Unter dunklen Schwingen - Unter dunklen Schwingen
Feuer zu bestehen schien. An ihrem Rücken formten sich flammende Flügel, ihre weiße Haut zerfiel zu Staub.
Die Soldaten standen entsetzt da und starrten sie an.
Der Wächter humpelte zu dem Steinkreis hinüber und lächelte zu dem Feuerengel hinauf. Blut lief an seinen Gliedmaßen herab. Seine Verletzungen waren schwer, aber nicht unheilbar. Darina war froh, dass er wieder bei ihr war.
»Es ist Zeit«, flüsterte er.
»Ich weiß«, antwortete sie.
Die Männer stürzten sich auf Lundinion und rissen ihn erneut zu Boden. Er war zu schwach, um sich weiter gegen sie zu wehren, so, wie er zu schwach gewesen war, auf die Steinplatte zu treten, um Darina das letzte Schloss zu ihrem Schicksal zu offenbaren.
Einer der Soldaten nahm eine Pistole und zielte auf Lundinion. »Stirb, verdammtes Arschloch!«, brüllte er und drückte ab.
»Nein!«, schrie der Flammenengel, als der Wächter – unmittelbar in der Nähe des Herzens getroffen – zu Boden fiel.
»Bist du verrückt?« Der Offizier stieß den Schützen zurück; dabei löste sich erneut ein Schuss, und der Offizier sank tot auf den Soldaten nieder.
»Du musst es tun«, rief Lundinion dem Flammenengel mit letzter Kraft zu.
»Halt dein Maul!« Der Soldat zielte erneut und traf den Wächter direkt ins Herz.
Der Flammenengel hörte die letzten Herzschläge ihres Beschützers und sah in seinem schmerzverzerrten Blick das Funkeln seiner Seele erlöschen. In der Gestalt eines Menschen war er verletzbar und vergänglich wie jedes andere Wesen auf der Welt auch.
Seine Stimme flüsterte sterbend in ihrem Kopf: »Ich liebe dich!«, seine Augen schlossen sich und sein Körper ging in Flammen auf.
* * *
Rasend vor Wut schrie Darina ihren Schmerz hinaus. »Das ist euer Ende, Menschenpack! Ihr seid die wahren Dämonen!«
Die Erde begann zu beben, und von großer Angst erfüllt versuchten die Soldaten zu fliehen. Doch sie konnten der gewaltigen Feuerwelle nicht entkommen.
Sie hatten nicht einmal mehr Zeit, Angstschreie auszustoßen, als das Inferno über sie kam. Der Feuerengel wütete mit einer Stimme, die jedes Herz zum Stillstand bringen konnte. Als die Flammen erloschen, öffnete sich direkt über Darina ein Tor, aus dem grelles Licht drang.
Eine tiefe Stimme fragte: »Wer hat mich gerufen?«
Müde sah Darina zu dem Licht hinauf und rief die Worte, die ihr der Wächter immer wieder eingebläut hatte: »Ich habe dich gerufen. Ich bin der Engel, der den Schlüssel im Herzen trägt!«
Die Stimme antwortete: »Für jedes Schicksal gibt es immer zwei Wege! Bist du bereit zu wählen?«
Für einen Moment zögerte sie, doch dann besann sie sich. »Ich bin bereit!«
Im nächsten Augenblick erschienen vor ihr zwei silberne Ringe, kunstvoll mit Gravierungen verziert. Der eine trug einen roten Stein, der andere einen blauen.
»Wähle das Schicksal! Wenn du eine Hand über einen Ring hältst, dann wirst du sehen, welchen Weg er für dich bereit hält! Greife nach jenem Ring, dessen Schicksal du annehmen willst, und es wird geschehen.«
Vorsichtig erhob sie die Hand über den Ring mit dem roten Stein. Vor ihren Augen wurden die Schreckensbilder der letzten Stunden noch heftiger, und sie musste mit ansehen, wie die Welt für immer ausgelöscht wurde. Doch sie sah auch, dass das Gleichgewicht der Zeiten wiederhergestellt war.
Nachdenklich legte sie die Hand über den blauen Ring und sah einen Neubeginn. Es war nicht nur einer für die Menschen, sondern auch für all jene, die einst die Reise begonnen hatten. Und Darina sah eine Chance, ein erneutes Scheitern abzuwenden, auch wenn es große Kämpfe bedeuten würde. Das Gleichgewicht der Zeiten würde damit allerdings nicht wiederhergestellt werden. Und obendrein würde irgendwann erneut ein Punkt kommen, an dem die Schicksalsgötter entscheiden müssten.
Seufzend senkte sie die Hand.
»Hast du dich entschieden, Feuerengel?«
Sie nickte traurig.
»Dann nimm das Schicksal an.«
Darinas Hand glitt langsam zu dem Ring mit dem blauen Stein, als sie in sich eine Stimme hörte: »Wie oft hast du dich schon für den Neubeginn entschieden? Und wie oft hast du mich sterben sehen?«
Sie zitterte: »Ich würde den Neubeginn noch viele Millionen Male wählen, wenn ich nur bei dir sein kann.«
Der Wächter sprach in ihren Gedanken: »Ich bin immer bei dir. In deinen Träumen werden wir niemals getrennt sein. Vielleicht ist es besser, jetzt das Ende zu finden, nach dem wir uns schon so lange sehnen. Du hast die Zerstörung, das
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