Unter die Haut: Ein romantischer SM-Roman (German Edition)
neue Freundin. „Darf ich denn schon etwas lesen?“
„ Das musst du sogar, ich habe dir das ausgedruckt und gebe es dir nachher mit. Ich will unbedingt wissen, wie es dir gefällt“, strahlt der Kleine, und mit einem Zögern setzt er dazu: „Ich bin nicht so ganz gut in Deutsch, da habe ich bloß eine Drei. Kannst du die Fehler rausmachen?“
„ Aber mit dem allergrößten Vergnügen“, stimmt Juliette zu, „du bis t der Autor, ich mache die Lektorin für dich, dann musst du dich nicht mit Kleinigkeiten abplagen. Und was glaubst du, wie voll von Fehlern manchmal sogar die Arbeiten meiner Studenten sind!“
Juliette ist dankbar für die Ablenkung, die Michel ihr gewährt. In seiner Gegenwart fühlt sie sich ohnehin immer besonders wohl, denn der Junge ist ihr ein Synonym für eine heile Welt, die einfach, geradlinig und klar, frei von Vorbehalten und lähmenden Ängsten zu sein scheint. Immer, wenn sie ihm begegnet, fällt ihr auf, wie leid es ihr tut, keine eigenen Kinder bekommen zu haben. Sie wird diese für sie so besondere Freundschaft gut pflegen und nimmt sich vor, ihn zu fördern und seinen Werdegang zu begleiten.
Als Bärbel zum Aufbruch mahnt, verkündet er, noch eine Weile schreiben zu wollen, damit er vielleicht Juliette später noch ein, zwei Seiten mehr mitgeben kann. Er ist Feuer und Flamme.
Ungern verlassen die Frauen das friedliche, so gelassen und unerschütterlich wirkende Häuschen, das im Augenblick einen so deutlichen Gegenpol zum gebeutelten Gutshaus darstellt.
Als sich Juliette im Bad noch schnell die Hände waschen geht, folgt ihr Bärbel und flüstert ihr in knappen Worten zu, dass sie Bescheid weiß.
Erleichtert, eine Gefährtin und Mitwisserin zu haben, lächelt sie ihr einvernehmlich zu.
Wunderbar versteht es Bärbel auf der Fahrt, die Frauen in Gespräche über ihren Kräutergarten, das zu erwartende schöne Wetter und Julchens völlig überzogene Handyrechnung zu verwickeln. Das Töchterchen hat es fertig bekommen, mit ihrer in Spanien im Urlaub befindlichen besten Freundin täglich gute zwei Dutzend SMS auszutauschen, was weit über ihr vereinbartes Limit hinausgeführt hat. Folglich hat Bärbel sie nun verdonnert, die Rechnungssumme in Haus und Garten abzuarbeiten, was, so stellt sie ausführlich dar, dazu führen soll, dass Jule begreift, wie schwer es ist, Geld zu verdienen.
Juliette merkt genau, dass dieses Thema nur ein Ablenkungsmanöver sein soll. Sarah und Susanna aber lassen sich begeistert darauf ein.
Der alte Doktor im Dorf ist bald erreicht. Lediglich an Friedrichs kleiner Kate hält Bärbel kurz und kurbelt die Scheibe herunter, um dem Alten auf seiner Bank einen fröhlichen Gruß zuzuwerfen.
Die Praxis ist, obwohl reichlich altertümlich wirkend, noch vollständig eingerichtet, und der Doktor ist ein mit allen Wassern gewaschener Allgemeinmediziner, der nacheinander Juliette und Sarah zum Verbandswechsel zu sich ins Behandlungszimmer holt.
Mit der reaktionsfreien Naht am Knie ist er sehr zufrieden. Die kleine Stelle, die sich wieder geöffnet hat, als Juliette in der Nacht irgendwo angestoßen ist, muss nun sekundär heilen. Er empfiehlt ein Entfernen der Klammern in sechs Tagen, verbindet sehr routiniert und entlässt sie mit freundlichen Worten und dem Angebot, gern noch einmal in wenigen Tagen tätig zu werden, sollte Juliette dann noch in der Gegend sein. Eine Vergütung für seine Leistung lehnt er kategorisch ab. Er wolle bloß nicht völlig aus der Übung kommen auf seine alten Tage, sei er doch hier über vierzig Jahre lang mit Leib und Seele Dorfarzt gewesen.
Den herzlichen Dank nimmt er allerdings erfreut zur Kenntnis.
Als Sarah wieder aus dem Behandlungszimmer kommt, ist ihr Gesicht entspannt und richtig fröhlich. Einige Verbände, so erzählt sie, konnten endlich vollständig entfernt werden. Die Haut würde wunderbar heilen, und die Narben seien so fein, dass der Doktor prognostiziert, sie würden in einigen Monaten so gut wie unsichtbar sein.
In aufgeräumter Stimmung verlassen die Freundinnen nach gut anderthalb Stunden die Praxis, und Juliette nimmt deutlich den Duft der üppig blühenden Rosen in dem kleinen Vorgarten wahr, streicht mit der Hand über einen gewaltigen Lavendelbusch, der unter der Berührung sofort sein wunderbares Aroma zu verströmen beginnt. Sie liebt diese wenig auffällige Pflanze, deren Qualitäten erst richtig zu Tage treten, wenn sie sacht, sei es vom Wind oder von einer zärtlichen Hand, gestreichelt
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