Unter dem Zwillingsstern
zwar dieser Tage nicht unbedingt das, was m an eine Ehe nennen könnte, genauer gesagt haben wir das schon seit Anfang ihrer S c hwangerschaft nicht m e hr getan, aber ich… bin verant w ortlich für sie und das Kind.« Mit ein e m schwachen Lächeln fügte er hinz u : » Eine lausige Zeit, um erwachsen zu werden, nicht wahr?«
Das war es, dachte sie, woran sie s eit dieser N acht im Deze m ber krankte: das Ende ihrer Jugend. S i e und Robert hatten sich im m e r eingebildet, sehr viel reifer als d e r Rest ihrer U m gebung zu sein, aber sie hatten s ich geirrt. Sie war e n wirklich noch Kinder gewesen, Wunderkinder oder nur w underliche Kinder, m it der festen Überzeugung, daß es im m er nur eine W en d ung zum B e sseren gab, trotz all der Katastrophen um s i e heru m . D i e Überzeugung war noch nicht ganz geschwunden, aber erschüttert, und um die Erkenntnis reicher, daß das Bessere seinen Preis hatte.
»Geh nicht nach A m erika«, sagte R obert und beugte sich vor. »Erzähl Kohner einfach, du bist in P a nik geraten und hast es dir noch ein m al überlegt, du m ö c htest doch lieber auf Nummer Sicher gehen und hier in Deutschland Karriere machen. Ich weiß nicht, wie ich es hier zwei Jahre ohne dich aushalten soll.«
Laß m i ch nicht allein, wollte er fortfahren, doch im gleichen Mo m ent sprach sie es aus. »Laß m ich nicht allein«, erwiderte Carla.
»Komm m it. Monika wird die acht Tage auf See schon überstehen, und Hel m ut und Brigitte neh m en wir auch m it. Das ist verrückt, aber uns sind immer die verrückten Dinge am besten gelungen. Du warst schon ein m al dort, du sprichst besser Englisch als ich, und wir haben Genevieve als Verbündet e . Du wirst dort Arbeit finden, du hast bisher noch jeden überzeugen können, dir welche zu geben.« Einen Mo m ent lang wollte er z u stim m en. Aber die Zeit, zusammen wegzulaufen, war endgültig vorbei, und sie wußte es. Die unerträgliche Aussicht, in die Einsa m keit ihrer frühen Kindheit zurückgestoßen zu werden, m achte sie zornig, u n d sie f r agte erbitt e rt: » E s ist der Fil m , nicht wahr? Selbst wenn du nicht verheiratet wärst und kein einzi g er M itarbeiter d ei n etwegen boykottiert würde, dann würdest du im m er noch lieber bleiben, als auf dein großes Debüt zu verzichten!« In ihrer Behauptung steckte ein Korn W ahrheit, und verletzt schlug er auf die gleiche W eise zurück.
»Du hast gut reden ich m öchte wissen, ob du auch fahren würdest, wenn die UFA hier gerade Carmilla herausbrächte, nicht Universal, und du nicht eine Beschäftigungsgarantie im Ä r m el hättest! Es ist verdammt leicht, anderen zu predigen, wenn m an sich selbst ins ge m achte Nest setzen kann!«
»Schön, dann bleib doch und versu c he, in Blut-und-Boden-Stücken unterzuko mm en, bis der Anstreicher zurücktritt!« stieß Carla hervor und stand auf. »Das müßte dir liegen tieferes Eindringen in eine Rolle ist nicht erforderlich.«
Es tat ihr bereits leid, als sie k e ine zehn Schritte von dem C a fé entfernt war. E s fiel ihr n u r l e ichte r , w ütend als ängstlich zu sein, und sie m achte s i ch Sor g en um Rober t , nicht nur, daß er beruflich schikaniert werden könnte. Sie m achte sich genug Sorgen, um ihre Abneigung zu überwinden und m it Monika darüber zu sprechen.
»Du hast recht«, sagte Monika unerwarteterweise. »Ich fürchte auch, daß diese Radioeskapade jetzt ihre Nachwirkungen zeigen wird.« Sie griff nach einem Kissen, um es sich hinter den Rücken zu legen. »Aber m it nichts in der Hand auszuwandern ist kaum eine Lösung.«
»Es wäre keine Auswanderung. Nur eine kurze Zeit, bis zur nächsten Regierung. Außerdem«, Carla läc h elte schief, »wer w e iß, vielleicht wird Robert in H ollywood der nächste Erich von Strohei m .«
»Ganz bestimmt nicht, denn ich werde nicht auswandern, auch nicht für kurze Zeit. Ich hatte weidlich Zeit, um über m eine Zukunft nachzudenken. Hast du überhaupt eine Ahnung, was für ein Opfer ich gebracht habe, als ich Robert g ehei r at e t h a be? Der g r ö ßte T e il m einer Familie sp r icht nicht m ehr m it m i r. Und als G e g e n lei s t ung erhalte ich Brosa m en, die von deinem Tisch abfallen. Ich glaube im m er noch, daß eine Frau die Arbeit ihres Mannes unterstützen sollte, aber du bist keine Arbeit, du bist… ein Krebs. Und wenn du auch nur in Erwägung ziehst, daß ich dir helfen werde, diese Art von Leben fortzusetzen, dann bist du zu allem anderen auch noch dumm.
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