Unter dem Zwillingsstern
einte.
»Ich m uß das Kind verlieren«, flü s terte sie und überließ sich wieder den Tränen.
Nach einer Pause fragte er zögernd: »Es… es ist doch nicht Roberts Kind?«
Das durchbrach den W a ll ihrer Verzweiflung und schockierte sie seltsa m erweise m ehr, als es eine sofortige Ablehnung aller Hilfe getan hätte. »Nein, selbstverständlich nicht«, sagte Carla und spürte, wie ihre Tränen versiegten. Er saß so zusammengesunken neben ihr, daß sie auf ein m al das Gefühl hatte, ihn trösten zu m üssen. »Dann würde ich doch nie… das würde ich Ihnen nicht antun, Dr. Gold m ann. Rob e rt und ich sind nie a u f diese Art zusammengew e sen. W ir sind Freunde, das wissen Sie doch.«
Er legte ihr den A r m um die Schulter. »Entschuldigen Sie, Carla, es war eine du mme Frage. Ich dac h te m ir nur, das sei vielleicht der Grund, warum Sie… nun ja, Ihre Beziehung zu Herrn Bach m aier abgebrochen haben.«
Warum glaubten Männer eigentl i ch, es m üsse i m m er ein anderer Mann im Spiel sein, wenn m a n einen von ihnen verließ?
»Nein, das war nicht R oberts wegen.«
Ihr wurde bewußt, daß er auf ihre linke Hand schaute, und da erinnerte sie sich, daß er den Ring ges e hen hatte, den Ring, der jetzt in der Nachttischschublade in ihrer W o hnung lag. Sie debattierte immer noch m it sich, ob sie ihn nun fortw e rfen oder in einen U m schlag stecken und an Philipp zurückschic k en sollte. Ver s chenken, verkaufen oder zur Pfandleihe geben konnte sie i h n nicht. Er hatte eine Gravur, und deswegen nahm sie ihn auch manch m al heraus und betrachtete ihn, wenn ihr gerade nach Selbstquälerei zu m ute war.
Dr. Gold m a nn stand auf und beg a nn, unruhig auf und ab zu gehen.
»Es stim m t , daß ich… gewisse Leute kenne. Aber Carla, ich habe geschworen, Leben zu erhalten. W e nn die Gefahr bestünde, daß Sie die Geburt nicht überlebten, oder…«
O Gott, ni c ht noch ei n m al, dachte sie. In d e r T at zä h lte Dr. Gold m ann all die Gründe auf, die Dr. Scheuerle bereits genannt hatte,
»…und außerdem gibt es doch die Möglichkeit, sich m it Herrn Bach m aier zu eini g en. Ich will I h nen nicht verhehlen, daß er m ir nicht als der geeignete E he m ann für Sie erschien, als ich ihn kennenler n te« da s war die Untertreibu n g des Jahres, dachte Carla und schloß die Augen; anscheinend blieb es ihr nic h t erspart, dem a r m e n Dr. Gold m a nn m it ihr e r schwe r st e n W a ffe zuzusetzen - » aber ich glaube auch nicht, daß er sich der Verantwortung entziehen würde.«
Also gut. Was soll geschehen, m ag ’ s gleich geschehen, und sie würde nicht Gretchen in diesem Dra m a sein.
»Er wird es nie erfahren«, sagte C a rla, öffnete die Lider wie d er und sah Martin Gold m ann m it einem kühlen, abwägenden Blick an, der ihn plötzlich an ihren Vater erinner t e. »Das fällt ebenfalls in Ihre ärztliche Schweigepflicht, Dr. Gold m ann, und ich weiß, wie gut Sie diese Schweigepflicht wahren können, viele Jahre lang. Sie haben schließlich auch nie m a ndem von dem letzten Mittel erzählt, das Sie Roberts Mutter verschrieben haben, nicht wahr?«
Dr. Gold m ann betrieb regel m äßig Sport und ging gerne und oft spazieren. E r erfreute sich auch im W inter einer gesunden Bräune. Aber nun wich das Bl u t aus seinem Antlitz, bis es einer wächsernen Maske glic h , und Carlas Blick verä n derte s i ch, wurde m itleidig. Sie erhob sich, und nun war sie es, die ihn bei der Hand nahm und ihn zur Chaiselongue führte. Er barg sein Gesicht in den Händen.
»O nein«, m ur m elte er. »Nein. All die Jahre… aber wenn er gesehen hat, wie Rainer es ihr gegeb e n hat, waru m … ein Kind schweigt doch darüber nicht. Ich hätte es ihm doch erklärt.«
»Er versteht es«, sagte Carla b e ruhigend, und der Versuch, Dr. Gold m ann zu trösten, lenkte sie für einen Mo m e nt von ihrer eigenen Tortur ab. »Sie hatte furchtbare Sch m erzen, und es wäre nur noch schlim m er geworden. Er versteht es.«
Was sie nicht hinzufügte, war, d a ß Verzeihen und Verstehen zwei verschiedene Dinge waren. W as R o bert für Dr. Gold m ann e m pfand, war die gleiche Mischung aus Ablehnung und Zuneigung, die er seinem Vater e ntgegenge br acht h a tte, u nd sie war durch Rainer Königs Tod nur noch ko m plizierter geworden.
»Manch m al bin ich froh«, wisperte Dr. Gold m a nn wie ein Echo auf ihre Gedanken, »daß Rainer schon zu ihren Lebzeiten zuviel trank, sonst m üßte ich m i ch f r agen, ob nicht
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