Unter dem Zwillingsstern
Krone, Wissen, wie das Laub
Vergehen muß und wird zu Staub.
Fürchte nicht der Blitze Licht,
Noch des Donners Widerhall;
Zensur und Folter stör’n dich nicht,
Denn du bist fern von Freud und Qual.
Denn auch die Liebe, mit Verlaub,
Vergehen muß und wird zu Staub.
Kein Teufelsfluch befange dich!
Kein Hexenzauber banne dich!
Kein Fluch bereit’ dir Gram!
Laß Ungemach und Kummer ab
Und finde F rieden dort im Grab!
Die letzte Angehörige der kle i nen Gruppe von Trauernden sagte nichts, und nach einer kurzen W eile fuhr der Geistliche erleichtert m it der Beerdigungszeremonie fort. Es dauerte nicht m ehr lange. Als der Sarg ins Innere des ausgehoben e n Grabes gesenkt wurde, gefolgt von den üblichen Schaufeln voll Erde, verabschiedete sich der junge Mann erleichtert m it einigen bes c h w ichtigenden Worten. »O Gott«, stieß d i e B r ünette h e rv o r, »da war ja L.B. letzte W oche au f r ichtiger, als er an unser Ge m einschaftsgefühl appellierte, d a m it wir die gekürzten Gehälter akzeptierten.«
»Es ist ein Scheißgeschäft, France s , das weißt du doch«, antwortete der Mann. »Wenigstens hat Jenny es hinter sich.«
»Es besteht kein Grund, vulgär zu werden«, sagte sie eisig und schaute ostentativ zu ihren beiden Kindern hinab.
»Tut m i r leid.«
Die »Frances« genannte Frau trat zu Carla und m einte vorsichtig:
»Ich habe zwar nicht verstanden, was Sie gesagt haben, aber es klang schön. Sind Sie…«
Carla s t ellte sich v o r u n d erklärte, sie habe in Genevieves letztem Film m itgespielt. Tränen s tiegen in die Augen der Frau.
»Genevieve war so stolz darau f , und jetzt… Es ist schön, daß Sie da sind. Außer Tom ist sonst kei n er von ihren Schauspielern gekom m en. Waren Sie zufällig in…«
»Nein«, unterbrach die Asiatin unerwa r tet scharf. »Miss Fehr sollte zur Pre m iere von Carmilla erscheinen, als Überraschungsgast, und bei dieser G elegenheit in Holly w ood vorgestellt werden.« Sie wandte sich an Carla. »Ich«, sagte sie bitter, »bin hier die e i nzige Vertreterin von Universal. Nancy Reiko Nakamura, aus der PR-Abteilung.«
»Ist das nicht typisch«, sagte der Mann und lachte. Erst jetzt, als er näher trat, be m erkte Carla den W hiskeygeruch in seinem Ate m . »S i e schicken eine Japse.«
»To m !« rief Frances entrüstet. Unb e ir r t f uhr er fort: » I ch m e ine ja nur, was für ein Abschiedsko m itee wir für Jenny abgeben, i mm er m i t Ausnah m e von dir, Frances, versteht sich. Du repräsentierst die Spitze der Leiter. Aber ansonsten haben wir hier eine Hunnin, eine Japse und einen Schwulen, den nach Ablauf dieser Woche garantiert kein Studio m ehr für einen Western engagieren wird.«
Er sank auf die Knie und zog ein e n kleinen F lakon aus der Jackentasche, stellte fest, d aß er leer war, und schleuderte ihn fort, wo er an einem Grabstein zersc h ellte.
»Scheißgeschäft!«
Miss Nakamura blieb ausdruckslos. F rances war tief errötet.
»Entschuldigen Sie«, sagte sie zu den beiden anderen Frauen. »Es war für uns alle eine schwere W o c he. Kom m e n Sie doch auf einen Drink zu m i r nach Hause.«
»Vielen Dank«, antwortete Carla hinund hergerissen, »aber… gibt es in der Nähe Ihres Hauses eine Bushaltestelle? Es war zie m lich schwer, eine Verbindung hierher zu finden, und…«
»Sie sind mit dem Bus hier?« fragte Tom entgeistert, alles Selbst m itleid ver g essend, und auch die b eiden anderen schauten sie verblüfft an. Frances faßte s i ch als er s t e.
»Grundgütiger, dann m ü ssen Sie ja ein gehöriges Stück gelaufen sein. Selbstverständl i ch werden wir je m anden finden, der Sie nach Hause fährt. Miss Nakamura, Sie sind doch nicht…«
»Nein, ich habe einen Wagen«, erwiderte Nancy Reiko Nakamura.
»Aber ich wußte nic h t, daß die E i nladung a u ch für m i ch gilt, Miss Marion.«
Erst da fiel Carla etwas auf: A nders als bei de n A m erikanern aus der Fil m branche, die ihr bisher begegnet waren, wurden hier die Nachna m en benutzt.
»Natürlich sind Sie auch m it eingeladen«, sagte Frances Marion herzlich. »J etzt erinnere ich m i ch Sie sc hr eiben d o ch auch d i e Drehbuchgutachten für die Kröte, nicht wahr? Ich h ä tte Sie schon vorhin angesprochen, aber ich dac h te, Sie seien Genevieves Dienst m ädchen oder…« Ihre Stim m e verebbte, und sie blickte betreten zur Seite.
»Ja, ich habe schon ver m utet, daß Sie das dachten«, antwortete Nancy m it nur einem Hauch von
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