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Unter den Linden Nummer Eins

Unter den Linden Nummer Eins

Titel: Unter den Linden Nummer Eins Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jürgen Ebertowski
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fehlt jetzt häufiger Silber. Halt mal die Augen auf.«
    »Hier unten?«
    »Na dann eben die Ohren. Die Gäste klauen wie gehabt. Lilo hat neulich die Gattin von Doktor Palle dabei beobachtet, wie sie eine Kuchenzange eingesteckt hat. L. A. hat daraufhin den Ober angewiesen, die Zange einfach auf die Rechnung zu setzen. Die gnädige Frau ist sehr fahl geworden und hat anstandslos bezahlt. – Es ist aber deutlich mehr Silberschwund da als sonst.«
    »Spülküche?«
    »Spülküche oder Kellner.«
    »Ich erinnere mich an einen Kellner, der beim Abräumen Besteck hinter den Vorhängen auf den Serviergängen versteckt hat.«
    »Das hat Lilo auch gesagt, und wir haben die in Frage kommenden Orte überprüft. Dort verschwindet das Silber nicht. Ich glaube, es passiert bei der Geschirrannahme oder später.«
    Obier nahm Karls Sherryglas vom Tisch. »Ich sag dir Bescheid, wenn ich was rauskriege.«
    Karl nickte, verließ Obiers Reich und besprach sich mit Lilo.
    Der Müll vom Adlon wurde in der Wilhelmstraße auf dem Wirtschaftshof gelagert. Für die Küchenabfälle gab es große Zinktonnen mit Schraubdeckel. Die Tonnen holte täglich ein Schweinezüchter aus Hohenschönhausen ab.
    Lilo schlüpfte in eine Kittelschürze, borgte sich den Mantel von einer Putzfrau aus und knotete sich ein Kopftuch um. Das Tuch zog sie weit ins Gesicht, unauffällig für den zufälligen Betrachter, denn es schneite zur Abwechslung wieder pappige Flocken. Dann bewaffnete sie sich mit einem Strauchbesen und bezog Stellung in der Nähe der Mülltonnen, hin und wieder den Besen betätigend.
    Karl stieg auf einen Lkw-Anhänger hinter leere Weinfässer. Von der Adlon -Küche führte ein Gang auf den Wirtschaftshof.
    Aus seinem erhöhten Versteck konnte er den Küchengang einblicken, denn Lilo hatte die Hoftür geöffnet und eingehakt. Am Ende des kurzen Ganges war eine Schwingtür aus Aluminium mit Bullaugen in Kopfhöhe. Dahinter standen die Küchentonnen für die Essenreste.
    Lilo wartete, bis Karl ihr signalisierte, daß niemand durch die Schwingtür kam, dann drehte sie den Deckel von der ersten Tonne auf. Mit einem Handfegerstiel stocherte sie im Unrat. Nichts außer Spaghettiresten. Lilo nahm sich die zweite Tonne vor. Sie wurde fast augenblicklich fündig. Der Handfeger stieß auf etwas Hartes. Lilo förderte einen Tortenheber zutage.
    Die Schwingtür hatte sich bewegt. Karl hob warnend die Hand und machte sich hinter den Weinfässern klein.
    Lilo legte den Deckel auf die Tonne und ließ den Tortenheber in der Manteltasche verschwinden. Sie griff nach dem Besen und begann, mit dem Rücken zum Flureingang, vor dem Lkw-Anhänger zu kehren.
    Der Küchenflur wurde von einer nackten Glühbirne beleuchtet. Ein Tellerwäscher, erkenntlich an der langen Gummischürze, die auch noch einen Teil der Brust bedeckte, rollte eine Tonne in den Flur. Es war der Kellner, den Hedda Adlon zwangsweise in die Spülküche versetzt hatte.
    Als die Schwingtür nicht mehr pendelte, schaute der Mann durch das Bullauge in die Küche und hob die Schürze. Er legte zwei Messer auf die Abfälle, griff mit der Hand in die Tonne und bedeckte die Messer mit Kartoffelschalen. Er schraubte den Deckel auf die Tonne, fuhr mit der Hand über den Latz seiner Schürze. Danach strich er eine dunkelbraune, schmierige Paste auf den Tonnendeckel. Dann rollte er die Tonne auf den Hof. Dort bemerkte er die fegende Frau und stutzte. Sein Blick fiel auf Lilos Schuhe. Er reagierte auf der Stelle und rannte, bevor weder Karl noch Lilo eingreifen konnten, am verdutzten Pförtner vorbei auf die Wilhelmstraße.
    Als Karl über die Weinfässer gestiegen und endlich vom Hänger gesprungen war, hatte der Mann das Hofgelände längst verlassen.
    »Mist!« sagte Lilo. »Einfach geflitzt!«
    »Soll er sausen!« Karl schaute auf Lilos Lackschuhe. »Daran hätten wir denken sollen. – Aber daß er gleich Fersengeld gibt, damit habe ich natürlich auch nicht gerechnet. Rasche Auffassungsgabe, der Bursche!«
    »Hinterher ist man immer klüger. – Immerhin wissen wir jetzt, wer es war«, sagte Lilo. »Und nun möchte ich bitte ganz schnell wieder rein. Die Schuhe sind völlig ungeeignet zum Diebefangen und zum Fegen. Ich habe Eisfüße.«
    »Einen Moment noch!« Karl zog die Messer aus der Tonne.
    Lilo steckte sie zum Tortenheber.
    »Das war eine gute Arbeit! – Wie kamen Sie eigentlich auf die Mülltonnen?« Louis Adlon sah Karl und Lilo fragend an.
    »Herr Meunier und ich machen, seit sich die

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