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Unter deutschen Betten

Unter deutschen Betten

Titel: Unter deutschen Betten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Justyna Polanska
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Wasser geworfen. Auch Alexandra würden ihre Eltern einfach mal mit einer völlig fremden 21-Jährigen alleine lassen.
    Die hatten Nerven.
     
    Mir wurde aufgetragen, Alexandra um kurz vor sieben zu wecken, sie anzuziehen, zu kämmen, Frühstück zu machen und die Kleine in die Schule zu bringen. Zum Glück kannte sie den Weg, denn ich hatte keine Ahnung, wo ich hinmusste.
    Am ersten Tag habe ich mich auf dem Rückweg so verlaufen, dass ich mit dem Taxi nach Hause fahren musste. Ein Luxus, den ich mir nicht oft würde leisten können.
    Deshalb malte ich mir am nächsten Morgen auf dem Hinweg zur Schule eine Karte mit allen Abbiegungen und Straßennamen.
    Das half.
    Nach dem Schulgang kam ich nach Hause, putzte, wusch und spülte. Um 13 Uhr musste Alexandra wieder aus der Schule abgeholt werden.
    Ich kochte Mittagessen. Dann beaufsichtigte ich sie bei den Hausaufgaben und spielte mit ihr, bis es Zeit war, das Abendessen zu kochen und ins Bett zu gehen.
     
    Eine ganz normale Routine. Wenn man Kinder hat. Nur hatte ich ja keine und fühlte mich, als hätte jemand im Vorbeifahren an meiner Tür eine kleine vorpubertäre Prinzessin abgeworfen, die mich hasste, weil ich ihr nicht die Mutter ersetzen konnte.
    Aber die war halt im Urlaub.
     
    Alexandra war ein anstrengendes Kind. Immer wenn ich sie weckte, schrie sie:
    »Hau ab, Du Arschloch!«
    Aber das machte nichts, denn ich hatte ja keine Ahnung, was das bedeutet. Ich dachte, sie sei einfach schlecht gelaunt. Erst nach Monaten verstand ich die Bedeutung ihrer Worte. Sie sagte es noch oft genug.
    Auf dem Schulweg klammerte sie sich an den Pollern fest und brüllte:
    »Du Schwein, Du Sau, Du Arschloch, ich geh nicht weiter!«
    An der Bushaltestelle gegenüber glotzten alle, aber ich wusste ja nicht, warum, denn ich verstand die Ausdrücke nicht. Ich zog sie einfach hinter mir her in die Schule.
    Sie war ein kleiner Teufel!
    Heute denke ich, dass das arme Kind einfach noch orientierungsloser war als ich. Die Eltern geschieden, mal eben in Urlaub gefahren und eine komische Fremde an der Hand!
    Kein Wunder, dass Alexandra Angst hatte und wütend war.
     
    Heute tut mir Alexandra leid.
     
    Aber damals hätte ich sie gerne in dem Müllschlucker vor der Schule entsorgt.

Über die Verhältnisse
    I rgendwann kam Gargamel dann wieder zurück. Und entpuppte sich schnell als einer jener Dienstherren, die einen Lebensstil pflegten, den sie sich eigentlich gar nicht leisten konnten.
    Auch eine Form der Doppelmoral: Nach außen tut man wohlhabend, aber innen blättert der Putz.
     
    Magdalena hatte gesagt, Gargamel sei Antiquitätenhändler. Aber er ging nie zur Arbeit und war eigentlich immer zu Hause. Und er war völlig abgebrannt. Er hatte von seiner Mutter die Villa und darin einige Antiquitäten geerbt, von denen er ab und zu ein paar verkaufen konnte.
     
    Dass Gargamels Mutter allerdings nicht, wie ich annahm, gestorben war, sondern sich bester Gesundheit erfreute, erfuhr ich auf recht dramatische Art und Weise an einem Winterabend. Der Hausherr war ausgegangen und hatte mir eingebleut, niemanden hereinzulassen. »Absolut niemanden.«
    Ich saß mit Alexandra gerade am Küchentisch, wo wir malten. Draußen war es dunkel. Da klopfte es am Fenster.
    Herein lugte ein bleiches Gesicht. Es öffnete stumm den Mund.
    Vor Schreck fiel ich fast vom Stuhl.
    Alexandra rief: »Das ist Oma!«
    Ich wusste nicht, was ich tun sollte. Ich durfte ja niemanden hereinlassen. Schließlich löschten wir schnell das Licht in der Küche, schlossen die Tür und gingen nach oben.
    Danach klopfte niemand mehr, und es wurde auch nicht geklingelt. Bis heute weiß ich nicht, was die Großmutter wollte.
    Wahrscheinlich den Ausverkauf ihres Hauses stoppen.
    Immerhin lebte sie in Aachen, wie ich später erfuhr, und der Weg von dort war weit. Es muss also wichtig gewesen sein.
    Als Gargamel zurückkam, erzählte Alexandra ihm vom Besuch der alten Dame. Seine Reaktion war gelassen:
    »Die Alte hat doch einen Schlüssel. Die ist doch drin gewesen, als Ihr geschlafen habt.« Und damit war für ihn das Thema erledigt.
    Ich würde zu gerne wissen, was zwischen den beiden abgelaufen war. Sie hassten sich offenbar bis aufs Blut.
     
    Aber wie dem auch sei, es hinderte ihn nicht daran, die Einrichtung der Villa zu verhökern. Ein Ölbild hier, eine Silberschale da. Aber das reichte hinten und vorne nicht.
     
    Als mein Vater einmal aus Polen zu Besuch kam, musste er Gargamel chauffieren, weil der zwischenzeitlich auch

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