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Unter deutschen Betten

Unter deutschen Betten

Titel: Unter deutschen Betten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Justyna Polanska
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Küche und putzte zwischendurch, wenn ich nicht gebraucht wurde.
    Nach zwei Stunden löste sich die Gruppe langsam auf, und eine halbe Stunde später waren alle Gäste gegangen.
    Das kam mir gelegen, denn jetzt konnte ich noch schnell aufräumen und die Wohnung putzen.
     
    Gegen 17 Uhr rief mich die alte Dame zum Kaffee. Ich hatte ihr einen Kuchen zum Geburtstag gebacken. Der stand nun mit frischem, dampfendem Kaffee auf dem festlich gedeckten Geburtstagstisch. Die beiden erwarteten mich schon freudig lächelnd wie immer nebeneinander auf dem Biedermeier-Sofa.
     
    Ich weiß noch, wie ich dachte: »Mein Gott, sie sieht so gut aus für ihr Alter.« Wenn ich nicht einmal zufällig beim Aufräumen ihr Geburtsdatum in ihren Unterlagen gesehen hätte, hätte ich sie glatt für 60 gehalten. Natürlich hatte sie etwas machen lassen.
    Das tun ja mittlerweile alle.
    Jedenfalls in diesen Kreisen.
     
    Ich putze bei einigen reichen Rentnern. Da haben alle Frauen über 60 dieselben kleinen Stupsnasen und die etwas erschrockenen Augen, die entstehen, wenn man die Schlupflider liften lässt. Manche lassen sich den Hals straffen, den Busen anheben oder die Hände verjüngen.
    Und Hyaluronsäure zum Aufspritzen der Lippen oder der Labialfalten zwischen Nase und Mund.
    Und Botox natürlich.
    In die Stirn und um die Augen.
     
    Ich finde da nichts dabei. Wenn es gut gemacht ist, sieht es ziemlich gut aus.
    Ganz natürlich.
    Einfach frischer und jünger.
    Ist doch toll.
     
    Also sagte ich: »Sie sehen richtig jung aus!«
    Und bemerkte, wie sie ein wenig pikiert die Augenbrauen hochzog und verschnupft antwortete: »Danke.«
    Aber ich dachte mir nichts dabei.
    Wir tranken Kaffee, aßen Kuchen und unterhielten uns über dies und das.
    Plötzlich machte ihr Ehemann völlig aus dem Blauen heraus den Kommentar: »Na, wie ist es, 58 zu sein?«
    Ich lachte und wartete darauf, dass die beiden einstimmten, um diesen charmanten Witz zu belohnen.
    Aber das passierte nicht.
    Keiner lachte.
     
    Außer mir …
     
    Ich verstummte.
    Die meinten das ernst!
     
    Es entstand eine vorwurfsvolle Stille.
     
    Mir war das so peinlich. Ich wollte ja niemanden vor den Kopf stoßen.
    Aber ernsthaft zu denken, ich oder irgendjemand anderes hätte die rüstige alte Dame für 58 gehalten? Das wäre mir im Traum nicht eingefallen.
     
    Es war doch auch so unnötig, auf ein jüngeres Alter zu zielen. Ich fand die Dame immer unglaublich attraktiv – weil sie so edel aussah und ein strahlendes Wesen hatte. Schönheit ist das eine, Attraktivität etwas völlig anderes. Ich habe viele Menschen gesehen, die schön waren – und mich langweilten. Ich finde, die attraktivsten Menschen sind die, die aufrecht, offen und stark durchs Leben gehen.
    Alters-, Falten- oder Fettlosigkeit haben damit nichts zu tun.
     
    Aber die Dame sah das offenbar anders.
     
    Nach einigen Sekunden, die nicht vergehen wollten, änderte ihr Mann abrupt das Thema: »Heute Abend kommt unser Sohn zu Besuch. Darauf freuen wir uns sehr.«
    Die Stimmung hellte sich ein wenig auf, blieb aber deutlich kühl.
    Eine Viertelstunde später schaute ich auf die Uhr, sagte, ich müsse jetzt leider gehen, und machte mich aus dem Staub.
     
    Danach waren die beiden drei Wochen in Frankreich im Urlaub. Sie haben eine Wohnung in Cannes.
    Während dieser Zeit bekam ich eine Anfrage zum Putzen und Babysitten. Zehn Stunden pro Woche. Ebenfalls mittwochs.
     
    Nun sind solche Zehn-Stunden-Jobs natürlich wirklich super. Und selten. Ich wollte unbedingt zusagen.
    Kein Problem, dachte ich, dann kann ich zum Anwaltsehepaar ja montags gehen. Ob ich nun montags oder mittwochs putze; sie haben ja keine beruflichen Verpflichtungen mehr, und die Kinder sind auch aus dem Haus.
     
    Aber ich hatte nicht mit dem verletzten Stolz der Anwaltsgattin gerechnet … Ich spürte ihn, als sie mich anrief:
Sie: Hallo Frau Justyna, wir sind wieder zurück!
Ich: Hallo! Wie schön. War der Urlaub erholsam?
Sie: Oh ja, sehr. Das Wetter war ganz vorzüglich.
Ich: Das freut mich.
Sie. Wann kommen Sie denn diese Woche?
Ich: Ach ja, ich habe letzte Woche ein Angebot bekommen für zehn Stunden. Das geht leider nur am Mittwoch. Deshalb müsste ich zu Ihnen jetzt am Montag kommen.
Sie: WAS? WARUM SAGEN SIE MIR SO WAS NICHT?
Ich: Aber Sie waren doch in Frankreich.
Sie: ABER WIR SIND GESTERN SCHON WIEDERGEKOMMEN!
Ich: Wenn es montags nicht geht, kann ich Ihnen helfen, eine andere Putzfrau zu finden. Und bis dahin könnte ich an jedem anderen

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