Unter dem Zwillingsstern
Drohung hin oder her, dann würden Genevieve u nd Dolores nicht m ehr die einzigen sein, deren N a m en in den Sch m u t z gezogen w urden.
Genevieve und Dolores. Trotz all der ge m einsa m en Szenen hatte sie Dolores nicht wirklich gekannt, aber doch irgendwie ge m ocht. Und Dolores hatte sich ihr gegenü b er im m er fair verhalten, nie Ressenti m ents gegenüber einer jüngeren Schauspielerin laut werden lassen, ihr sogar geholfen, die m örde r ische Tortur der er s t en Drehwochen zu überstehen.
Vielleicht w aren die Tabletten, m it denen sich Dolores so gut auskannte, der Grund für ihre W ahnsinnstat. Bevor sie Susanne spielte, hatte Carla versucht, m öglichst viel über Abhängigkeit von Drogen zu erfahren, denn Eleo n ore zeigte in ih r er Gege nw art n u r se h r s e lten irgendwelche Sy m pto m e . Es m ußte doch etwas K ünstliches gewesen sein, das die nervöse Dolores, die immer so in Genevieves Schatten gestanden hatte, zu einer Mörderin m achte.
Genevieve… Grausamer Tod, der nur um Liebe tötet. W a r u m hieß es eige n t lich unter den Schauspielern, daß Ma c beth Unglück bracht e ? In ihr e m Fall war es ein d eutig Othello. Oder lag es an Hollywood? W ä r e all das nicht passiert, wenn Gen e vieve und Dolores in Deutschland geblieben w ä re n ? Ga n z bestim m t würde sich zu m i ndest Paul Kohner nicht so verhalten wie diese beiden W i derlinge. Er hatte Genevieve respektiert u nd sie gern gehabt. Es war leicht, Genevieve zu m ögen, m it ihrer Erd m utternatur, die ver m e ngt m it der einer Rebellin war. Manch m al, an dem Tag zum Beispiel, als sie s echzehn Stunden in einem Sarg verbringen m ußte, hatte Carla Genevieve auch gehaßt, aber es war kein richtiger Haß gewesen, nur erschöpfter Groll, denn selbst in ihrem geräderten Zustand verstand sie, daß Genevieve ei n e Perfektio n i stin war, di e nach d em Besten s t rebte. Und nun war Genevieve t o t, für i m m er fort, ihr W erk würde nicht gezei g t werden, und die einzige greifbare E r innerung an sie, die Maske, war von Philipp ver m utlich längst in d en Müll beför d ert worden.
Es war schlim m er als Renate Beurens Tod, denn die alte Da m e starb nicht unerwartet, und m an konnte sagen, daß sie ihr L eben gelebt hatte. Aber Genevieve… Und i h r Best e s, ihre Fil m e, in die sie all ihre furiose Energie und ihren Perfektionsdrang gesteckt hatte, wurden von diesen puritanischen Idioten verbannt.
Das erinnerte sie an Roberts Pro b l e m e mit der Fil m prüfk a mmer, und jetzt fiel ihr auf, daß Arnie irgend etwas von »ganz anderen Sorgen« erwähnt hatte, die m an in D e utschland habe. W as meinte er da m it? Sie be m erkte, daß sie das Ende des viel zu sch m alen Gehsteigs erreicht hatte, und schaute sich u m . A u f der an d eren Straßenseite war überhaupt kein Gehsteig mehr in Sicht; die streng geo m etrisch angelegten Straßen grenzten d i rekt an d i e H äuser, d i e si ch m ehr oder weniger alle ähnelten.
»Entschuldigen Sie, Sir«, fragte sie einen vorbeieilenden Mann, der zu dem Au t o ging, das er vor dem G e bäude geparkt hatte, »ist der«, einen Mo m ent lang entzog sich ihr das W ort, dann erin n erte sie s ich wieder, beach, »Strand weit von hier?«
Der Mann s t arrte sie e n tgei s t ert an. Der Strand, so erfuhr sie, war m ehr als weit entfer n t sie befand sich hier in der Innenstadt. Anscheinend w ar die Sache m it den riesigen Entfernungen kein Bluff gewesen. Und sie hatte so gehofft, zum ersten Mal in ihrem Leben Pal m en zu sehen und den pazifischen Ozean.
Mittlerweile m eldeten sich erste Hungergefühle bei ihr. S i e lief zu ihrem Hotel zurück und befürchte t e einen Augenblick lang, es nicht m ehr zu finden, bis sie die Neonlettern, die am Tag glanzlos und versch m iert aussahen, erkannte. Dort erkl ä r te i h r der P o rtier, daß sie kein Restaurant führten, schickte sie jedoch zu »Joe’s, um die Ecke«.
»Joe’s« entpuppte sich als eine Kreuzung aus Bar und Café; es war der erste Aspekt an Los Angeles, d e r ihr g efiel. In ein e r E c ke stand etwas, das s i e zunächst für eine k leine Litfaßsäule hielt, bis sie es sich näher ansah. Es reichte ihr e t wa bis zur Brust; der oberste Teil war nicht rosa wie der Rest, s ondern durchsichtig und ließ einen Schall p latt e nspieler und eine Menge Platten erkennen.
»Noch nie eine Jukebox gesehen, M i ss ? « erkundigte sich die Frau hinter der T heke a m üsiert. Carla schüttelte fasziniert den Kopf.
» W
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