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Unter dem Zwillingsstern

Titel: Unter dem Zwillingsstern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Kinkel
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kein Kind, noch kein Kind. Es exi s tiert nicht. Es… ein Mädchen oder ein Junge? S i e spürte die Reibung d e s Latex, als der Mann mit seinen behandschuhten Händen vorsichtig ihren Bauch abtastete. Dr. Gold m ann war verschwunden. Ver m utlich w a rtete er in einem der anderen Räu m e. Viell e icht a uch nicht, er hatte schli e ßlich sel b st eine Praxis zu leiten, und der Mann hatte et w as von zwei Stunden er w ähnt.
    Der bittere Gesch m ack in ihrem Mund. Etwas wie Pfeffe r m inz. Angeblich durchlebte man im Aug e nblick seines Todes noch ein m al seine ga n ze Existe n z, a ber di e ses Kind existi e rte n icht, ha tte n icht existiert, würde nic h t existieren. Ob es etwas fühlte?
    Ein Kind teilte den Herzschlag sei n er Mutter. Oder war d as ei n e falsche Erinnerung an ein lange verlegtes Medizinlexikon? E s bekam Nahrung durch das durch die Nabelschnur geleitete Blut. E t was in der Art. Marianne hatte unbedingt ein Kind haben wollen, aber statt dessen einen Krebs zur W elt gebracht. Ma r i a nnes Mutt e r brachte nicht das richtige Kind zur W elt, genausowenig wie Carlas Mutter. Die ar m e Anni war gar nicht erst schwanger geworden und selbst noch ein Kind gewesen, viel jünger als sie jetzt. Monika spürte ihr Kind inzwischen besti mm t schon die ganze Zeit, spürt e , wie es sich bewegte. D u bist ein K rebs. W arum sollte ei n e tödliche W ucherung Kinder hervorbringen?
    Was sie jetzt spürte, war der Eingriff, nicht das Kind. Kinder spürte m an erst viel später. Mädchen oder Junge? Ein Teil von ihr und ein Teil von P h ilipp. Phili p p hatte unbedingt ein Kind haben wollen, unver m eidlicherweise einen Sohn. Aber nicht ihr Kind. Sie würden nie ein ge m einsa m es Kind haben. E s war so leicht für Männer, sich Kinder zu wünschen. Er st e l lte s i ch ver m utlich vor, wie er es wohlwollend für das erste P hoto im Tau f kleid und er würde es taufen lassen, m angelnder Glaube hin oder her, d as zi e m te sich s c hlie ß lich so in den A r m en hielt und es dann u m gehend zum erwachsenen, respektvollen Sohn und Erben graduierte.
    Ein Sohn von Philipp Bach m aier und Carla Fehr: Die Skizze eines Daseins ta u chte in ihr a u f , wäh r end sie die Zähne zusam m e nbiß und zur Decke starrte. Der Junge kommt im Sept e m ber zur W elt. Seine blauen Augen werden später dunkel. Sein Haar jedoch ist, anders als das seines Vaters, braun, m it einig e n rötlichen Lichtern, ganz seine ureigene Farbe. Er zahnt früh, aber es beruhigt ihn m eistens, wenn ihm seine Mutt e r vorliest, was sie gerne tut, d enn es erin n ert sie an ihre kurze Zeit im Licht. Sie liest ihm alles vor, von Andersens Märchen bis zu Shakespeares Dra m en, u nd er versteht sie natürlich nicht, aber er schläft ein, und sein kleiner Körper in ihren Ar m en gibt auch ihr Frieden. Sein Vater entdeckt zu seiner Überraschung, daß es ganz leicht ist, mit einem K i nd zu spi e len, und er gestattet sich endlich, je m anden zu lieben, ohne sich dessen zu schä m en. Er entdeckt, was das Lachen eines Kindes sein kann, und wendet sich ab von der konstruie r ten M ännlich k eit, in die m an i hn gepreßt hat, als er selbst noch nicht m ehr als ein Kind war. Der Junge wird später ein Maler, was keiner von seinen Eltern erwartet hat, aber sie sind stolz auf ihn.
    Eine Tochter von Carla Fehr und Philipp Bach m eier: Sie be h ält i h re blauen A ugen. Sie hat schwarzes Haar, ganz wie ihr Vater, und sehr lange W i mpern, die kitzeln, wenn ihre M u tter sie an s i ch drückt. Sie ist ein fröhliches, phantasievo l les Kind, aber hin und wieder hat sie Albträu m e, und obwohl ihre Elt e rn es anfangs schwer haben, m iteinander zu leben, bringt es sie z u sammen, daß sie nachts aufstehen, um ihre Tochter vor allem Bösen zu beschützen. Und durch das Mädchen, das ihren Vater liebt, lernt die Mutter, sich auch einzugestehen, daß sie ihn liebt, und eines Tages sagt sie es ih m , ohne sich zu schä m en. Das Mädchen hat beide Eltern und m uß nie fürchten, sie zu verlieren. Sie wächst aber nicht in München auf, sondern in einem fr e m den Land, weil ihre Eltern beschließen, weit von allen Erinnerungen wegzugehen und einen neuen Anfang zu m achen. Es lernt die Sprache des fre m den Landes gleic h ze i tig m it der seiner Eltern und wird später eine For s c h erin, eine Weltreisen d e, wie Gertrude Bell. Ihre Eltern sind ständig ein wen i g in Sorge, aber sehr st o lz.
    O m eine Tochter, o m ein Sohn, verzeih m ir. Ich habe

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