Unter Deutschen
machte, erinnern – und zugleich ankündigen, dass er selber zurückkehren werde: »Ich sagte gestern, ich würde meinem Nachfolger eine Mitteilung mit der Aufschrift hinterlassen: ›Bei Mutlosigkeit öffnen.‹ Und darin werden nur drei Worte stehen: ›Geh nach Deutschland!‹ Vielleicht werde ich diesen Brief eines Tages selbst aufmachen.«
1937 – Reisetagebuch
An der Choate Preparatory School for Boys in Connecticut lernte John F. Kennedy 1933 Kirk LeMoyne Billings kennen, der sein engster Freund wurde und zeitlebens blieb. Nachdem die beiden ihre Schulzeit beendet und das erste Jahr ihrer Studien an den Universitäten Harvard bzw. Princeton absolviert hatten, unternahmen sie im Sommer 1937 eine zweimonatige Europa-Reise. Sie überführten Kennedys Ford-Cabriolet, um den Kontinent selbständig im Auto erkunden zu können. Ihre Route führte durch Frankreich bis zur spanischen Grenze, die sie wegen des Bürgerkrieges nicht übertreten durften; anschließend fuhren sie durch das faschistische Italien und über Österreich ins nationalsozialistische Deutschland; schließlich gelangten sie über Holland und Belgien sowie per Schiff nach Großbritannien.
Unterwegs trafen »Jack« und »Lem« Schul- und Studienfreunde sowie Bekannte von Joseph P. Kennedy. Vermittelt durch den einflussreichen Vater, konnten sie unter anderem den Sekretär von Kardinal Pacelli, Enrico Galeazzi sprechen.
Die wichtigsten Zeugnisse von dieser Reise sind das hier erstmals als Ganzes abgedruckte Reisetagebuch John F. Kennedys und einige Briefe an seine Eltern sowie ein Album mit Fotos und spätere Erinnerungen von Lem Billings (dabei handelt es sich um Gespräche mit dem Kennedy-Freund, die u. a. von Joan und Clay Blair bzw. von Peter Collier und David Horowitz für ihre jeweiligen Bücher geführt wurden, in der Zeitschrift New Yorker erschienen, auszugsweise in den Band »John Fitzgerald Kennedy ... As We Remember Him« aufgenommen sind sowie als umfangreiche Oral History in der Kennedy Library in Boston aufbewahrt werden). Ergänzende Quellen bilden die Aufzeichnungen von Kennedys Mutter und die Korrespondenz seines Vaters. David Pitts, Autor von »Jack and Lem«, hat Billings’ ausführliche Aussagen ebenso wie dessen Album (sein »scrapbook«) am eingehendsten ausgewertet. Nigel Hamilton hat in »JFK – Reckless Youth« am ausführlichsten aus Kennedys Tagebuch zitiert.
Reisetagebuch 1937
1.–7. Juli 1937
SS Washington
Sehr ruhige Überfahrt. Ziemlich langweilig die ersten Tage, dann jedoch ein paar Mädels aufgespürt – allen voran Ann Reed. Cocktails mit dem Kapitän getrunken, der Sir Thomas Lipton und somit Grandpa kannte. Am interessantesten waren General Hill und seine ziemlich geheimnisvolle Tochter. Er war Kongressabgeordneter, sie hätte alles Mögliche sein können. [...] Aufgeblieben, um Irland zu sehen. Ankunft in Le Havre, zunächst Mont Saint-Michel angesteuert, dann nach Rouen gefahren.
7. Juli 1937 – Mittwoch
Rouen + Beauvais
Die Kathedrale von Rouen höchst eindrucksvoll. Wir kamen dort an, nachdem wir auf dem Weg nach Mont Saint-Michel kehrtgemacht hatten. Nach dem Mittagessen in Rouen fuhren wir weiter nach Beauvais, wo uns Höhe und Größe der Kathedrale tief beeindruckten. Übernachtung in einem kleinen Gasthof, wo wir zum ersten Mal den französischen Atem abbekamen. Abends auf ein Volksfest gegangen und dann ins Bett.
8. Juli 1937 – Donnerstag
Reims
Um 12 Uhr aufgestanden, Briefe geschrieben, Mittag gegessen, nach einigem Ärger unser Geld bekommen und die Medikamente gegen Billings’ »mal d’estomac«. Dann nach Soissons – den Chemin des Dames gesehen, eines der berühmten Schlachtfelder des Krieges. Auch die zerbombte Kathedrale angeschaut. Weiter nach Reims, dortdie Kathedrale besichtigt und ins Hotel Majesty (1.00 [$] für das Doppelzimmer). Mein Französisch wird etwas besser + Billings’ Atem wird französisch. Früh ins Bett. Man scheint allgemein anzunehmen, dass es keinen neuen Krieg geben wird.
9. Juli 1937 – Freitag
Reims, Château Thierry + Paris
Gegen 10 Uhr aufgestanden. Rauf zur Kathedrale und dann raus zum französischen Fort de la Pompelle – Schauplatz einiger der übelsten Kämpfe des Krieges. Dann Mittagessen und Besichtigung der Champagner-Kellereien von Pompernay in den alten gallischen Kreidehöhlen. Sehr freundlicher Umgang. Unterhaltung mit dem Geschäftsführer bei einer Flasche Champagner aufs Haus . Wie es aussieht, mögen sie Roosevelt, aber seine
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