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Unter feindlicher Flagge

Unter feindlicher Flagge

Titel: Unter feindlicher Flagge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sean Thomas Russell
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göttlichen Ziel. Vetternwirtschaft und Beziehungen jedoch sind Erfindungen des Menschen und dienen nur den engstirnigen Zielen einiger weniger und nicht dem Wohl der Nation.« Sie geleitete den Gast zu einem Stuhl und nahm neben ihm Platz. »Mein verstorbener Gatte, Admiral Hertle, wusste fähige und wagemutige Offiziere zu schätzen und war stets darum bemüht, die Karrieren der jungen Männer voranzubringen. Wäre er heute noch am Leben, würde er Ihnen seine Hilfe anbieten, dessen bin ich mir sicher. Denn Ungerechtigkeit war für ihn ein Graus.«
    »Die Meinung eines so respektablen Offiziers wäre schon Belohnung genug, Lady Hertle.«
    Sie schenkte ihm ein jugendlich anmutendes Lächeln.
    »Er ist nicht von Natur aus so charmant«, ließ sich da eine Stimme vernehmen. Hayden drehte sich um und sah, dass Mrs Hertle und ihre Cousine von der Terrasse zurückkehrten. »Unverbindliche Plauderei ist nicht seine Stärke, lass mich dich warnen.«
    »Die Männer der Navy sind mir gut vertraut, Elizabeth, und benehmen sich so passabel wie andere Herren. Ich möchte betonen, dass ich mich selbst auch nicht so gut auf unverbindliche Plauderei verstehe. Und ihr beide, Gott sei Dank, auch nicht«, sagte sie zu den beiden jungen Frauen gewandt.
    »Tante, du überraschst mich. Ich kann sehr wohl über Mode, Droschken, unbedeutende Veranstaltungen, Beziehungen oder kleine Schwächen plaudern ...«
    »Der sagt dies, dieser sagt das«, fügte Henrietta hinzu.
    »Und ich weiß bestens Bescheid, was man sich so bei Hofe erzählt.«
    »Das nehme ich dir nicht ab, meine Liebe.«
    Henrietta ließ sich auf einen Stuhl sinken. »Ich bin ganz erschöpft von diesem unverbindlichen Geplauder.«
    »Oh, ich auch«, pflichtete Mrs Hertle ihr bei. »Werden wir denn noch zu Abend essen, Tante, oder willst du uns verhungern lassen?«
    »Ist das Betragen meiner Nichte nicht recht ungehörig, Leutnant Hayden? Und Henrietta, mit der ich entfernt verwandt bin, ist auch nicht viel besser. Zu meiner Zeit hätte man bei einem solchen Benehmen hinter vorgehaltener Hand getuschelt. Wissen Sie, wie man mich hinter meinem Rücken nannte?«
    »Nein, Lady Hertle«, log Hayden.
    »Tante Bill! Können Sie sich diese Unverfrorenheit vorstellen? Ich, die Witwe eines Admirals, dem die Ehre zuteil wurde, zum Großen Kommandanten des Ordens von Bath ernannt zu werden!«
    »Entsetzlich.«
    »Oh, Tante«, brachte Mrs Hertle mit einem Lachen hervor. »Henrietta sagt, dass die feinen Damen im Umkreis des Prinzen von Wales völlig schamlos sind. Ja, sie tragen Gewänder, die so freizügig sind, dass jeder Mann in London über Dinge Bescheid weiß, die sonst nur ein Ehemann wissen kann. Du kannst nicht unser Benehmen skandalös nennen, wenn sich Schamlosigkeit bereits in den hohen Kreisen etabliert hat.«
    Lady Hertle fächelte sich affektiert Luft zu. »Da bin ich aber froh, dass ich in meinem bescheidenen Heim lebe, weitab von derartigen Darbietungen.« Ein Bediensteter trat ein und verbeugte sich vor der Hausherrin. »Offenbar kann ich euch doch noch mit einem Abendessen erfreuen, Elizabeth. Das Schicksal des Verhungerns ist uns noch einmal erspart geblieben.«
    Das Speisezimmer war geräumig, wenn auch nicht so prächtig wie in manchen Stadtvillen. Dennoch handelte es sich um einen gemütlichen, elegant ausgestatteten Raum mit einem großen Esstisch aus Teakholz, der gewiss von einer Reise in den fernen Osten stammte. In einer Glasvitrine von beträchtlicher Größe stand Tafelsilber, das der verstorbene Admiral für seine Verdienste erhalten hatte.
    Das Dinner war eher britisch gehalten, oder englisch, um genau zu sein. Hayden hatte sich längst mit der Küche seines Vaterlandes abgefunden. Alles in allem waren die Speisen natürlich besser als das Essen bei der Navy. Es gab eine Suppe, einen Gang mit Fisch, gebratene Ente mit Spargel und Erbsen, etwas Wildbret und Kiebitzeier in Aspik - alles à la russe serviert, ein Gang nach dem anderen. Dazu Sherry, Madeira, ein Schokoladenkonfekt, Kaffee und Walnüsse.
    Die Bediensteten erwiesen sich nicht alle als sonderlich geschickt. Hayden vermutete sogar, dass es sich bei einem Diener in Wirklichkeit um den Gärtner handelte, der für den Anlass in die Livree geschlüpft war. Die Tischgesellschaft war so überschaubar, dass sich kaum eine Gelegenheit für ein Tete-a-Tete bot, doch man hatte Hayden zu seiner Freude den Platz neben Henrietta zugewiesen, deren Gegenwart er förmlich spüren konnte, als glühte sie wie

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