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Unter feindlicher Flagge

Unter feindlicher Flagge

Titel: Unter feindlicher Flagge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sean Thomas Russell
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dass er ins Boot stieg, aber Stuckey ließ es nicht zu. ›Den wollen Sie sowieso nicht‹, sagte der alte Bill mit einem Grinsen in seinem hässlichen Gesicht. ›Er war es, der Penrith getötet hat. Er und kein anderer, doch der arme McBride musste dafür büßen‹.«
    Hayden schwieg einen Moment lang. »Und, haben Sie ihm geglaubt?«
    »Keinen Augenblick, aber dann sah ich, wie der Junge den Kopf hängen ließ. ›Sag ihnen, dass du es nicht getan hast!‹, rief ihm einer der Midshipmen zu, denn sie mochten den Burschen, aber Giles schwieg. ›Oh, er hat's getan‹, sagte Stuckey. ›Der alte Penrith brachte Giles dazu, seinen Namen unter die Petition zu setzen. Und als Giles dann zur Besinnung kam, konnte er die Unterschrift nicht mehr ungeschehen machen. Giles und Penrith hatten eine kleine Meinungsverschiedenheit oben auf der Rah, und Penrith ging dann schwimmen, oder?‹ Stuckey hielt sich wohl für besonders lustig. Sie behielten Giles an Bord, und er sah schuldbewusst aus.«
    Hayden spürte, wie ihm innerlich kalt wurde. »Fest steht, dass der Junge nicht für sich selbst sprechen durfte. Ich würde mich nicht auf das Wort eines Bill Stuckey verlassen. Er könnte den Mord selbst begangen haben und gibt Giles jetzt die Schuld.«
    Hawthorne sah nicht überzeugt aus. »Warum sollte Stuckey versuchen, den Kopf aus der Schlinge zu ziehen? Die Navy wird ihn ohnehin hängen, wenn sie ihn je fasst.«
    »Das stimmt. Dennoch, der Mann ist ein Lügner und ein Feigling. Die gute Nachricht ist: Wenn die Meuterer einen unerfahrenen Mann wie Stuckey zum Kommandanten ernannt haben, werden sie nicht weit kommen.«
    Wickham eilte zu ihnen. »Mr Hayden, Kapitän Hart möchte Sie sprechen, Sir.«
    Hayden warf einen Blick auf den Leutnant der Seesoldaten, der nur eine Braue hochzog. »Wenn Sie mich entschuldigen würden, Mr Hawthorne ...«
    Der Leutnant der Seesoldaten verbeugte sich kurz.
    Das Lazarett war vorn auf dem Kanonendeck eingerichtet worden, unterhalb des Vorderdecks. Doch man würde die Hängematten wieder abhängen müssen, um das Schiff gefechtsbereit zu machen. Der Gestank stieg Hayden in die Nase, als er über den vorderen Niedergang nach unten ging. Der stechende Geruch von Alkohol und Arzneien vermischte sich mit dem Geruch von Verwesung und schwärenden Wunden. Die Matten waren in Reihen aufgehängt, aber so dicht, dass der Arzt und seine Gehilfen kaum dazwischen Platz hatten. Durch die Gitterluke oben an der Decke fiel etwas Licht auf die langsam schwankenden Hängematten. Laternen spendeten zusätzliches Licht in den dunkleren Winkeln, aus denen leises Stöhnen und gelegentliche Schmerzensschreie kamen.
    Hayden entdeckte weiter vorn Landry und bahnte sich seinen Weg an den Hängematten vorbei. Dabei versuchte er, den Männern mit einem Lächeln Hoffnung zu machen, obwohl er stark an sich halten musste, sich sein Entsetzen nicht anmerken zu lassen. Viel lieber wäre er gleich wieder an Deck gestiegen, um die Eindrücke aus dem Lazarett im hellen Sonnenschein und der frischen Luft abzuschütteln.
    Neben der Hängematte, in der Hart lag, stand Griffiths. Man hatte die Matte des Kommandanten mit einem aufgespannten Segeltuch notdürftig von den anderen Hängematten getrennt. Der Schiffsarzt verteilte eine glänzende Flüssigkeit auf dem zerfetzten Rücken des Kommandanten, wahrscheinlich Olivenöl. Hart grunzte und stöhnte ohne Unterlass, murmelte Flüche oder Gebete - eins ging in das andere über. Landry, sehr blass im Gesicht, machte Hayden Platz.
    Griffiths hatte das Öl verteilt und nickte. »Kapitän Hayden«, murmelte er.
    Hart drehte sich ein wenig, damit er Hayden zumindest aus den Augenwinkeln sehen konnte. Das stets gerötete Gesicht erschien nun glühend dunkelrot. »Was höre ich da, Hayden? Sie haben vor, der Themis nachzujagen?«
    »Das ist korrekt, Kapitän Hart. Ich hoffe, sie einholen zu können, ehe sie in den Hafen von Brest läuft.«
    »Sie werden nichts dergleichen unternehmen!«, empörte sich Hart. »Wollen Sie, dass wir alle getötet werden? Wir hatten Glück, mit dem Leben davonzukommen. Sie werden Kurs auf Plymouth setzen, und zwar unter vollen Segeln.«
    »Bei allem Respekt«, sagte Hayden ruhig, »ich habe die Absicht, die Meuterer zu jagen und ihr Schiff zu entern oder, falls nötig, zu versenken.«
    »Verflucht seien Sie für Ihre Unverschämtheit, Sir!«, donnerte Hart. »Ich bin Ihr vorgesetzter Offizier. Sie werden meine Befehle ausführen, oder ich lasse Sie Ihres Postens

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