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Unter den Linden Nummer Eins

Unter den Linden Nummer Eins

Titel: Unter den Linden Nummer Eins Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jürgen Ebertowski
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verbracht. Die Zeit mit Vera in Berlin beschränkte sich, bedingt durch ihren unterschiedlichen Arbeitsrhythmus, auf wenig mehr als drei, vier freie Tage pro Monat und gelegentliche kurze Treffen wie das heutige.
    Karl hatte Ruella gleich nach dem Gespräch mit Holtsen angerufen.
    »Das klingt in der Tat interessant, Herr Meunier. Ein schwedischer Bankier, sagen Sie? – Nun, darüber sollte man doch mindestens ein paar Takte meditieren. Ich werde es gleich mit den Damen besprechen. Holen Sie Vera später noch ab?«
    »Nein, richten Sie ihr bitte aus, daß ich so gegen Mitternacht im Kranzler bin.« Er sah sie schon auf der Mittelpromenade. Ihr gelber Seidenschal flatterte, als sie vor einem Bus über die Fahrbahn rannte.
    Sie kam lächelnd an seinen Tisch. »Na, Karlchen, Fräuleins beguckt?«
    »Nur diverse Kavaliere auf der Pirsch nach Fräuleins.«
    »Dann komme ich ja gerade rechtzeitig!« Sie gab ihm einen Kuß auf die Stirn.
    Karl umarmte sie. »Wie immer?«
    »Ja, bitte!«
    Er bestellte eine heiße Schokolade. »Nun, was meint ihr zu Holtsens Angebot?«
    »Ruella hat natürlich nichts dagegen, uns für eine satte Entschädigung einen Tag aus dem Programm zu streichen. Ich bin, wie du dir denken kannst, nicht sonderlich erpicht darauf, vor dieser Nazibagage aufzutreten. Die Parteibonzen im Oriental reichen aus, um meinen Bedarf an Hakenkreuzbonbons bis in alle Ewigkeit zu decken. Aber die Nummer klappt eben nur, wenn wir alle drei mitmachen. Birgit – typisch! – hat nur gefragt, was rausspringt. Der Dicke läßt sich wahrhaftig für die fünfzehn Minuten nicht lumpen. – Tja, und dann Doris! Doris ist selbstverständlich Feuer und Flamme, im Adlon auf der Bühne zu stehen, denn der Klumpfuß war gestern schon wieder da. Er hat uns nach der Vorführung in seine Nische gebeten und mit Komplimenten überschüttet. Besonders Doris. Das naive Huhn ist vor Seligkeit fast weggeschmolzen. ›Wirklich, Herr Minister? – Nein, wie charmant, Herr Minister! Danke schön, Herr Minister!‹ Und das am laufenden Band. Es war kaum auszuhalten, wie sie ihn angehimmelt hat. Und ihm hat es sichtlich gefallen. Als er ging, hat er ihr seine Visitenkarte verehrt, sie möge gelegentlich bei ihm vorsprechen, er hätte doch die allerbesten Kontakte zum Film!
    Karl rückte den Stuhl näher an das Holzkohlebecken. »Er trägt seinen Spitznamen nicht zu Unrecht. Bock von Babelsberg! – Reichspropaganda-Bock wäre weitaus angemessener.«
    »Was mich gewundert hat, er hat vor allen Leuten ganz ungeniert mit ihr herumgeturtelt.«
    »An die Riefenstahl hat er sich auch in aller Öffentlichkeit rangemacht, aber sie hat ihm einen Korb gegeben. Er soll sie angegrabscht und sich dafür postwendend eine Backpfeife eingehandelt haben.«
    »Das Grabschen wird er bei passender Gelegenheit nachholen. Aber einen Korb wird er von Doris bestimmt nicht bekommen, geschweige denn eine Maulschelle. Morgen hat er sie zu einem Schauspielerfest in den Tobis -Studios eingeladen, will sie in die Filmwelt einführen und angeblich sogar dem Jannings vorstellen.«
    »Einführen wird er schon«, murmelte Karl.
    Vera hatte nicht zugehört. Sie kaufte einem Zeitungsjungen die Nachtdepesche ab. Die Titelseitenüberschrift war feuerrot wie die vom Stürmer : DER FÜHRER EMPFING HEUTE DOKTOR HEDIN IN DER REICHSKANZLEI.
    Vera musterte das Foto mit den händeschüttelnden Männern und rümpfte die Nase. »Wohnt Hedin wieder im Kaiserhof ?«
    »Nein, Holtsens Bank finanziert die Deutschlandreise. Er logiert zum ersten Mal bei uns im Adlon . Nach dem Frühstück hat er in der Halle seine Bücher signiert. Morgen ist er bei Göring in Carinhall .«
    Ein Mann ging schnell an der vorderen Stuhlreihe vorbei und legte jeweils einen Zettel auf die Tische. Es war mehrsprachige Olympia-Werbung. Dann verschwand er zwischen den Passanten.
    Karl beschwerte den Zettel mit dem Aschenbecher. »Die Parteiheinis sind nur so an ihm vorbeidefiliert. Selbst Kassner hat sich eine Widmung abgeholt.«
    Vera zog den Seidenschal fester um den Hals und umklammerte ihre Tasse wie ein Handöfchen.
    »Magst du mein Jackett haben?«
    »Nein danke, ich kann eh nicht mehr lange bleiben. Meine Bahn geht bald. Wir proben morgen ausnahmsweise früh. – Wann mußt du im Adlon sein?«
    »Erst um zwei. Mirow hat die Adlons nach Neufahrland gekutscht. Er holt mich auf dem Rückweg hier ab. Das ist dann Gott sei Dank mein letzter Nachtdienst für die nächsten vierzehn Tage.«
    Eine der Frauen vom

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