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Unter dunklen Schwingen - Unter dunklen Schwingen

Unter dunklen Schwingen - Unter dunklen Schwingen

Titel: Unter dunklen Schwingen - Unter dunklen Schwingen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alisha Bionda
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wieder zu Firms Hals und schnitt ein, hinterließ einen Streifen Blut und einen erschrockenen, kleinen Kerl, der nicht zu wehklagen wagte. »Ich mach dech kalt, mir zu drohn!«
    Ash griff nach Firm und warf ihn gegen die nächste Wand, an der er hinfiel und die krummen Arme in die Höhe hielt, wie ein spirriges Insektentier unter Angriff.
    »Bring’s weiter, do Ideot. Denkst wohl, ich lass mich kirre machn, hä? Werd dir schon hälfn!«, und derart aufbrausend hieb er gleichwohl nur halbherzig auf Firm ein.
    Doch ein Schlag folgte dem nächsten, und Firm besann sich auf jene Erinnerungen, die man sich für sein letztes Stündchen zurechtgelegt. Er gedachte der bunten Schirme der Damen an strahlenden Sonntagen im Battersea Park, der Kleider und der farbigen Stoffe, deren schillernder Glast in seinem Gedenken ebenso behütet war wie jenes bedachtsame, gewichtige Schreiten der Männer in strengen Anzügen und mit schwarzen Kronen. Häufig war Firm an diese Plätze gegangen, und zuweilen hatte er einen kleinen Leidgenossen mitgenommen, um ihm die Wunder eines anderen Lebens zu zeigen und diese für sich zu retten. Wie ein Hausbewohner, der sich der Fährde eines Überfalles ausgeliefert wähnt, sintemal die Türen zu seinem Haus aufgetreten werden, so griff Firm nach allen Teilen seiner wundervollen Erinnerungen wie zu gefassten Bildern und handgefertigten Patchworkdecken mit dem Motiv des Sonnendurchbruchs, nur um sie vor den Schächern versteckt zu halten.
    Ash riss Firm an seinen Haaren in die Höhe, nicht ohne ein weiteres Mal auf ihn einzuschlagen.
    Und Firm raffte all die schönen Momente seines Lebens zusammen, schnürte sie mit rotem Band und tat sie respektvoll in einen bunt beklebten Pappkarton unter dem Bett seines Gemüts, ehe er die Augen öffnete und die kalte Klinge auf sich niederfahren sah.
    Firm hatte jedwede Angst und allen Schmerz in sich bislang gestaut, um nicht verräterische Laute von sich zu geben, die möglicherweise auf seinen Peiniger aufmerksam gemacht hätten. Allein das Blitzen des kalten Stahls vor sich zu sehen, betrog ihn um ein kurzes Quieken, welches er sogleich reute.
    Sodann spürte er den scharfen, hervorspringenden Stich auf seiner Stirn und wähnte den kalten Stahl in seinem Kopf. Er fühlte einen glühenden Tropfen über sein Gesicht rinnen. Träne oder Blut wusste er nicht zu sagen.
    »Sieh einer an, wen haben wir denn da«, brummte plötzlich eine schwere Stimme aus der Ferne. Sie klang leise und gefährlich.
    Firm erstarrte, und auch der breite Schatten des Ash vermochte sich nicht zu regen.
    »Ein Bankert aus Dreck«, ward gesagt, noch gefährlicher jetzt.
    Firm wagte nicht, durch seine Armbeuge zu spähen. Seinen Gedanken und Erinnerungen jäh entraubt, traute er sich nicht, aus dem Schutz seiner Glieder hervorzukommen. Er ahnte, dass Brute durch seinen Todeslaut aufmerksam geworden war, doch da er ohnehin sterben würde, ja den Tod schon an sich wirken spürte, fragte er sich nur noch, was aus Ash werden mochte. Würde Brute ihn lediglich dreschen und verstümmeln, oder ihm gar das Leben nehmen? Ganz gleich, welchen Ausgang es haben mochte, es ängstigte Firm wahrlich mehr als sein eigenes Ende.
    »Brute, kommst grad recht«, meinte Ash und mühte sich, selbstsicher zu klingen.
    »Zu deiner Beerdigung wohl? Da will mir doch scheinen, ich kann meine Belohnung einstreichen, wie?«
    »Nimmst das Maul ganz hübsch voll«, erwiderte Ash und hielt die Klinge seines Messers geradewegs erhoben und dicht vor sein linkes Auge.
    »Du hast dich lang genug einfach am großen Topf bedient, nun sollst du zahlen!« Brute klang sonorer denn je. Er zog einen Revolver aus seinem Mantel und spannte den Hahn.
    Dies Geräusch brachte das Leben zu Firm zurück, der sich flugs aufraffte und – zwar torkelnd aber dennoch zielstrebig – zwischen die beiden Gegner schob. »Er ... er hat nur ... e-e-er wollte nur w-w-wissen, o-o-ob ich heute noch d-d-das Heim von Mag-g-g-gie beliefere.«
    »Die knurrende Maggie?« Brute ließ keinen Blick von Ash, der sehr bemüht war, sich seine Überraschung nicht anmerken zu lassen.
    Firm ward indes schwindelig, als ihm eine heiße Flüssigkeit über ein Auge und die Nase rann.
    »Was sollte sein Interesse daran sein?« Brute wollte sich nicht im Geringsten zufriedengeben. »Moment«, knurrte er auf einmal und schien Ash dabei mit einer Verwunderung abzuschätzen, die seiner Mimik einiges an Verschlagenheit nahm. »Bist du etwa dieser Teufel, der all die Kinder

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