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Unter den Linden Nummer Eins

Unter den Linden Nummer Eins

Titel: Unter den Linden Nummer Eins Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jürgen Ebertowski
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Motorboot legte ab, hielt sich dicht am Ufer.
    »Mensch, Karl, die steuern uff uns zu!«
    Benno und Karl duckten sich unwillkürlich.
    »Nee, doch nich«, sagte Benno.
    Das Boot nahm seewärts Kurs auf Schwanenwerder. Der Ausflugsdampfer schien vor der Insel Anker geworfen zu haben. Vom Oberdeck stiegen ebenfalls Feuerwerksraketen auf. Die Positionslampen des Motorboots erloschen.
    »Wat is’n nu los?«
    Der Bootsmotor tuckerte im Leerlauf.
    »Sei mal leise!«
    Ein heller Doppelknall ertönte, dann platschte etwas Schweres ins Wasser.
    »Det warn eben garantiert keene Fehlzündungen, Karl!« flüsterte Benno. »Ick gloobe, wir machen uns besser janz schnell uff de Socken!«
    »Warte!«
    Das Boot beschrieb einen Kreis und entfernte sich mit hochgedrehtem Motor. Die Bugwelle erreichte die Anglerhütte und ließ sie spürbar schaukeln.
    Als das Boot bei der Villa anlegte, trat die Frau auf den Steg. Kassner warf ihr eine Leine zu und kletterte mit dem »Chauffeur« aus dem Boot.
    Karl und Benno warteten, bis sie den Steg verlassen hatten, und liefen zum Wagen.
    »Det is mir zu hoch«, sagte Benno. »Een Geheimer knallt ’nen SA-Führer ab!«
    »Mir auch«, sagte Karl. »Aber es waren ganz deutlich zwei Schüsse. – Kassner zumindest hatte einen sehr triftigen Grund, Dinkel zu beseitigen, denk an das Geschäft mit dem Malteser!«
    Kronprinzessinnenstraße/Ecke Am Sandwerder bog Karl nach rechts ab.
    »Wo willst’n hin? Avus is doch jesperrt!«
    Karl fuhr bis zum S-Bahn-Eingang Wannsee, wendete und hielt hinter einem Taxi. »Kassner hat ab halb sieben Rezeptionsdienst. Er wird nicht ewig in der Villa bleiben.«
    »Du hast ’n Rad ab, Karl!«
    »Gut möglich, aber ich will wissen, mit wem er da paktiert. Vielleicht kutschieren sie ihn ja wieder in die Stadt.«
    »Mensch, Karl, laß den Quatsch! Sowat kann brenzlich werden!«
    »Ich paß schon auf.«
    Sie mußten keine zehn Minuten warten, bis der Mercedes erschien. Er preschte Richtung Innenstadt davon. Karl folgte in gebührendem Abstand. Auf der Havelchaussee verlor er die Rücklichter aus den Augen.
    »Die kacheln volle Pulle, da kommt die Mühle hier nich mit!« Hörbar erleichtert, daß der Opel dem Mercedes nicht gewachsen war, sagte Benno: »Det war’s denn wohl für heute!«
    Karl preßte die Lippen zusammen und konzentrierte sich auf die Straße.
    In der Königsallee sah er den Mercedes wieder. Er überholte gerade einen Nachtomnibus. Obwohl immer zwei oder drei Fahrzeuge zwischen ihm und dem Mercedes waren, schaffte es Karl zu folgen: Kurfürstendamm, Budapester-, Tiergarten-, Bellevuestraße.
    »Im Adlon liefern se Kassner nich ab, sons wärn se jetz links jefahrn!«
    Potsdamer Platz, Saarlandstraße. Der Mercedes bog in die Prinz-Albrecht-Straße ab, Karl fuhr im Schrittempo weiter. Der Mercedes bremste vor dem Prinz-Albrecht-Palais.
    »Meene Fresse!« flüsterte Benno. Karl gab Gas.
    Er fuhr Benno zum Oriental . Die Venduras waren mit ihrer Show schon fertig und gegangen. Vera ließ Karl durch Berta ausrichten, daß sie bei Birgit schlafen würde, denn Karl hatte Frühdienst. Karl brachte den Opel zum Adlon und machte sich auf den Heimweg.
    Als Karl am nächsten Morgen zur S-Bahn ging, wurde an Vater Binders Kiosk heftig diskutiert.
    »Geschieht der Bande recht!«
    »Der Führer hat ausgemistet!«
    »Sie hatten im ganzen Reich eine Revolte geplant!«
    »Der Führer hat ihn persönlich verhaftet. Er hatte zwei Buhlknaben bei sich im Bett!«
    Ein SA-Mann griff nach dem Stürmer . »Wir einfachen SA-Leute haben unsere Knochen hingehalten, und die da oben haben in Luxus geschwelgt!« empörte er sich.
    »Quatsch! Ihr Rabauken habt genug Unheil angerichtet, jetzt hat endlich der Führer eingegriffen!«
    Die Braunhemden erfreuten sich unter der Berliner Bevölkerung keiner besonderen Beliebtheit.
    »Wurde auch Zeit«, rief einer der Umstehenden, »euch mal in die Schranken zu verweisen!«
    Der SA-Mann merkte, daß die Stimmung aggressiver wurde. Er bezahlte die Zeitung und trollte sich.
    Karl drängelte sich zu Vater Binder durch. »Was gibt es denn wieder Weltbewegendes?«
    »Die Röhm-Clique wurde abgesetzt! Lutze ist neuer SA-Stabschef!«
    »Was? – Zeig mal her!«
    » Angriff oder den Stürmer ?«
    »Erklär mir mal da bitte den Unterschied!«
    Vater Binder schnitt eine verächtliche Grimasse. Karl bekam den Angriff . Hastig griff er nach der Zeitung.
    Vater Binder beobachtete Karl, während er las. »Ist was?«
    »Nicht, daß es die Falschen getroffen

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