Unter feindlicher Flagge
Boden gegangen waren und um Gnade flehten, wurden einfach erschlagen. Matrosen gegen Matrosen. Schließlich hatten wir den Kampf verloren, und die Leute, die auf dem Quarterdeck waren, streckten die Waffen. Man trieb uns wie Vieh zusammen und zwang uns, uns auf den Gangways lang auf die Planken zu legen. Einer lag halb über dem anderen. Derweil debattierten sie, was sie mit uns machen sollten. Sobald das Schiff erobert worden war, merkten die Meuterer, dass sie eigentlich alle uneins waren. Allein der Hass auf Hart schweißte sie zusammen. Einige, angeführt von Stuckey, waren dafür, nach Brest zu segeln, das Schiff auszuliefern und um Asyl zu bitten. Andere schlugen vor, in die Ferne zu segeln, obwohl ich sagen muss, dass nicht wenige Leute reumütig und bedrückt aussahen, weil sie sich bewusst machten, was sie angerichtet hatten. Es war zwar ihre Absicht gewesen, Hart abzusetzen, aber kaum einer hatte sich Gedanken gemacht, wie es dann weitergehen sollte. Doch dann waren Stuckey und seine Gesellen begeistert von der Idee, den Kommandanten auszupeitschen, den sie in ihrer Gewalt hatten. ›Für Aldrich‹, wie es hieß. Ehe die meisten begriffen, was geschah, wurde Hart auch schon an eine Gräting gefesselt. Stuckey verrenkte sich fast den Arm, so groß war sein Zorn. Nie habe ich so eine brutale Auspeitschung gesehen. Stuckey sank danach auf die Planken und rang nach Luft. Und dann stand fest, dass es nach Brest gehen sollte. Denn die Admiralität würde alles dransetzen, um die Meuterer zu verfolgen, das war jedem bewusst. Einige wollten auch Franks und Landry auspeitschen, aber da kam Aldrich an Deck und ermahnte die Männer, nicht noch mehr Leute auszupeitschen, schon gar nicht in seinem Namen. Er wollte noch mehr sagen, fiel dann aber in Ohnmacht und musste wieder ins Lazarett getragen werden.«
»Was ist aus ihm geworden?«, fragte Hayden.
»Die Meuterer wollten ihn nicht hergeben und meinten, er wäre einer von ihnen. Obwohl ich das nicht glaube. Man setzte uns ganz schön zu, als wir auf den Planken lagen. Jeder Matrose, der noch mit irgendeinem an Bord eine Rechnung offen hatte oder immer noch voller Wut war, suchte sich einen wehrlosen Mann, den er tyrannisieren konnte. Da war es eine Erleichterung, als es hieß, man wolle uns in Boote setzen. Denn die Aussicht, noch länger in der Gewalt dieser brutalen Bande sein zu müssen, erschütterte selbst den Stärksten unter uns.«
»Ich bin überrascht, dass die Meuterer Sie nicht mitgenommen haben, damit die Franzosen Sie in ein Gefängnis stecken.«
»Darüber waren wir auch überrascht, aber Stuckey wollte uns loswerden, als hätte er Angst, wenn wir noch länger an Bord blieben.«
»Da die Meuterer sich nicht einig waren, war Stuckeys Entscheidung vielleicht klug, falls man einen solchen Mann überhaupt als klug bezeichnen kann.«
»Ja, er hat uns alle überrascht.«
»Gewiss, denn Stuckey gehörte zu den Leuten, die sich in Plymouth gegen die Unzuverlässigen stellten.«
Das schien Hawthorne zu beunruhigen. »Stimmt, aber jetzt sieht es so aus, dass Stuckey und einige andere nur deshalb versuchten, die Bittschrift zu verhindern, weil sie andere Pläne verfolgten. Sie wollten Hart gar nicht absetzen, denn Hart war der wichtigste Teil ihres Vorhabens. Er provozierte die Matrosen, sodass sich Stuckey und die anderen den Zorn der Mannschaft zunutze machen konnten. Als dann Aldrich ohne Grund ausgepeitscht wurde, wuchs der Groll der Besatzung weiter an. Stuckey hat uns alle zum Narren gehalten.«
Das erschütterte Hayden zutiefst. Er hatte die Situation völlig falsch eingeschätzt. »Sie müssen sich mit Mr Barthe zusammensetzen und mit dem Doktor eine Liste der Männer aufstellen, die auf beiden Seiten gefallen sind. Alle müssen genannt werden, die Meuterer, die Männer, die loyal zu Hart standen, und andere wie Aldrich, die krank waren und deshalb nicht Partei ergriffen haben.«
»Ja, das werden wir tun. Es gibt da einen, der gesondert in die Liste eingetragen werden müsste.«
»Von wem sprechen Sie?«
»Von Giles.«
»Vom jungen Giles? Dem Hünen?«
Hawthorne nickte. »Er kämpfte weder gegen noch mit den Meuterern, sondern versteckte sich einfach. Später wollte er mit in die Boote, aber Stuckey erlaubte es nicht und meinte, ein Mann, der seinen Kameraden umgebracht habe, solle besser bei den Meuterern bleiben. Doch die anderen drangsalierten Giles, weil er ihnen nicht geholfen hatte. Mr Barthe setzte sich noch für Giles ein und wollte,
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