unbeugsa m en für Sie sehr schnell auf den Nullpunkt sinken. Aber geben Sie sich keinen Illusionen hin, Sie werden es nicht schaffen.«
Eleonore öffnete den Mund, um zu widersprechen, doch Renate Beuren schaute pointiert zu Carla.
»Oh, lassen Sie sich durch m ich nicht stören«, sagte Carla. »Die Privatangelegenheiten von Fre m den sind
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