Unter dem Zwillingsstern
ihre Handflächen so heftig gegeneinander, daß ihre Haut brennen m ußte.
»Du bist wirklich eine gute Schau s pielerin. Aber ich habe das nie bezwei f elt. Schlie ß lich hast du schon in der S chule so überzeugend gelogen. Doch das ändert nichts d a ran, daß ich im Recht bin, Carla, und du weißt es. Hör au f , ein Kind zu sein, laß Robert in R uhe, fang dein eigenes Leben an, und laß uns endlich unseres beginnen.«
Die Belustigung wich zurück wie d i e Ebbe und legte lange, endlose Flächen voller Ärger frei.
»Du hast kein eigenes L eben, Monika«, entgegnete Carla verächtlich. »Du hast einfach nicht den Mut zu eine m , sonst hättest du entweder m it deiner Schauspielerei weiterge m acht oder dir einen anderen Beruf gesucht, statt dich an Robert und diese alberne Vorstellung vom Genie und der würdigen Frau an seiner Seite zu klam m e rn.«
»Und du«, sagte Monika herabla s send, »verstehst ganz einfach nicht, daß Frau zu sein schon Berufung genug ist. Für eine ec h te Frau. Aber du bist keine. Du bist ein Kind, und du hinderst m einen Gatten daran, ein Mann zu werden.«
O Monika, dachte Carla, m an sollte schlafende Hunde bes s er nicht wecken. Aber du hast geradezu darum gebeten. »Glaub m i r«, entgegnete sie, stand auf und stellte s i ch hinter Monik a s Lehnstuhl, »wir sind sehr erwachsen. Soll ich dir d e monstrieren, wie erwachsen? Ich weiß eine ganze Menge über dich.«
Monikas natürliche Lockenpracht w a r in der Mitte g esch e it e lt; sie trug sie m it Haarnadeln zurückgesteckt. Carla strich m it den Fingerspitzen über die Schläfen, dann l ö ste sie die Nadeln und m ur m elte:
»Du hast es gerne, wenn es so anfängt, nicht wahr? Und als nächstes warte, ich habe es gleich wieder -, als nächstes bevorzugst du«, sie ließ ihre Hände Monikas Hals hinu n ter auf die S chultern gleiten und dann zu ihrer Halskuhle zurückwandern, »einen Kuß g e nau hier, denke ich.«
Monika hatte ihr so erstarrt w i e das Kaninchen vor der Schlange zugehört, aber nun m achte sie Anstalten aufzuspringen. Sie war größer als Carla, aber in der schlechteren Position; Carla drückte sie wieder nach unten.
»Ich bin noch nicht fertig«, sagte Carla.
Als sie Monikas Nachgeben spürte, ließ sie ihre Schult e rn l o s, u m rundete den Stuhl und packte dies m al Monikas Hände auf den Stuhllehnen.
»Es ist wirklich eigenartig, so v i el über je m and e n zu wissen, den m an so wen i g m ag, bis hin zur Lage seiner Leberflecken. Aber wieso du ausgerechnet an die s er Stelle so kitzlig bist, kann ich m i r einfach nicht vorstellen. Ich dachte im m er, es handele sich um abgestorbene Haut.«
Monika starrte sie entsetzt an, ohne auch nur den Hauch einer Gegenwehr. Sie blinzelte; Tränen lösten sich aus ihren W i m p ern und rollten ihre W angen herab. Carla gab eine ihrer Hände frei und zeichnete die Spur einer Träne nach.
»Du bist ein böses, pervers e s Kind«, schluchzte Monika.
Es genügte. Carla trat zurück. »Ja, vielleicht«, sagte sie, w ährend sie nach ihrer Handtasche griff, s i e sich überhängte und in den nächsten Raum g i ng, der auf den Flur hinausführte.
»Aber was«, fügte sie hinzu, gerade noch laut genug, da m it Monika sie hören konnte, »ist dann Robert ? «
»Ja, Freiwillige können wir im m er g e brauchen«, sagte die B erliner Vorsitzende der Friedensliga ver w undert, »besonders jetzt. Aber wollen Sie n i cht warten, bis sich et w as Geeignetes für Sie ergibt? Im Mo m ent könnten Sie nur Briefe abtippen und Plakate m alen.«
»Ich habe die Zeit«, erwiderte Carla, »und außerdem festgestellt, daß es nicht gut für m ich ist, nicht beschäftigt zu sein.«
Die Sache m it Monika lag ihr im Magen. Eine schneidende Be m erkung über Eifersucht hätte gen ü gt; es war nicht nötig gewesen, grausam zu werden, auch wenn Monika sie m it ihrem überheblichen Getue und der Phrase über Illu s i o n e n, die s i e an Philipp erinnerte, zornig ge m acht hatte. Außerdem zwang sie die Ehrlic h keit, zuzugeben, daß sie als Ehefrau je m anden wie sich auch nicht toleriert hätte. Viell e icht sollte sie sich e n tschuldigen, doch andererseits war Monika ebenfalls beleidigend gewesen, und es würde ohnehin nichts ändern.
Trotzde m , sie wünschte, sie hätte auf ihren Agenten gehört und ein Herbstengage m ent an einer Bühne angenommen. Sie m ochte sich zur Zeit nicht besonders und ver m ißte e s , sich in eine andere Identität versenken zu können.
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