Unter die Haut: Ein romantischer SM-Roman (German Edition)
den tiefen wassergefüllten Schlaglöchern ausweichend, tritt er kräftig in die Pedale seines Mountainbikes.
Von Weitem schon sieht er sein Ziel, die Türme des Torhauses. Aufmerksam achtet er darauf, ob irgendwo jemand zu sehen ist, aber außer Faltern, die die Mohnblüten an den Wegrändern umflattern, und den singenden Feldlärchen, den von fern an ihren Rufen erkennbaren Möwen und Seeschwalben ist er allein. Über einen jungen Hasen, der direkt vor seinem Rad plötzlich aus dem Graben schießt, den Weg kreuzt und in atemberaubendem Tempo übers nächste Feld verschwindet, erschreckt er sich daher fast zu Tode.
Michel verlangsamt sein Tempo.
Er weiß genau, wo er sich auf die Lauer legen wird.
Gar nicht weit vom Torhaus entfernt steht eine Reihe alter, teils schon sehr brüchiger Kopfweiden, deren eine einen völlig ausgehöhlten Stamm hat, der sich in kaum zwei Metern Höhe zur Seite geneigt hat.
Da wird er hineinklettern und weiß, dass er sich recht bequem hineinlegen kann, ohne sichtbar zu sein.
Das Fahrrad versteckt er sorgsam hinter einer Hecke.
Kaum hat er in dem Baum Position bezogen, fällt ihm ein, dass er sein Handy auf lautlos schalten muss.
Den Feldstecher im Anschlag, beginnt Michel seine Observierungsarbeit.
Ganz deutlich kann er jeden Stein, jede Fuge am Haus erkennen, durch die halb blinden Scheiben zumindest schemenhaft sogar ins Innere lugen.
Vollkommen ruhig liegt die Landschaft, nur die See hört er leise rauschen.
Nichts rührt sich, und nach einer Stunde fängt Michel gelangweilt an, seine Vorräte zu vertilgen. Die Coladose zischt beim Öffnen so laut, dass es ihm wie ein einschlagender Blitz vorkommt und er für einen Moment sicher ist, die ganze Umgebung müsste davon auffahren. Nichts geschieht, und er setzt sich nach einem Blick auf die Anzeige seines Handys ein Zeitlimit von einer weiteren bewegungslosen Stunde.
Wirre Gedanken gehen ihm im Kopf herum, darüber, was dort unten in dem Keller los sein mag, darüber, ob wirklich ein Mädchen sich da, tief unter der Erde, im Dunkeln, in der Gewalt des Mannes befindet, dessen Gesicht er sich auf dem Foto so gut eingeprägt hat, als er mit Robert und Daniel bei Friedrich gewesen ist.
Hart und abweisend waren dessen Züge gewesen und Michel hatte ein ganz kaltes Gefühl bei dem Anblick überfallen. Daran erinnert er sich genau!
Ein bisschen Sorgen macht er sich jetzt, bei der Erinnerung an dieses Gesicht, was wohl passieren würde, wenn der Mann da tatsächlich aus dem Torhaus herauskommen würde, wenn er womöglich merken würde, dass er beobachtet wird, vielleicht an den Baum käme, ihn sogar entdeckte.
Michel mahnt sich, ruhig zu bleiben, macht sich klar, dass sein Versteck wirklich vorzüglich ist, und blickt eine weitere gute halbe Stunde konzentriert durch das Fernglas, bis ihm schon die Augen tränen.
DA!
Michel bemerkt eine Bewegung hinter dem Erdgeschossfenster des meerseitigen Turmes. Ein Schatten scheint aus dem Fußboden zu wachsen, sich zu voller Größe entfaltend, ein Schemen, es könnte eine Person sein, macht sich zu schaffen, der Schatten wird wieder kleiner, verschwindet.
Michel hält die Luft an, drängt sich tief in den Schutz des ausgehöhlten Baumes, wartet ab.
Wenige Augenblicke später sieht er einen Menschen auf der Balustrade erscheinen, eine Art Aktenmappe unter dem Arm, sich in alle Richtungen umschauend. Michel blickt in das ihm zugewandte Gesicht und zieht entsetzt den Kopf ein. So nah, dass er für einen Augenblick sicher ist, der Mann stünde direkt vor ihm, erkennt er Jonathans Züge.
Er zwingt sich, wieder durch das Glas zu gucken, schimpft sich innerlich einen albernen Hasenfuß und sieht den Mann aus dem Eingang des anderen Turmes kommen.
Michels Herz schlägt Purzelbäume, als Jonathan direkt auf ihn zukommt. Ganz bestimmt muss er seine Angst riechen können, muss wissen, dass er sich hier verbirgt, ihn beobachtet.
Immer dichter kommt er der alten Weide an dem Feldweg, und Michel zieht geräuschlos das Fernglas vom Rande des Stammes, kriecht tief, zusammengerollt in die Höhlung. Er möchte sich auf seine Ohren verlassen, aber sein eigener Herzschlag ist so laut, dass er nur bei äußerster Konzentration die nahenden Schritte vernehmen kann. Immer dichter kommt der Mann, und die lauter werdenden Tritte nehmen denselben Rhythmus an wie sein Herz.
Als er sich schon ganz sicher ist, jetzt entdeckt zu werden, schon versucht, sich an seine Kindergebete zu erinnern, ist es auf einmal
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