Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Unter feindlicher Flagge

Unter feindlicher Flagge

Titel: Unter feindlicher Flagge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sean Thomas Russell
Vom Netzwerk:
an Bord schien Ordnung zu herrschen, keine trunkene Anarchie, wie man vielleicht hätte erwarten können. Die vier bleichen, farblosen Flecke an der Heckreling waren zweifelsohne Meuterer, die durch die gestohlenen Gläser der Offiziere spähten.
    »Machen die alles klar zum Gefecht, Mr Wickham?«
    »Ich denke, ja. Die Stückpforten an Steuerbord öffnen sich.«
    »Sie haben gerade genug Männer, um an einer Seite des Schiffes zu kämpfen, und selbst dann haben die Geschützbedienungen zu wenig Männer.«
    »Was sollen wir machen?«
    »Signalisieren Sie unserem Schwesterschiff, die Steuerbordbatterie klarzumachen. Derweil greifen wir an Backbord an und lassen die Franzosen ein oder zwei Breitseiten abfeuern. Dann kommen wir längsseits und entern die Themis, obwohl ich glaube, dass sie sich längst ergeben haben wird.«
    »Vielleicht streichen sie die Flagge, um zu verhandeln. Wenn sie wirklich vorhaben, sich den Behörden in Brest auszuliefern, warum dann nicht gleich auf offener See?«
    »Weil durchaus die Gefahr besteht, dass der französische Kommandant sie dennoch als Prise nehmen wird. Und das bedeutet französische Gefangenschaft bis zum Ende der Feindseligkeiten. Später werden sie wieder nach England gebracht und dem Henker übergeben.«
    »Sie haben gewiss recht, Sir, aber Stuckey und seine Leute denken gewiss nicht so weit im Voraus. Männer hängen oben an den Rahen und setzen Bramsegel, wie mir scheint, Mr Hayden.«
    Hayden beobachtete, dass dort keine erfahrenen Vollmatrosen am Werk waren, doch schließlich blähten sich am Groß- und Fockmast die Bramsegel im leichten Wind.
    »So viel steht fest, sie versuchen, nach Brest zu entkommen, und lassen die Trikolore wehen. Gar nicht so dumm. Glauben Sie immer noch, dass wir im Augenblick das schnellere Schiff haben, Mr Wickham?«
    »Ich möchte nichts Schlechtes über die Themis sagen, Sir, aber ich denke, wir sind schneller.«
    »Das werden wir ja sehen.«
    Hayden eilte zurück zum Quarterdeck, wo sich Landry und Barthe gerade mit Hawthorne unterhielten. »Mr Barthe, sind Sie mit unserer Geschwindigkeit zufrieden? Die Themis hat beschlossen, es bis nach Brest zu schaffen. Können wir sie einholen?«
    »Ich werde die Leesegel wieder setzen lassen, Sir.«
    »Danke, Mr Barthe.« Hayden sah, dass Archer die französische Fregatte durch sein Fernrohr beobachtete. »Mr Archer, wie läuft es mit dem Signalaustausch?«
    Der Zweite Leutnant klemmte sich das Glas unter den Arm und salutierte. »Recht gut, Mr Hayden. Sie haben sich eben zu erkennen gegeben. Wir haben es mit der La Rochelle zu tun, Sir. Mr Barthe meint, es ist ein neuer Achtunddreißiger, der schon länger nicht mehr in diesen Wassern gekreuzt ist. Eher bei den westindischen Inseln, glaubt er.«
    Hayden nahm die Fregatte erneut durch die Linse in Augenschein - denn jetzt, da es merklich heller wurde, war das Schiff besser zu erkennen. Es sah wirklich danach aus, dass es eben den Atlantik überquert hatte. Die Farbe war stumpf und stellenweise abgeblättert, der Rumpf schien es nötig zu haben, wieder mit Werg abgedichtet zu werden.
    »Ausgezeichnet«, sagte Hayden zu sich.
    »Verzeihung, Sir?«
    »Hoffen wir, dass Mr Barthe recht hat. Wenn sie gerade erst den Atlantik überquert hat, dann werden sie noch nicht wissen, dass die Dragoon von britischen Seeleuten erobert wurde. Ihr Rumpf muss überholt werden. Mag sein, dass die Mannschaft noch vollzählig ist, aber mit einem faulen Rumpf werden sie im Nachteil sein, sollten sie uns verfolgen wollen. Bleibt zu hoffen, dass die Themis die La Rochelle nicht überholt. Ich verlasse mich auf ihre Hilfe.«
    »Sollen wir uns auch zu erkennen geben, Sir? Ich habe den Code hier im Buch.«
    »Ja, tun Sie das, Mr Archer. Wir wollen ja nicht, dass sie uns plötzlich misstrauen.«
    Falls der Rumpf der La Rochelle faul war, so merkte man es dem Schiff nicht an. Sie setzte so viele Segel wie Haydens Prise und behauptete ihre Position in dem kleinen Dreieck, das die drei Schiffe in der grauen See bildeten.
    Nach und nach vertrieb die warme Sonne die letzten Nebelschwaden und gab den Blick frei auf die Themis in all ihrem meuterischen Glanz.
    »Wenn wir den verdammten Nebel verfluchen, will er nicht weggehen«, schimpfte Barthe. »Und wenn wir ihn gerade brauchen, verflüchtigt er sich.«
    »Steuermann«, sagte Hayden, »ein Strich steuerbord. Der Franzose darf nicht näher herankommen.« Wickham hatte Hayden ins Grübeln gebracht. Denn es stimmte, dass nur Hayden als

Weitere Kostenlose Bücher