Unter dunklen Schwingen - Unter dunklen Schwingen

viele Blut und all die zerfetzten Körper gesehen. Es wird niemals anders sein. Ein Neubeginn würde nur weitere Schmerzen bedeuten. Nicht nur für dich oder mich, sondern auch für diese atmende Erde, die mehr Leben in sich trägt, als viele ahnen.«
    Sie wehrte sich gegen den Gedanken, der Welt ein endgültiges Ende zu prophezeien. »Nein, egal wie kalt die Welt auch sein mag! Egal, wie viele Schmerzen in unseren Herzen pulsieren mögen – ich kann und will nicht ohne dich sein!« Erneut wollte sie nach dem blauen Ring greifen.
    »Warte! Bitte!«
    Sie zögerte.
    »Du weißt, dass das Ende der bessere Weg ist. Und du darfst deine Entscheidung nicht nur auf deinem eigenen Verlangen aufbauen!«
    »Das tue ich nicht. Aber das Leben hat eine weitere Chance verdient – und die Menschen auch. Wir sind Feuerengel, wir müssen mit unseren Schwingen das Eis dieser Welt zum Schmelzen bringen.«
    Lundinion lachte. »Das sagst du jedes Mal.«
    »Aber diese Worte sind auch jedes Mal wieder genauso wahr«, fügte sie hinzu – und nun lächelte auch sie.
    »Ich habe nichts anderes erwartet«, sagte Lundinion.
    Immer noch lächelnd griff sie nach dem blauen Ring, der nun grell in ihren Händen erleuchtete.
    * * *
    Das Schicksal schloss sein leuchtendes Tor und formte einen Neubeginn der Welt.
    Immer wieder aus neuer Hoffnung und Sehnsucht.
    Und jedes Mal, wenn der Feuerengel vor der schwierigen Entscheidung stand, wählte er den Neubeginn, überzeugt, dass dies für alle Zeiten der richtige Weg war. Denn die Flammen der Hoffnung, dass die Menschen eines Tages vielleicht doch den Sinn ihres Lebens und dieser Welt verstehen würden, wollten in Darina nicht erlöschen.

Tanya Carpenter & Mark Staats
    Tanya Carpenter und Mark Staats sind das einzige Autorenpaar in dieser Anthologie und gehören – ebenso wie Arcana Moon – zu den Autoren, zu denen ich erst seit kurzer Zeit in Kontakt stehe. Dennoch fielen sie mir beide durch ihre Kreativität, aber vor allem ihre »frische Lust« zu schreiben auf.
    So sprach ich sie an, zu dieser Kurzgeschichtensammlung einen Text beizusteuern – gemeinsam.
    Tanya ist den Lesern ihrer Vampirserie »Ruf des Blutes«, die im Sieben Verlag erscheint, bereits bekannt. Sie zieht ihre Kraft und Inspiration aus alten Kulten und Naturreligionen und befasst sich mit Mythen und Legenden.
    Ihr Bekenntnis : Ich bin kein Mensch für Menschen sprach mich an, weil es von mir stammen könnte.
    Auf Mark Staats wurde ich durch Tanya aufmerksam.
    Er gewann mit Freunden einen Kurzfilmwettbewerb und erhielt mit ihnen als Preis eine Regisseur-Ausbildung.
    Im Jahr 1998 führte es ihn in die Welt des Fantasy-Liverollenspiels. Ein Hobby, das er auch heute noch aktiv betreibt. Daraufhin begann er, seine erste Geschichte zu verfassen, nämlich die seines LARP-Charakters.
    Derzeit arbeite ich mit ihm an einem humorigen Episodenroman über eine moderne Werwölfin, die in der »Seven Fancy«-Reihe im Sieben Verlag erscheinen wird.
    Tanya Carpenter: www.tanyacarpenter.de
    Mark Staats: www.thular.de



Unter dunklen Schwingen –
zerbricht die Unsterblichkeit
    Tanya Carpenter & Mark Staats
    Im Kamin knisterte munter ein Feuer, während draußen vor dem Fenster die Schneeflocken vom Himmel fielen. Die Nacht erschien nicht vollends dunkel mit all dem leuchtend weißen Schnee. Die Uhr auf dem Kaminsims tickte und zählte die Stunden. Die Weiden im Garten sangen ein trauriges Lied. Ruthven Wallhams Seele stimmte mit ein, denn sein Leben bestand nur aus Trauer, Dunkelheit und Einsamkeit.
    Er war ein reicher Mann, besaß alles, was man sich mit Geld kaufen konnte. Und dennoch war er das ärmste Geschöpf dieses Planeten. Denn das, was wirklich zählte, konnte man mit Geld nicht erwerben. Er vermochte sich nicht einmal von seinen Sünden damit freizukaufen, wie es die Kirche einst angeboten hatte, nur um ihre Schatzkammern zu füllen. Nein, Gott nahm kein Gold für seine Vergebung. Im Grunde waren seine Sünden wohl auch inzwischen zu zahlreich, um sie noch mit Geld begleichen zu können.
    Seit eintausend Jahren war er nun unsterblich. Verflucht aufgrund einer abscheulichen Tat. Es stand ihm so klar vor Augen, als sei es erst gestern gewesen. Auch damals schon besaß er Vermögen, war adlig, gehörte zu den angesehenen Männern des Landes. Seine junge Braut, Silvie, war wunderschön und die reine Unschuld. Er heiratete sie im Winter des Jahres 1011 – ein rauschendes Fest. Sie glich einem Schwan in ihrer Anmut, und natürlich machten