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Unter dunklen Schwingen - Unter dunklen Schwingen

Unter dunklen Schwingen - Unter dunklen Schwingen

Titel: Unter dunklen Schwingen - Unter dunklen Schwingen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alisha Bionda
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sie vor diesem Besucher, doch es gab kein Entkommen. Die Flammen versperrten ihr den Weg, sie kam an dem Fremden nicht vorbei.
    Er hörte ihr Herz pochen, hörte, wie sie in Gedanken Gott um Gnade bat. »Dein Gott wird dir nicht helfen«, zischte er, »denn ich bin ein Geschöpf der Nacht, und er hat keine Macht mehr über mich.« Sein Blick glitt zu dem Säugling, den sie im Arm hielt.
    »Gib mir das Kind.« Seine Stimme war ein bedrohliches Flüstern.
    »Mein Kind bekommt Ihr nicht«, schrie die Frau panisch. Das Baby fing an zu weinen. Schützend drückte sie es fester an die Brust. In ihrer Not griff sie zu einem Messer, das auf dem Fenstersims lag, und schwenkte es vor sich. »Kommt nicht näher.«
    Ruthven machte eine Handbewegung, das Messer wurde ihr entrissen und landete scheppernd auf dem Boden. »Das Kind«, befahl er, und der Macht seines Geistes konnte sie sich nicht entziehen. Wie in Trance ging sie auf ihn zu. Er roch ihre Angst, entriss ihr das Baby mit der einen und packte ihren Hals mit der anderen Hand. Mit grausamem Lächeln musterte er den Säugling.
    »Welch süßer Saft durch deinen Leib fließt.« Er entblößte seine Reißzähne, und die Mutter schrie entsetzt auf.
    »Du Dämon, du Teufel, du Ausgeburt der Hölle«, kreischte sie verzweifelt und drückte ihm in einer hoffnungsvollen Geste das kleine Kreuz, welches sie an einer Kette um den Hals trug, auf den Handrücken. Es zischte, und auf Ruthvens Haut blieb tiefrot ein Mal zurück – er lachte nur darüber. Der Schmerz war bedeutungslos. Die Augen der Mutter füllten sich mit Tränen. Mit all ihrer Kraft schlug sie auf den Vampir ein. Ruthven zuckte nicht einmal, keine Regung zeigte sich in seinem Gesicht. Das Feuer breitete sich aus, leckte mit heißen Zungen nach der Frau.Erste kleine Flammen versengten ihr Nachtgewand, Brandblasen bildeten sich auf ihren Fesseln, platzten auf. Sie keuchte vor Schmerz, wehrte sich hilflos in Ruthvens Griff, jammerte und flehte um Gnade für sich und das Kind. Seine schwarzen Augen blickten sie kalt an. Gierig versenkte er die Zähne im zarten Hals des Babys, das entsetzlich schrie. Aber Ruthven spürte nur, wie das reine, unschuldige Blut seine Kehle hinunterrann. Mit einem Mal ebbte seine Wut ab, seine Trauer verflüchtigte sich. Das Blut eines unschuldigen Kindes war der Trost, den er brauchte. Über den langsamer werdenden Herzschlag des Kindes hinweg hörte er das Gebrüll der Mutter. Es quälte seine Nerven, war das Gegengewicht zum besänftigenden Blut des Kindes. Das konnte er nicht dulden. Er brauchte diese Linderung. Darum drückte er fester zu, zerquetschte ihre Kehle, damit sie endlich schwieg. Sie gurgelte, Blut lief aus ihrem Mund. Sie hauchte ihr Leben aus, im selben Augenblick, als auch der Herzschlag ihres Kindes verstummte.
    Ruthven gab beide toten Körper frei und überließ sie den Flammen. Für ihn waren es nur noch leere Hüllen. Das Kind hatte sein Leben nicht vergeudet, als es ihm seines opferte. Der Vampir lächelte, während die Flammen auch nach ihm griffen. Seine Trauer war verschwunden. Furchtlos schritt er durch die Feuersbrunst in die winterliche Nacht hinaus.
    * * *
    Ruthven drehte das Glas mit dem Wein in seiner Hand. Es war immer das Gleiche. Leben für Leben, egal wohin er auch reiste. Alle Länder dieser Welt, so schien es ihm, hatte er schon aufgesucht, in der Hoffnung, dem Fluch zu entkommen. Doch wo immer er auch hinging, Silvies Seele folgte ihm, nur um in seinen Armen zu sterben. Und alles, was ihm blieb seit jener einen Nacht, war der trügerische Friede von unschuldigem Blut, der seine Schuld am Ende nur noch größer machte. Er hatte begonnen, für seine Taten Buße zu tun, seine Schuld zu mildern, indem er sein Vermögen nutzte, um Menschen zu helfen. Waisenhäuser waren errichtet worden, Krankenhäuser folgten. Er hatte den Ärmsten der Armen nachts Goldstücke und Taler in die Häuser gebracht. So hoffte er, dass Gott ihn am Ende nicht ganz so hart verurteilen würde.
    Aber der Fluch blieb. Was immer er für die Menschen tat, er fand keine Erlösung.
    Vor dreihundert Jahren hatte er neue Hoffnung geschöpft. Ein Wesen, dem er nicht hätte trauen dürfen, hatte ihm einen Handel angeboten, den er in seiner Sehnsucht und Verzweiflung nicht ablehnen konnte.
    In einer kalten, dunklen Novembernacht war er ihm in einer schmutzigen Londoner Gasse erschienen – zwischen Unrat und umherhuschenden Ratten. Ein Höllenengel mit schwarzen Flügeln und Augen so grün und

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