Unter dem Zwillingsstern
jeder m ann annahm und wie es Heinrich Fehr zu diesem Zeitpunkt auch behaupte t e; überdies erwartete die neue Frau Fehr, von der nie m and wußte, woher sie eigentlich stam m t e nicht aus Italien, soviel war sicher -, ein Kind, das unzie m licherweise bereits vier Monate nach dem Tod Gerda Fehrs zur W elt kam.
Da es wieder ein Mädchen war, bedeutete die G eburt das Ende des ro m antischen Teils der Beziehung zwischen Heinrich Fehr und seiner Sängerin. Selbstverständlich wurde sie nirgendwo e m pfangen, doch diejenigen Herren, die Hei n rich Fehrs Einladungen hin und wieder aus rein geschäftlichen Gründen, wie sie ihren Gattinnen versicherten, annah m en, er zählten von einer schönen Frau, aber auch im m er häu f igeren ö ff entlichen Streitereien. Die Ausländerin wurde noch ein m al schwanger, erlitt eine Fehlgeburt, und drei Jahre nach ihrer Heirat wettete m a n in München darauf, wann Heinrich Fehr seine zweite Scheidung einreichen und wie lange es dies m al wohl dauern würde. Statt dessen stürz t e sie die Treppe hinunter und brach sich das Genick. W as ihren Tod so b i zarr m achte, war Heinrich Fehrs Reaktion d a rau f . Nun erklä r te er n ä m lich, er sei nie rechts g ültig m it der Sängerin verheiratet gewesen; ihr ge m einsa m es Kind s ei so m it unehelich.
Während dieser g anzen Zeit h atte er sei n e ä lt e re Tocht e r, d e r er i h re Parteinah m e für die Mutter übelnah m , kaum gesehen. Nach Gerdas Tod w a r sie zu den Bach m aiers gezogen. Jetzt forderte er sie plötzlich wieder auf, ins Haus ihres Vaters z u r ü ckzukehren, was sie so lange tat, bis er zu i h rem Entsetzen eine billige Kopie seines er s ten öffentlichen Fehltritts heirate t e: ein Mädchen, das jünger war als Marianne und das er in einer unsäglichen Revue gefunden hatte.
»Ich habe gewußt, daß sie w i eder zurückkom m t«, kommentierte Carla, als sie m it Robert in ihr e m Versteck auf dem Dachboden sa ß . Es war Februar und da m it eigentlich zu kalt für diesen Ort, aber sie wollte s i ch Marian n es Begrüßung ersparen, s o lange s i e n u r konnte.
Sie teilten sich die rationierte S c hokolade, die Anni ihnen zugesteckt hatte; Carla be m ühte sich, das S t ück m öglichst langsam im Mund zergehen zu lassen, während Robert seinen Teil so hastig aß, wie er all e s ande r e tat.
»Magst du sie nicht ? «
Es war so schwer zu erklären. » S ie be m üht sich so schrecklich, mich zu m ö gen«, erwiderte Carla en d lich. Sie dachte an Mariannes trockene, dünne Hände, die ständig beschäftigt waren, m it Stricken, m it Sticken, d a m it, Carlas Hände zum Gebet z u falten. Mariannes Stim m e, w e nn sie ihr Kindergebete bei b rachte, klang selten friedlich. Carla vers u chte, es ins Ko m ische zu wenden. »Sie nim m t m i ch i mm er zur Ki r che m it, weil sie Angst hat, daß ich als Hei d in a u fw achse«, fügte sie hinzu, zog eine Gri m a sse und legte die Hand ans Herz.
»Dabei bin ich ein tre u er Mo s le m , der sogar die Pilgerreise nach Mekka gemacht hat.«
Sie lachten beide, und da m it war sie d e m Problem entkommen, ihre Gefühle für Marian n e e ntwirren zu m üssen. Es stim m te, Marian n e be m ühte sich stän d i g, n ett zu i h r zu sein, aber m an m erkte eben, daß sie sich be m ühte und was sie dabei dachte. Ein m al hatte sie es auch laut aus g es p rochen und ge m u r m elt: »Es ist nic h t deine Sc h uld.« Es wäre einfacher für sie gewesen, sich über das Verhältnis zu ihrer Halbschwester klarzuwerden, wenn Marianne sie offen angegriffen hätte.
Andererseits gab es durchaus Mo m e nte, wo sie etwas für Marianne e m pfand, etwas außer der Eifersuch t , die ständig in der Luft lag, wenn Marianne hier war. Die Entdeckung, daß auch Marianne verzweifelt versuchte, die Auf m erksamkeit ihres Vaters zu errin g en, hatte sie schon sehr bald ge m acht. Aber daß Marianne unter der nervösen Bettelei nach Liebe auch ei n en tiefen Groll auf ihn verbarg, war ihr erst im Laufe des letzten Jahres klarge w orden, und das schuf eine Ge m einsa m keit zwischen ih n en, die sich in W orten nicht au s drücken ließ.
Am Abend nach Mariannes Ankun f t fand ein kleines Abendessen statt, zu dem neben Roberts Vat e r, Herrn K ö nig, auch sein inzwischen aus dem Krieg zurückgek e hrter Freund, Dr. Gold m a nn, eingeladen war. Anni hatte Fräulein Brod hinzugebeten, weil sie sich etwas vor Marianne fürchtete. Aber im Laufe des Abends entspannte sie sich sichtlich. W
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