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Unter dem Zwillingsstern

Titel: Unter dem Zwillingsstern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Kinkel
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Robert bereits haßte, ehe er das erste Mal einen F uß in ein Studio setzte. Ein anderer Teil verhielt sich neutral, war aber der Meinung, er würde sich, wie schon im Theater m it seinem Königsdramenprojekt, überneh m en; m it e t was Glück für Astoria werde es zu m indest ein spektakulärer Flop werden. Man konnte all e s m ögliche von Robert König behaupten, aber nicht, daß er nic h t spektakulär und unterhaltend war. Eine Minderheit schließlich benahm s i ch so, wie es Robert instinktiv von allen Fre m den e r wartete: wohlwollend, a m üsiert und beeindruckt. Zu der Minderheit gehör t e Michael Mait g er, Dra m atiker, Drehbuchautor und Alkoholiker.
    Maitgers Spezialität war es, von anderen geschriebene Drehbücher zu überarbeiten und umzuschreiben, was zu dem Zyni s m us beitrug, m it d e m er seinen Beruf betrachte t e, doch jedes ein z elne der von ihm bearbeiteten Drehbücher war ein Erfolg geworden. Im Gegensatz dazu blieben die m eisten seiner Theaterstücke unaufgeführt. Vor Jahren hatte Max Reinhardt seine T r agödie Bertram akzeptiert, was zu einem der berüh m testen Krache der neueren Theatergeschichte geführt hatte. Maitger wehrte sich gegen jede einzelne Kürzung, er lehnte die B esetzung ab, verabsche u te den Inszenierungsstil und versuchte am Schluß sogar, die Auf f üh r ung seines Werkes rechtlich zu verhind e rn. Sein völli ge r Mißer f olg dabei trug z u dem Gusto bei, m it dem er später anderer Leute Drehb ü cher attac k ierte, aber das Ereignis legte auch den Grundstein zu einer lebenslangen feindseligen Obsession m it Max Reinhardt, über den er b uchstä b lich jeden erschienenen Artikel aufbewahrte. Zu dem Zeitpunkt, als er Robert König begegnete, war Michael Mait g e r er f olg r eich, ver b ittert, voll zynischem W itz, auf d e r Suche nach einem V e ntil und da b ei, sich zu Tode zu trinken. Es w underte n i e m anden, der Robert etwas näher kannte, daß er verkündete, er und Maitger seien füreinander geschaffen.
    Er hatte da m it nicht unrecht. Seine Vorstellungen über den geeigneten Fil m stoff waren noch sehr v a ge; er s c hw ankte zwischen den Borgias, einer Verfil m ung von Büchners Dantons Tod und der Idee, eines von Büchners The m en in die Gegenwart zu übertragen: ein Film über e i ne legendäre Figur, jemanden, der das Zeug zur Größe hatte, es ab e r nic h t u m setzte. Selb s t z erst ö re r i sche Charaktere f esselten Robert schon seit jeher, und er s a h es außerdem als ein Mittel zur Kontroverse, ein Gegenpol zu all den Heroen-Fil m en, die F r idericus-Epen an der Spitze, die in den letzten Jahren so in Mode gekom m en waren. Als er Maitger das erzählte, leuchteten dessen Augen auf.
    »Der große Mann m it einem hohlen Kern«, sagte er genüßlich, was nicht ganz das war, was Robert ge m eint hatte. »Und ich weiß au c h schon, wessen Leben man da als Vorbild neh m e n könnte.«
    »Max Reinhardt ? « wiederholte Car l a ungläubig, als Robert ihr davon berichtete. »Du w ill s t einen biograp h ischen Film über Max Reinhardt dr ehe n ?«
    »Keine abgedroschene Biographie, und er liefert nur das Gerüst. Michael hat da eine geniale Idee. Er hat m al ein Theaterstück über das Attentat von Sarajewo geschri e ben, wo es aus fünf völlig verschiedenen Perspektiven geschilde r t wurde, von dem Attentäter, von dem toten Thronfolgerehepaar, von einem Spaziergänger und so weiter. Also, Franz Ferdi n and als Rolle reizt m i ch wirklich nicht, aber der Professor ist etwas anderes. Wir lassen ihn von verschiedenen Freunden und Feinden schildern ich sage dir, das wird ein Knüller!«
    » W enn er dich nicht wegen Ver l eumdung verklagt«, erwiderte Carla, doch sie konnte das Potential erkennen; ganz abgesehen von allem anderen, bot Reinhardts Leben drei hervorragende weibliche Rollen.
    » W ird er nicht. W ir fiktionalisieren ihn natürlich. Aber sein Leben bietet an sich schon eine wunderba r e Struktur rascher Aufstieg aus der Obskurität, jugendlicher Idea l ismus und Rebellentu m , dann wird aus dem E r neuerer des Theaters selbst eine erstarrte In s tit u tion, und er v e rlie r t v öllig den K o ntakt zu d e r W elt, in d e r er lebt. A m Schluß endet er, eingesponnen in seine eigenen Illusionen, in Leopoldskron das Schloß als gigantischste Selbstinszenierung. Oder besser gesagt, am Anfang. Michael will m it dem Tod anfangen und die Geschichte aus dem Rückblick erzählen las s en . « Die einzi g e Schwieri g keit, die Robert vor

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