Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Unter dem Zwillingsstern

Titel: Unter dem Zwillingsstern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Kinkel
Vom Netzwerk:
wieder beschäftigen könne, seit er den Auftrag für Irrungen, Wirrungen erhalten hatte.
    »Er könnte auch im Ausland arbeiten, anders als so viele. Ich weiß genau, daß diese Schweizer Theaterl e iter ihm ein Engage m e nt angeboten haben. Sie sollten endlich auf h ören, Robert durch eine rosarote Brille zu sehen, Martin.«
    » W ie geht es Carla?« fragte Dr. Gold m ann, ehe er sich zurückhalten konnte. Käthe erka n nte sofort, w orauf er hinauswollte.
    »Ich sehe Carla durch keine rosar o te Brille«, entgegnete sie gekränkt. »Ich weiß genau, daß sie Fehler hat, und ich bin im m er noch nicht sehr glücklich über ihre Ber u fswahl. Aber Carla würde sich nie auf du und du m it so einem Pack begeben, wie es derzeit unser ar m es Land regiert.«
    Ein erneuter W i ndstoß zerrte noch ein m al an D r . Gold m anns Hut, den er jedoch dies m al rechtzeitig fe s t halten kon n te. Fröstelnd schlug er den Mantelkragen hoch und war dankbar für den Aufschub, den ihm diese Gesten ge w ährten. So konnte er herunterschlucken, was ihm eigentlich auf der Z unge lag. Gewisse Dinge unterlagen der ärztlichen Schweigepflicht; dennoch hätte er Käthe einiges über ihre Schülerin erzählen können, was sie noch nicht wußte. Der I m pu l s verschwand so schnell, wie er ge k o m m en war. W arum Käthe m it Dingen belasten, die in der Ver g angenheit lagen und an denen sie doch nichts ändern konnte?
    »Es wundert m ich, daß Sie sich ausgerechnet auf Robert versteifen, Kathi«, sagte er statt dessen ruhig. »Es gibt Schauspieler, die m i r in ihrem Opportunis m us sehr viel ta d elnswerter e rschei n en. Heinrich George zum Beispiel ich dachte im m er, er gehöre Ihrer Partei an.«
    »Er war nie Mitglied d e r Part e i !«
    Der Protest klang sogar in ihren eigenen Ohren schwach. Bei m ehr als e in e r U n terh a ltung h atte sie Carla gefragt, warum das Mädchen nicht m ehr in z e itgen ös sischen, politi s ch en g a g ie r ten St ü c k en und Fil m en spielte, wie eben Heinrich George. Berlin Alexanderplatz, das war die Art von Literaturverfil m ung, d i e sie billigte, und m it Piscator zu arbeiten war doch gewiß der Darstellung von V a m piren vorzuziehen. George war neben W erner Krauß und E m il Jannings der berüh m teste deutsche Schauspieler, daher hörte sie selbst in der Schweiz, daß er in einem der ers t en unter dem neuen Regime gedrehten Propagandafil m e m i tgespielt h a tte, als kommunistisc h er Vater des Hitlerjungen Quex. Es stim m t e, Georges Frontenwechsel war um einiges extre m er ausgefallen als d a s, was Robert pra k tizierte. Aber Heinrich George war für sie ein F r emder, nicht ein ehe m aliger Schüler wie Ro b ert. Die E hr lichk e it z w ang sie, sich einzugestehen, daß ihr Groll auf Robert sich möglicher w eise n icht n u r aus la u teren Quellen speiste. Als Martin ihr von Anni Fehr erzählte, hatte es sie gewu r m t, daß Robert selbst als Kind m ehr von Carla und Carlas Fa m i lie begriffen hatte als sie. Und jetzt war Robert einer der Gründe, warum Martin Gold m ann nicht ei ns ehen wollte, daß es be s ser war, Deutschland zu verlassen. Martin h a tte zwar nichts dergleichen gesagt, aber sie wußte genau, wäre s e in Ziehsohn jet z t in d e r Schweiz oder in Frankreich oder in A m erika, dann würde sein Vertrauen in die Anständigkeit der Menschen in schweren Zeiten wahrscheinlich nicht reichen, um ihn in München zu halten.
    Während ihre Anwesenheit in Paris wohl nicht genügte. Das war ein kleinlicher, eifersüchtiger Gedanke, dessen sie sich schä m t e. Unwillkürlich errötete sie. Dr. Gold m ann, der i hre Reaktion für Betroffenheit angesichts seines Argu m e nts hielt, lächelte und m einte:
    »Aber lassen Sie uns doch nicht län g er streiten, Kathi. Ich habe Sie so lang nicht m ehr ges e hen, und wir sind in der schönsten Stadt Europas, auch wenn sie z u r Zeit etwas überfüllt ist. Gehen wir doch in ein Bistro und essen et w as, ich lade Sie ein.«
    Erst jet z t f i e l i h r au f , d a ß er sie schon zum zw e iten Mal m i t dem Kosena m en angesprochen hatte, den sonst nur Carla gebrauchte, und ihre Röte vertiefte sich. Außerdem war der Gedanke an eine ordentliche Mahlzeit, serviert in einer angeneh m en Umgebung, zu verlockend, um abzulehnen; wenn sie erst wieder über eine gesicherte Existenz verfügte, würde sie s i ch bei Martin revanchieren.
    »Einverstanden«, sagte sie und zerbrach sich den Kopf auf der Suche nach Gespräch s the m en, die auf

Weitere Kostenlose Bücher