Unter dem Zwillingsstern
Trotzdem brauchte er ei n e Weile, bis er wieder in der Lage war, m it seinem geplanten Programm weiterzu m achen, so daß es Philipp war, der als nächst e r sprach.
» W elchem U m stand verdanke ich dann dies m al das zweifelhafte Vergnügen Ihres Besuches ? «
Schon besser. Eigentlich ließ sich sein ursprünglicher Plan, sich an Philipp abzureagieren, m it d e m Plädoyer für Elfi das Lämmchen durchaus vereinbaren.
»Sie gehen zu wenig ins Theater, P hil. I ch b e r e iche r e I h r k ultu r elles Dasein und rette Sie nebenbei noch davor, einen weiteren Menschen ins Jenseits zu be f ördern. Nun spielt d a s vielleic h t keine Rolle m ehr bei Ihrem Kontostand, aber immerhin handelt es sich u m Ihre Frau, also d achte ich, Sie sind vielleicht interessiert.«
Befriedigenderweise löste das bei Philipp eine Reaktion aus. Es war an der Zeit, die Geschwindigk e it zu drosseln und sich auf den Verkehr zu konzentrier e n, also konnte Robert ihn nicht ständig im Rückspiegel beobachten, aber er h ö rte, daß sich der Mann m it einem Ruck nach vorne lehnte.
» W ie m einen Sie das ? «
»Ich bin überrascht, daß ich Ihnen das erklären m uß. Ich dachte eigentlich, e in solch e r St r atege wie Sie tut d as ab s ichtlich. Sc h lie ß li c h ist es ja ni c hts Neues, ode r ? N ach alle m , was ich gehört habe, hat Ihre erste Fr au die Behandlung geg e n den Krebs so lange herausgezögert, wie sie nur konnte, als wollte sie sich gar nicht m ehr helfen lassen. Als o , Ihre zweite Frau hat k einen Kreb s , aber sie ha t diesen Blick. Sie hat die Hoffnung auf Leben ebenfalls aufgegeben. Es sterben nicht mehr viele F rauen bei der Geburt, das ist richtig, aber wenn je m and unbedingt sterben will…«
»Das ist lächerlich. Das Leben ist n i cht wie I h re Melo d r a m en. Bei Elfi handelt es sich um eine g e sunde, wohlhabende junge Frau, die ein Kind erwartet. Im übrigen wüß t e ich nic h t, was Sie m eine Ehe angeht. Meine Ehen.«
»Ich auch n i cht, aber ich neh m e an, es handelt sich um eine Art göttliche Gerechtigkeit. Früher h a be ich Carla imm e r meine Freundinnen aufgehalst, und dafür habe ich jetzt ihren Exliebhaber im Genick.«
Beinahe übersah er ein Auto von rechts, das Vorfahrt hatte, und bre m ste hart.
»Das genügt«, sagte Philipp. »Sie würden wohl nicht auf m i ch hören, wenn ich Sie auffordere a u szusteigen. Also rutschen Sie auf den Beifahrersitz, und ich fahre.«
»Sie können fahren? W o zu dann d e r Chauffeur? Wo es doch in unserem herrlichen neuen Reich keine Arbeitslosen…«
Philipp stieg aus, knallte die eine Tür hinter sich zu und riß die andere auf. A uch gut, dachte Robert und kletterte auf die andere Seite des Fahrzeugs. Es lohnte sich nicht, diesen Punkt länger auszuspielen, obwohl er bedauerte, wahrsch e i n lich nie wieder eine Chance m it einem so g r oßen Mercedes zu haben. Zeit für die nächste Stufe in der Rettung des Lamms vor dem Hai.
»Ihre Frau«, sagte er und wec h selte von Sarkasmus zu beschwörender Aufrichtigkeit, »zerbricht vor Ihren Augen. W enn Sie wirklich je m anden wollen, der per m anent ei n e Rolle s p ielt, h ätten S ie eine Schauspielerin heiraten sol l en, ganz gleich, welche. Auch die m ittel m äßigen und schlechten haben Übung darin. Ihre Frau hat keine, und sie ist weder begabt genug, um es zu lernen, noch klug genug, um es gar nicht erst zu ver s uchen. Also hören Sie auf d a m it. Carla hat gesagt, Sie fühlten sich schuldig, als Marianne starb, und so schwer m i r das auch fällt, ich g laube, Sie sind dazu i m stande. An Krebs läßt sich nichts ändern, aber Sie können entscheiden, ob Sie sich schuldig wegen Elfi fühlen wollen, denn sonst wird sie auf die eine oder andere Art versuchen, Ihnen zu entkom m en. Sie scheint m i r nicht mutig genug für ein Ver l assen des E he m anns oder eine Affäre, und das läßt nicht m ehr v i ele Möglichkeiten offen, nicht wahr ? «
Däm m erung hatte s ich ü ber die Sta d t gesenkt, u n d Philipp s c halt e te das Licht der Scheinwerfer an. Die Hand blieb dabei ruhig, aber in seinem Gesicht zuckte es. Es fiel schwer, je m anden, der sich so gut unter Kontrolle hatte, im Profil zu deuten; immerhin war erkennbar, daß ihn et w as bewegte, ob nun Zorn, Ablehnung oder etwas anderes, blieb offen. Er schwieg, und auch Robert sagte nichts m ehr. Genug war genug, und er hatte für das L a mm getan, was er konnte. Mit einem Schaudern dachte er daran, d a ß ihm heute n acht, n ach d
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