Unter den Sternen des Südens: Australien-Saga (German Edition)
bebender Stimme. »Verflucht, das ist heute schon das zweite Schaf, das ich wegen dir verliere.«
»Ich kann nichts dafür. Die Biester sind total vollgeschissen«, antwortete Slay höhnisch.
»Ich habe sie vorher gründlich mit Wasser abgespritzt, damit der gröbste Dreck von der Haut abgeht. Mag sein, dass die Wolle stark verfilzt ist, aber ich habe beobachtet, wie du einem Tier die Achillessehne durchgetrennt hast und bei anderen die Zitzen und das Euter geblutet haben, weil du viel zu schnell vorgehst. Auf meinem Hof dulde ich so etwas nicht. Pack deine Sachen und hau ab!«
Slay machte drohend einen Schritt auf sie zu. »Du wirfst mich raus? Du bist doch bloß eine dumme Zicke, die glaubt, dass sie Daddys Farm leiten kann. Eins kann ich dir sagen: Bis jetzt hast du total versagt. Sieh dir bloß mal dein Vieh an! Das ist in einem erbärmlichen Zustand! Hättest du uns früher bestellt, hätten wir jetzt nicht solche Probleme. Die Wolle ist von oben bis unten verklebt mit getrockneter Scheiße. Die Tiere sind schwach und voller Läuse. Bei Schafen in so einem Zustand muss man eben von vornherein Schnittverletzungen einkalkulieren.«
»Hör zu, Mann, deine Meinung interessiert mich einen Dreck! Verschwinde einfach«, sagte Amanda, die so wütend war, dass sie kaum sprechen konnte. Der Umstand, dass Slays Kritik ein Körnchen Wahrheit enthielten, machte die Sache nur noch schlimmer. Sie wusste, dass die Schafe nicht einfach waren, aber es ärgerte sie bis ins Mark, dass irgendein Kerl ihr vorhielt, sie würde schlechte Arbeit leisten, obwohl sie ihr Bestes gab.
»Amanda, ich glaube nicht …«, begann Natty und trat einen Schritt vor.
»Ich habe dich gebeten, mit ihm zu reden, damit es nicht so weit kommt. Ich möchte, dass mein Vieh anständig behandelt wird«, zischte Amanda, bevor sie sich wieder Slay zuwandte und auf den Kleinbus draußen zeigte, mit dem die Truppe am Morgen gekommen war. »Geh und setz dich in den Wagen, bis die anderen fertig sind. Und wage es nicht, jemals wieder meine Scheune zu betreten.«
Es herrschte absolute Stille, während alle warteten, was als Nächstes passieren würde. Slay fixierte Amanda mit kühlem Blick, dem sie standhielt. Ein mutiger Scherer wagte einen Zwischenruf.
»Hast wohl deinen Meister gefunden, was, Slay? Du ziehst also wirklich den Schwanz ein? Vor einem Weibstück? Wo sind deine Eier, Mann?«, spottete er.
Amanda ließ Slay nicht aus den Augen, und sie starrten sich gegenseitig an, während er sich langsam herunterbeugte, sein Handstück von der Biegewelle riss und begann, seine Sachen zusammenzupacken. Amanda ging zum Hauptschalter und stellte den Strom wieder an, dann rief sie: »Na los, weitermachen! Wir sind ab sofort ein Mann weniger, was bedeutet, dass es langsamer vorangeht. Wir müssen Gas geben.«
Während die anderen gehorsam an die Arbeit zurückkehrten, verließ Slay die Scheune. Als er an Amanda vorbeikam, raunte er ihr zu: »Ich werde mir dein Gesicht merken, du Miststück.«
Kapitel 11
N ach einer sehr anstrengenden Woche setzte Amanda sich mit einem Bier hinaus auf die Veranda. Sie freute sich, dass die Schur zu Ende war und die meisten Schafe sie gut überstanden hatten. Die ganze Arbeit war schwerer zu organisieren, als sie gedacht hatte.
Anfang der Woche hatte sie die ersten Schafe hereingeholt für die Ultraschalluntersuchung. Obwohl Amanda immer noch um ihre Mutter trauerte, die sie schmerzlich vermisste, verspürte sie auch ein leises Kribbeln vor Aufregung. Genau das hatte sie sich immer gewünscht. Eine Farm, die ihr gehörte und die sie nach ihren Vorstellungen bewirtschaften konnte. Die sie in ein ordentliches, gut organisiertes und gewinnbringendes Unternehmen verwandeln würde.
Louise, die Tierärztin, war am Montagmorgen gekommen und hatte bemerkt, dass sie eigentlich nicht damit gerechnet habe, das Ultraschallgerät in diesem Jahr erneut mitzubringen.
»Was hast du vor, Mandy? Hast du die Schafe, die nicht trächtig waren, noch mal decken lassen?« Amanda hatte daraufhin erklärt, dass seit dem Tod ihrer Mutter alles ein wenig durcheinandergeraten war. »Dad und ich haben vergessen, die Deckdaten zu notieren. Ich befürchte sogar, dass wir eine ganze Herde übersehen haben! Ich möchte einfach gerne wissen, woran ich bin.«
»Gut, das werden wir bald herausfinden«, hatte Louisa entgegnet und alles für die Untersuchung vorbereitet, während Amanda die Tiere in den Treibgang scheuchte, der am Behandlungsstand endete.
Weitere Kostenlose Bücher