Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Unter dunklen Schwingen - Unter dunklen Schwingen

Unter dunklen Schwingen - Unter dunklen Schwingen

Titel: Unter dunklen Schwingen - Unter dunklen Schwingen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alisha Bionda
Vom Netzwerk:
abmurkst? Bist du dieser vermaledeite Bastard, der sich an all den Bälgern vergeht? Himmelarsch, ich werd verrückt.«
    Ash erschrak und rümpfte angewidert die Nase, bekam aber keinen Laut heraus.
    »Da wird doch der Hund in der Pfanne verrückt, was wird dein Kopf wohl den Bullen wert sein, hm?«
    »Erzähl keinen Mist«, erwiderte Ash halbherzig.
    Firm wischte sich mit einem Finger das Nass von seinem Auge und gewahrte, dass es Blut war. Noch beteuerte er: »A-a-a-ash w-w-wollte nichts ...«
    »Und du bist womöglich aus reinem Ungeschick in sein Messer gefallen, wie? Das , Junge, ist der Kindermörder. Der letzte Heimgang, sieh es ein.«
    »... n-nichts B-B-Böses«, versicherte Firm mit einer erschrockenen Mischung aus Unglaube und nahender Gewissheit, sprach es, ohne einen Blick von seinem Blut zu lassen und sank in sich zusammen.
    * * *
    Der Geschmack war bleiern und mit abscheulichen Gedanken vereint. Die steifen Nerven seines verzerrten Gesichts vereitelten, dass Firm angewidert die Mimik verzog. Sein schiefer Mund zuckte und verlieh ihm das Aussehen eines Fisches. Und als sich seine Sinne wieder gesammelt hatten, dass er klar aus den Augen zu schauen vermochte, ward ihm bewusst, dass er noch am Leben war. Zwischen den buckeligen Dachfirsten und krummen Giebeln befand sich ein kleines, grüßendes Fenster aus blauem Firmament, welches ihn anstrahlte.
    Fast machte es ihn vergessen, dass er in einer dunklen Gasse lag, die nach Pisse und Moder roch. Als er sich aber besann, bemerkte er, dass weder Ash noch Brute in der Nähe war. Betäubten Gedankens befühlte Firm seine Stirn und fand die frische Schrunde, die Krumen getrockneten Blutes und sich in der Lage, das Leben erneut begrüßen zu können. Es begann ihn zu lächern.
    Alsbald erhob er sich mit der Umständlichkeit, die einem Krüppel so sehr eigen war wie dem Ebenbild Gottes das Kratzen am Allerwertesten. Dabei fragte sich Firm, ob Ash womöglich in einer ähnlichen Gasse lag, seines Herzens beraubt oder lediglich böswillig vertrimmt, sodass ihm das Heben der Glieder fortan ein Ding der Unmöglichkeit sein würde. Es sorgte ihn sehr, während er, noch immer wankenden Schrittes, vor die Gasse trat und sich in der Mündung der Gratton Street wiederfand.
    Dort liefen die grimmen Schnitter und deren kärglichen Skelette fürbass. Sie scharten sich wie eine rastlose Armee von Ameisen um die aufgehäuften Kohlen und schafften sie dorthin, wo immer man ein wenig Geld aufzubringen vermochte. Die Kiepen voll gemacht, geschultert und anliefern; Firm ließ seinen Blick schweifen, mit all der Verrichtung derart vertraut, dass er es nicht einmal mehr wahrnahm, sehr wohl aber, dass er noch am Leben war. Es war ein herrlicher Tag, an dem sich die Angelegenheiten fügten, wie sie gehörten, und weil der Himmel klar und blau war. Auf diese Weise ward das ganze Leben wundervoll. Und Firm, der sich von all den Kohleträgern als einen der ihren angenommen und bestätigt wusste, fühlte sich in ihrer Gegenwart und mit ihrem gemeinsamen Tagewerk gut aufgehoben, verstieg sich dabei aber nicht in der Vorstellung, sie vermöchten noch etwas anderes zu seinem Überleben beitragen als Duldsamkeit.
    Allzu lange verfolgte er nicht den Eifer der anderen, denn es galt, noch ein wenig Geld zu verdienen, wenn er zum Abend hin etwas essen wollte. Also humpelte Firm auf den Platz, angelte sich eine Kiepe, um sie sich mit Kohle füllen zu lassen. Als die Reihe an ihm war, zahlte er einen Shilling und drei Pence, was den verbliebenen Rest seines letzten Tagesverdienstes darstellte, und machte sich dann eiligst auf, um anzuliefern. Und da der Tag vorgerückt war, nahm er sich vor, keine Käufersuche mehr anzustrengen, sondern gleich bei seinen Stammkunden vorzusprechen. Dabei hatte Firm es schwer, sich durch die Menschenmassen bei Seven Dials zu schlagen, durch die Mengen von Männern in zu engen, speckigen Anzügen und Weibern in liederlichen Kleidern, durch tollende und stehlende Kinder, die wenigstens seiner Größe und Unschuld entsprachen, durch den Gestank von Abwässern und Fisch und Schweiß. Vor Stoff und Körpern war Firm nicht imstande, den Himmel zu sehen oder auch nur die grobe Richtung seines Eilens, jedoch lief er unbeirrt fort, als leite ihn ein innerer Stern zum rechten Ort. Den klaren Himmel trug er nun wieder im Herzen und die Ruhe der Freiheit besonders heute im Gemüt.
    Er passierte den Platz der Seven Dials, wo sich die Mengen etwas lichteten, bog in die Little White

Weitere Kostenlose Bücher