Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Unter feindlicher Flagge

Unter feindlicher Flagge

Titel: Unter feindlicher Flagge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sean Thomas Russell
Vom Netzwerk:
stellvertretend für andere niedergeschrieben.
    »Sie haben eine Kanone auf dem Schiff des Admirals abgefeuert, Sir.«
    »Ich bin gleich bei Ihnen.« Hayden suchte alle Unterlagen zusammen und ordnete sie sorgsam. Perse schlug alles in Ölzeug ein, damit nichts nass werden konnte. Daraufhin nahm Hayden seinen Hut und stieg an Deck, wo er die anderen Offiziere der Themis traf. Alle trugen ihre besten Uniformen. Einige versuchten zu lächeln, scheiterten jedoch kläglich. Das Bemühen einiger, die Kameraden aufzumuntern, wirkte furchtbar gezwungen. Hayden hatte die Männer noch nie so verzweifelt gesehen, nicht einmal vor einem Gefecht.
    Sie nahmen ihre Plätze in den Beibooten ein und ließen sich rasch zu dem Vierundsiebziger hinüberrudern, der für die kommenden Tage als Ort des Gerichts dienen würde. Obwohl Hayden bei der Anklage nicht namentlich genannt wurde, da er an Bord der Prise gewesen war, hatte er ein ungutes Gefühl. Die ganze Angelegenheit war mehr als schändlich, und er ahnte, dass die kommenden Verhandlungstage das Ende seiner Karriere bedeuten würden.
    Am Vorabend hatte Hart eine Nachricht geschickt und darum gebeten, dass seine Gig eine Viertelstunde vor Beginn des Kriegsgerichts ablegen sollte. Bald erblickte Hayden das Boot. Er sah die angespannten, freudlosen Gesichter der Rudergasten, die sich schweigend in die Riemen legten. Hart, Landry und Sir Hubert Chatham saßen auf der achteren Ducht.
    »Etwas langsamer, Mr Childers«, sagte Hayden zu dem Bootssteuerer, der Hayden zuvor gebeten hatte, Hart nicht abholen zu müssen. »Der Kapitän soll vor uns an Bord gehen.«
    So warteten sie, während Hart langsam und mit schmerzverzerrtem Gesicht die Jakobsleiter hinaufkletterte.
    »Wie gut hat er sich erholt?«, fragte Hayden Griffiths, aber der Doktor schüttelte den Kopf.
    »Besser als Aldrich, dessen Gesundheit ruiniert ist, wie ich fürchte.«
    Kurz darauf kletterten auch sie die Bordwand hinauf. Alle Offiziere außer Hayden und Wickham wurden in die Obhut des Provost Marshals, des Kommandeurs der Militärpolizei, gegeben.
    »Viel Glück«, sagte Hayden zu den Männern, da er und Wickham - der ebenso wie er namentlich nicht in den Listen geführt wurde - lediglich Zuschauer sein würden und von den Angeklagten getrennt wurden.
    Wenig später kam der Rest der Besatzung an Bord: diejenigen, die von der Themis in die Boote gestiegen waren. Denn das Gericht wollte von jedem Einzelnen hören, was er während der Meuterei getan hatte. Schon die Offiziere wirkten eingeschüchtert, aber die Besatzungsmitglieder sahen erst recht verzweifelt aus. Hayden trat zu den Männern und versuchte, sie noch aufzumuntern, und beteuerte, sie hätten nichts zu befürchten. Viele der Besatzungsmitglieder waren bei der Verteidigung des Schiffes verwundet worden und trugen daher immer noch Verbände, ein Umstand, den das Gericht in Rechnung stellen würde.
    In der Kapitänskajüte waren die Zwischenwände entfernt worden. Drei Tische hatte man vor den Fenstern der Heckgalerie aufgereiht. An diesem Tag fiel helles Herbstlicht durch die Fenster. Das vom Wasser reflektierte Glitzern spiegelte sich an der weiß getünchten Decke der Kajüte. Die zwölf Kapitäne, die das Gremium bildeten, nahmen ihre Plätze an den Tischen ein, und in der Mitte saß Admiral Fredrick Duncan, der zurzeit älteste Admiral. Gegenüber von Admiral Duncan, den Fenstern zugewandt, stand ein Tisch für den Rechtsoffizier, der die Anklage vertrat. An einer Seite befand sich ein kleines Schreibpult, wo die Rechtsberater der Angeklagten schnell mit ihren Klienten sprechen konnten.
    Weiter hinten, abgetrennt durch herabhängende Taue, hatte man Stühle aufgereiht, auf denen die Zuschauer Platz fanden. Die Mannschaft der Themis versammelte sich hinter dem Rechtsoffizier: die Offiziere und jungen Gentlemen vorn, dahinter die Deckoffiziere und schließlich die gewöhnlichen Besatzungsmitglieder. Jeder würde die Aussage der anderen hören, ein Zugeständnis, das den Meuterern nicht vergönnt war. Ihnen würde in den kommenden Tagen gesondert der Prozess gemacht.
    Ehe in der großen Kabine um Ruhe gebeten wurde, erschien Muhlhauser und setzte sich mit einem geflüsterten Gruß auf den Lippen neben Hayden. Immer noch trug er den Arm in der Schlinge, schien sich aber ansonsten erholt zu haben.
    Zunächst sprachen die Kapitäne ihren Schwur. Ehrfurchtsvoll schaute Hayden zu diesen Herren, da alle bis auf einen hochrangige Offiziere waren und Linienschiffe

Weitere Kostenlose Bücher