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Unter feindlicher Flagge

Unter feindlicher Flagge

Titel: Unter feindlicher Flagge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sean Thomas Russell
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schwankte unvorhergesehen.«
    »In der Tat, Mr Baldwin. Ich werde aufs Quarterdeck gehen und den Steuermann ablösen.«
    Der Geschützführer tippte an seine Stirn. Hayden begab sich nach achtern, ging aber betont gelassen über die Gangway, da er seinen Leuten Sicherheit vermitteln wollte, obwohl die Kugel eine Planke auf Deck zerschlagen hatte. Hayden ignorierte die Stelle, spürte aber, dass sich sein Pulsschlag beschleunigt hatte.
    Schließlich rief er nach einem anderen Mann für das Steuerrad. Der Maat des Masters eilte herbei, obwohl er rot unterlaufene Augen hatte und ganz blass aussah.
    »Hatten Sie genug Pause am Ruder, Mr Dryden?«, fragte Hayden ein wenig besorgt.
    »Das geht schon, Sir, keine Sorge. Sie lässt sich gut steuern und bleibt auf Kurs.«
    »Ich hoffe, wir können unser Schiff zurückerobern, damit jeder wieder auf seine Position kann. Dann werde ich Mr Barthe sagen, dass er Sie zunächst nicht für die Wache einteilen soll, damit Sie sich ausruhen können.«
    Der Mann schien sich zu freuen und salutierte stumm. Hayden ahnte, dass die meisten Männer genauso müde waren wie Dryden, und bekam fast ein schlechtes Gewissen, da er sich zuvor in seiner Koje ausgeruht hatte.
    »Gab es noch weitere Signale von unserem Schwesterschiff, Mr Archer?«
    »Sie kommt Ihrer Bitte nach, den Feind - äh - die Themis anzugreifen, Sir.« Der für gewöhnlich etwas träge Archer spähte durch sein Glas, das Signalbuch unterm Arm. »Ich schaue die ganze Zeit nach Anzeichen, dass sie uns misstrauen, Sir. Ein Offizier späht ab und zu durch sein Glas zu uns herüber, aber ich glaube, dass sie unsere Tarnung noch nicht durchschaut haben.«
    Auf dem Vorderdeck bellte wieder das Geschütz, und nach Sekunden angespannter Stille jubelten die Männer an Deck. Als Hayden sein Fernrohr auf die Themis richtete, sah er im Kreis der Linse, dass auf dem Quarterdeck heilloses Durcheinander herrschte.
    »Wie es scheint, schulde ich Mr Baldwin eine halbe Krone«, sagte Hayden zufrieden.
    Das unbeschädigte Heckgeschütz der Themis feuerte dennoch. Die Kugel rauschte durch die Marssegel, richtete aber ansonsten keinen größeren Schaden an, obwohl das Kreuzbramsegel einen Riss erhielt.
    »Mr Barthe?«, rief Hayden, wobei er achtgab, nicht zu laut zu sein.
    »Ich kümmere mich darum, Mr Hayden«, erwiderte der Master und lief schon über die Gangway.
    Ganz allmählich näherten sie sich dem Heck der Themis. Inzwischen konnte man die Meuterer gut erkennen. Durch das Fernrohr sah Hayden die blassen und angespannten Gesichter. Nun unternahmen die Flüchtenden den kläglichen Versuch, ihre Leesegel zu setzen, aber das nützte ihnen nichts mehr. Die Dragoon holte auf, und das wussten die Meuterer.
    »Wenn die Themis nach backbord schert, Mr Dryden, müssen wir ihr folgen. Wir dürfen nicht zulassen, dass sie uns eine Breitseite gibt, ohne dass wir entsprechend antworten können.«
    »Ich werde darauf achten, Mr Hayden. Ich lasse mich doch nicht von einer Landratte wie Stuckey über den Tisch ziehen.«
    Muhlhauser stand an Backbord an der Heckreling und sah aus wie ein gehetztes Wild. Hayden erkannte, dass sich der Gast absichtlich so hingestellt hatte, dass er die Masten zwischen sich und dem Kanonenfeuer der Themis hatte. Hayden kam es ein wenig befremdlich vor, dass der Mann vom Waffenamt, der eigentlich die Aufgabe hatte, Geschütze zu entwickeln, die den größtmöglichen Schaden anrichten sollten, derart verängstigt war. Aber Muhlhauser erlebte zum ersten Mal, was es hieß, unter feindlichem Beschuss zu stehen.
    »Wie geht es Ihnen, Mr Muhlhauser?«, fragte Hayden in verbindlichem Ton.
    »Die Kugel, die vorhin über das Deck flog, hätte mich beinahe erwischt, Mr Hayden. Wäre ich nicht zur Seite gesprungen, hätte sie mich getroffen, da bin ich mir ganz sicher.«
    »Davon weiß manch ein Seemann zu berichten, Mr Muhlhauser. In solchen Augenblicken merkt man immer, wie nah Leben und Tod beieinander liegen.« Hayden bemühte sich, recht freundlich zu lächeln. »Mir fiel ein, dass ein Mann mit Ihrem Wissen eine große Hilfe auf dem Kanonendeck wäre. Ich bin mir sicher, dass die Geschützführer Ihre Unterstützung zu schätzen wissen. Und Sie sehen ja, dass wir leider viel zu wenig Männer an Bord haben.«
    Muhlhauser nickte. »Ich werde tun, was ich kann, Mr Hayden.« Zögerlich löste er sich von seinem Platz an der Reling, blieb dann jedoch stehen. »Wenn die großen Geschütze feuern, braucht man schon Mut, auf dem Quarterdeck

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