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Unter den Linden Nummer Eins

Unter den Linden Nummer Eins

Titel: Unter den Linden Nummer Eins Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jürgen Ebertowski
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kalte Füße, weil er ja Ausländer is und viel Jazz spielen läßt. Aber so ’n Obermacker vom Propagandaministerium, der damals mit Goebbels bei uns war, hat nur jemeent, er soll sich mal keenen Kopp deswejen machen. Solange keene Juden ufftreten, jinge die Sache schon in Ordnung.«
    Karl lachte hämisch. »Und du willst mir weismachen, das Adlon wäre ein zweiter Kaiserhof !«

15.
    E INE M ONDSCHEINPARTIE AUF DEM W ANNSEE
    Ein französischer Gast hatte sich einen neuen Opel in Berlin gekauft. Monsieur Tourrot war zu einem Tennisturnier angereist. Im Finale verstauchte er sich den Fuß. Er bat Karl, den Wagen ein paar Tage einzufahren. Karl hatte schon ausgefalleneren Wünschen entsprochen: » Mister Charles, how about joining us for a Schnapsparty at sunrise an the Pfaueninsel? We want to commemorate Kunkel’s birthday. You know, the chap who wanted to make gold. – Please, wear formal dress! «
    Der Juni des Jahres 1934 war ein sonniger Monat, die Abende waren mild, und der Opel hatte ein Faltverdeck.
    »Mensch, Karl, der steht dir!« Benno setzte sich auf den Beifahrersitz. »Jetz holn wa noch die Mädels ab und jeben mal richtich mit der Karre an!«
    Die Venduras probten im Übungskeller in der Bahnhofstraße. Karl wartete im Wagen. Benno ging den Frauen Bescheid sagen. Als sie aus dem Hauseingang kamen, rief Birgit: »Karl, du versprichst ja eine richtig gute Partie zu werden!«
    Doris ging um das Auto und machte Karl schöne Augen. »Wenn du deinen Schatz mal ablegen solltest, Vera, frag bei mir nach.«
    Benno riß die Türen auf und machte einen tiefen Diener. »Meine Damen!« Vera kicherte und setzte sich neben Karl.
    »Und für uns die billigen Hinterplätze, das ist ungerecht!« meuterte Doris und stieg ein. Birgit rutschte in die Mitte der Fondbank. »Quatsch mit Soße, wo ick ma hinhocke, is immer Ehrenplatz!« Benno quetschte sich neben Birgit und zog seine Tür zu.
    Vor dem Oriental waren alle Stellplätze belegt. Die Frauen und Benno stiegen aus, Karl kurvte zweimal um den Block und parkte dann doch am Kurfürstendamm.
    Benno paßte ihn an der Garderobe ab. »Weeßte, wer jerade vor dir injetrudelt is?«
    »Kassner?«
    »Kassner und die Rothaarige. Sie hocken in trauter Eintracht mit Stürmer -Pinkel anner Bar und bechern. Weiter hinten Richtung Lietzenburger steht das Auto von der Tunte. Der Chauffeur is nich mit rinjekommen, sitzt vermutlich im Auto.«
    »Was für eine Marke ist es?«
    »Dicker Mercedes, schwarz. Stürmer -Pinkel kam mit ’m Taxi.«
    Ich geh mal kurz raus und werf einen Blick auf den Fahrer.«
    Das Sommerwetter hatte die Straßen mit abendlichen Flaneuren belebt. Karl mischte sich unter eine Gruppe von sächselnden Berlinbesuchern, die von der Pension neben dem Oriental zum Bierhimmel in der Lietzenburger Straße schlenderten.
    Der Mercedes parkte in zweiter Spur ohne Licht. Der Fahrer war ausgestiegen und betrachtete die Schaufensterauslagen von einem Herrenausstatter auf der anderen Straßenseite. Karl machte auf der Stelle kehrt: Der Mann war der elegante Begleiter der Rothaarigen aus dem Adlon , der jetzt die NSDAP-Sicherheitsleute im Hotel kommandierte!
    Benno spielte mit Berta, der Garderobenfrau, zwischen den leeren Kleiderständern Offiziersskat. Selbst für einen leichten Sommermantel war der Abend zu warm.
    »Na?« Benno deckte ein Kreuzas auf.
    Berta legte eine Karte um. Es war ein Kreuzbube. »Denkste!«
    »Mist«, sagte Benno, »schon wieder verloren!«
    »Hast du mal einen Moment Zeit?« Karl winkte Benno zur Eingangstür.
    »Da forder ick aber jleich Revanche von dir, Berta!«
    »Nur zu!« Berta mischte die Spielkarten.
    Benno ging zum Eingang.
    Karl und Benno stellten sich vor das Oriental .
    »Kassner ist zusammen mit der Rothaarigen gekommen?«
    »Ja.«
    »Als sie hielten, hast du dir den Chauffeur angeschaut?«
    »Klaro!«
    »War er schon mal hier?«
    »Nee, daran würde ick mir erinnern.«
    »Er ist gar kein Chauffeur.«
    »Sondern?«
    »Bei euch geben sich nicht bloß SS und SA die Klinke in die Hand, sondern auch die Geheimen.«
    »Jestapo?«
    »Gestapo oder sonst einer von den neuen Diensten.«
    Benno pfiff leise durch die Zähne. »Und die Tunte is ooch von so ’nem Verein?«
    »Der angebliche Chauffeur der Rothaarigen ist ein Führungsoffizier oder so was, jedenfalls kein simpler Zivilbulle.«
    »Und wat hat Kassner mit denen am Hut?«
    »Keine Ahnung. Jedenfalls kennt er sie gut.«
    »Und Pinkel?«
    Karl zuckte mit den Achseln.
    Benno wies mit dem

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