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Unter feindlicher Flagge

Unter feindlicher Flagge

Titel: Unter feindlicher Flagge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sean Thomas Russell
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blickte der stellvertretende Leutnant geradeaus.
    »Wissen Sie was, Sir? Ich könnte schwören, dass der Mann, der da am Bug sitzt, wie Mr Barthe aussieht. Das rötliche Haar, von Grau durchzogen.«
    Hayden richtete das Fernrohr auf das Boot, das am dichtesten an der Fregatte war. »Sie haben bessere Augen als ich, Wickham. Ich sehe zwar die Boote, aber mehr auch nicht. Doch auch ich glaube, einen Mann mit rötlichem Haar vorn gesehen zu haben.«
    Wickham schwenkte mit seinem Glas auf ein anderes Boot und konzentrierte sich auf das Rollen der Fregatte. »Ich sehe Männer in roten Jacken«, sagte er. »Glauben Sie, ein französisches Schiff könnte gesunken sein?«
    »Mag sein, aber diese Boote fahren nach Norden und nicht Richtung Küste. Schwenken die Männer da eine Jacke, um unsere Aufmerksamkeit zu erregen?«
    »Sieht mir nicht danach aus, Mr Hayden. Wahrscheinlich sind sie ausgesetzt worden und halten uns für Franzosen ...«
    »Wäre auch gar nicht so verkehrt. Wir müssen uns wohl noch gedulden.«
    Hayden war im Begriff, an Deck zu klettern, als Wickham rief: »Sir! Das sind britische Seesoldaten! Ganz sicher!«
    Hayden kehrte auf die Plattform zurück, stellte sich auf das Rollen der Fregatte ein und versuchte, die fernen Boote klar im Fernrohr zu sehen. Es war schwierig, die Boote in die Linse zu bekommen, aber nach einigen Versuchen sah auch Hayden, dass dort rot gekleidete Personen an Bord waren. Ob es nun Seesoldaten waren oder nicht, vermochte er nicht zu beurteilen, aber Wickham hatte die besseren Augen.
    Hayden kletterte wieder an Deck und spürte ein seltsames Unbehagen in sich hochsteigen. Zweimal während der nächsten halben Stunde ging er zum Bug und schaute wieder auf die Boote in der Ferne. Rhythmisch blitzten die weißen Riemenblätter im hellen Sonnenlicht auf. Als er dann erneut neben dem Buggeschütz stand und sich auf die Bewegungen des Schiffes einstellte, rief Wickham etwas von oben.
    »Es ist Mr Barthe, Mr Hayden! Das sind Boote von der Themis! Ich bin mir sicher, dass ich Mr Hawthorne sehe!«
    Die Männer an Deck begannen zu flüstern. Manch einer eilte zur Reling und beugte sich vor, um besser sehen zu können. Noch eine halbe Stunde verstrich quälend langsam. Als die Boote von einer Woge getragen wurden, konnte Hayden die erschöpften Gesichter einiger Besatzungsmitglieder erkennen - und meinte, bei dem einen oder anderen Mann Blut im Gesicht zu sehen. Wickham sprang förmlich von den Wanten und trat neben Hayden, der vorn am Bugspriet stand.
    »Was ist geschehen?«, wunderte sich der Midshipman, doch darauf wusste auch Hayden keine Antwort.
    Der Leutnant konnte sich nicht erinnern, wann er zuletzt so niedergeschlagene Männer gesehen hatte. Die Boote, völlig überlastet, wurden bald längsseits gebracht. Die Insassen waren so still wie eine Trauergemeinde. Mr Barthe stand am Bug eines der Beiboote und rief etwas in gebrochenem Französisch.
    »Sie dürfen hier das Englisch des Königs sprechen, Mr Barthe«, antwortete Hayden. Einen Moment lang war der Master sprachlos.
    »Mr Hayden«, brachte er schließlich hervor. »Sie haben die französische Prise! Gelobt sei Gott!«
    Mit einem Mal kam wieder Leben in die Männer in den Booten. Sie begannen, die Jakobsleiter hinaufzuklettern. Einigen musste geholfen werden, da sie zu erschöpft oder verletzt waren, andere baten um zusätzliche Leinen. Fast alle Männer hatten Verletzungen davongetragen. Ihre Gesichter waren von Pulverspuren gezeichnet, ihre Kleidung war zerschlissen und dreckig.
    Steif stieg Barthe über die Reling und stützte sich dann schwer auf die Finknetzkästen. Dort stand er einen Moment lang, holte tief Luft und schloss die Augen. Hawthorne erschien an Deck und kümmerte sich gleich um seine Kameraden und besonders um den völlig erschöpften Master.
    »Was ist geschehen, Mr Barthe?«, fragte Hayden und war sichtlich erschüttert, seine Besatzungsmitglieder in diesem Zustand vorzufinden. »Sie sehen aus, als hätten Sie ein schweres Gefecht durchgemacht.«
    »Wo ist die Themis?«, rief Wickham aufgeregt dazwischen. »Ist sie untergegangen?«
    Hawthorne schien kaum des Sprechens mächtig, doch schließlich sagte er mit rauer Stimme: »Ja und nein, Mr Wickham. Es kam zu einer Meuterei, und wir waren diejenigen, die loyal zum König standen. Sie setzten uns mit den Booten aus - aus Furcht, denke ich - und segelten Richtung Brest. Dort werden sie wohl versuchen, unsere Fregatte den Franzosen anzubieten.«
    Hayden fluchte

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