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Unter Den Augen Tzulans

Unter Den Augen Tzulans

Titel: Unter Den Augen Tzulans Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
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Armen, wo es keiner sieht.« Er sah strafend in die Runde der zu Salzsäulen erstarrten Köche. »Was guckt ihr wie die Karpfen? Noch nie einen Hofnarren gesehen? Los, brutzelt weiter, ihr Meister der Speisen.«
    Als hätten sie einen Schlag mit der Reitpeitsche erhalten, zuckten alle zusammen und widmeten sich mit hektischen Bewegungen dem Essen.
    Fiorell grinste und ließ die Schellen klingen. Mit der ihm eigenen Selbstverständlichkeit nahm er sich sechs rohe Eier aus der Schüssel und jonglierte mit den zerbrechlichen Gegenständen, als gäbe es nichts Einfacheres.
    »Wolltest du mich sprechen oder aus reiner Bosheit in meinen heiligen Hallen heimsuchen?«, verlangte Perdór zu wissen.
    »Ich und Bosheit?« Der Hofnarr spielte den erstaunten Beleidigten. »Das wäre wie …«
    »Stinktier und Gestank«, ergänzte der Herrscher den Vergleich, die Augenbrauen wippten auf und ab. »Untrennbar miteinander verbunden, und die meisten nehmen davor Reißaus.« Suchend schweiften die Pupillen durch die Küche, um etwas zu entdecken, was seinen Probierabsichten entgangen sein könnte.
    Unbemerkt schob Fiorell mit dem Fuß einen hölzernen Kochlöffel auf eine Herdplatte. Keines der fliegenden Eier fiel derweil zu Boden. »Ich nehme Euch den Vergleich wirklich übel, Majestät. Dennoch möchte ich die frohe Kunde nicht länger verschweigen.«
    »Ach? Nur heraus damit.«
    Fiorell schnappte sich eine Schüssel und ließ ein Ei nach dem anderen hineinfallen. »Mach mir daraus ein Omelette«, wies er einen Gehilfen an. »Aber entferne vorher die Schalen.« Dann beugte er sich zu seinem Herrn hinab und senkte geheimnistuerisch die Stimme. »Wir wissen, wo er ist.«
    »Ich bin außer mir vor Freude. Würdest du mir vielleicht auch noch liebenswürdiger Weise sagen, von wem wir wissen, wo er ist?«, fragte der König. »Ich könnte dann von einfacher Freude zu grenzenloser Verzückung übergehen.«
    »Er, Majestät«, sagte der Hofnarr mit Nachdruck, das Gesicht zu einer Verschwörermiene verzogen. »Er. Ihr wisst schon …«
    »Lieber Fiorell, ich bin König, nicht Hellseher, schon vergessen? Hat dein Narrenhirn diesen Unterschied etwa verdrängt?« Perdór lächelte ihn an, als ob er mit einem Geistesschwachen reden würde.
    »Er, der Vertraute des Kabcar«, murmelte der Mann im Rautenkostüm durch die Zähne.
    Perdór packte den Mann am Ohr und zerrte ihn in eine Ecke. »Und diese brisante Neuigkeit erzählst du mir einfach so, mitten in der Küche, vor den ganzen Fremden?«
    Mit der Schlüpfrigkeit eines Aals wand sich der Hofnarr aus dem Griff, machte einen Flickflack und brachte sich aus der Reichweite der kneifenden Finger.
    Es war ein mittleres Wunder, dass er dabei auf dem engen Raum weder mit einem Koch noch mit dem Herd noch mit einer Anrichte kollidierte. Einmal mehr musste der Herrscher anerkennend den Mund verziehen. Einer der Gesellen applaudierte begeistert, bevor ihn die flache Hand des Meisters am Hinterkopf traf.
    »Was denkt Ihr, weshalb ich flüsterte?«, beschwerte sich Fiorell und hielt sich das Ohr. Er langte nach einem Stück rohen Fleischs, um sich den Lappen auf die misshandelte Stelle zu legen. »Das kühlt wunderbar.«
    »Das Filet ist mehr wert als dein schäbiges Ohr«, kommentierte der König mit ausgestrecktem Finger. »Leg es sofort wieder hin. Und bevor es jemand isst, soll es scharf angebraten werden.« Dann lachte er. »Wunderbar! Dann wird es also Zeit, Meister Hetrál, der ganze Arbeit geleistet hat, den Spezialisten zu schicken. Wird es machbar sein?«
    Mit Spannung beobachtete der Spaßmacher, wie sich die königliche Hand langsam und ahnungslos dem Kochlöffel näherte, den er vorhin auf die Herdplatte gelegt hatte. Das Holz müsste inzwischen schon richtig heiß geworden sein. »Ich denke, wenn unser Mann sich die Sache vor Ort angesehen hat, wird er am besten wissen, wie man die Unternehmung anzugehen hat.«
    Der Warnruf des Küchenmeisters erfolgte zu spät. Perdórs Handfläche wurde Opfer von Fiorells Streich, mit einem Schmerzensschrei ließ der König das Kochutensil fallen und versenkte die Hand in einer Schüssel mit kaltem Wasser. Sofort wurde Eis herbeigebracht, um die verbrannte Stelle zu kühlen.
    Der Hofnarr prustete los und schlug sich auf die Schenkel. »Ich dachte, ich muss meinem Ruf als boshafter Mensch gerecht werden«, verteidigte er sich.
    »Stinktier! Dir zeig ich’s«, zischte der Herrscher, packte den rot glühenden Schürhaken und lief auf den Spaßmacher zu.

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