Unter feindlicher Flagge
Lachen, was Hart sichtlich verunsicherte. Unruhig und mit vor Zorn geröteten Wangen rutschte er auf seinem Stuhl hin und her. Hayden jedoch war so erbost, dass er angesichts dieser Prahlerei kein Lächeln zustande brachte. Doch zumindest in Kapitän Gardner schien er einen heimlichen Fürsprecher zu haben.
Bainsbridge wartete, bis wieder Ruhe eingekehrt war, und fragte dann: »Sie wurden also völlig überrascht, Kapitän Hart? Vor dieser Nacht gab es demnach keinen Vorfall, der Anlass zu der Befürchtung hätte geben können, dass es an Bord Ihres Schiffes aufrührerische Tendenzen gab?«
»Nein, Sir. Zugegeben, die Besatzung war während meiner Abwesenheit trotzig und disziplinlos geworden, und dennoch traf die Meuterei sämtliche Offiziere vollkommen unvorbereitet. Hätte es irgendeinen Grund gegeben, auch nur die Möglichkeit einer Meuterei in Betracht zu ziehen, dann hätte ich mehr Wachen aufstellen lassen und meine Offiziere angehalten, die Augen offen zu halten.«
Bainsbridge nickte und schien sich mit der Antwort zufriedenzugeben.
»Wenn ich das Wort ergreifen darf«, unterbrach der Rechtsoffizier. »Ich gehe gerade Ihre Listen durch, Kapitän Hart, und sehe, dass Sie den Namen Aldrich in der Spalte der Meuterer eingetragen haben. Doch da ist auch ein Aldrich in der Krankenliste des Schiffsarztes. Ihren Worten zufolge nahmen die Männer aus dem Lazarett nicht an der Meuterei teil. Gibt es da zwei Seeleute mit dem Namen Aldrich?«
»Nein, nur einen, und dieser gehörte zu den Rädelsführern. Er war aber zurzeit der Meuterei tatsächlich im Lazarett.«
Gardner, der nach Haydens Dafürhalten wenig erfreut war, an dieser Verhandlung teilzunehmen, ließ in diesem Punkt nicht locker. »Wenn er im Lazarett war, Kapitän Hart, wie können Sie dann so sicher sein, dass er an der Meuterei beteiligt war?«
»In meinem Bericht, den Sir Hubert vortrug, wies ich darauf hin, dass der Meuterer William Stuckey, ehe er mich schlug, sagte, er tue dies für Aldrich. Kurz darauf erschien Aldrich persönlich an Deck und verbot den Meuterern, noch mehr Leute auszupeitschen. Alle gehorchten ihm sofort. Außerdem, Sir, war dieser Aldrich wenige Tage zuvor aufgrund von aufrührerischen Äußerungen ausgepeitscht worden.«
Sir Hubert bedachte seinen Mandanten mit einem scharfen Blick und hüstelte.
Gardner hob eine Augenbraue. »Sie ließen einen Mann, den Sie soeben als Meuterer bezeichneten, auspeitschen, da er sich einer aufrührerischen Ausdrucksweise bediente? Doch Sie beteuerten vorhin, es habe keinen Anlass zu der Befürchtung gegeben, Ihre Besatzung sei aufrührerisch. Wenn ein Mann wegen meuterischer Sprache ausgepeitscht wird, ist das dann nicht ein Anzeichen dafür, dass Ihre Besatzung zumindest von Meuterei sprach?«
Ehe Hart darauf eingehen konnte, schaltete sich Bainsbridge ein. »Ich denke, wir haben längst festgehalten, dass weder Kapitän Hart noch seine Offiziere von einer Meuterei wussten. Es kommt immer vor, dass Männer wegen aufrührerischen Äußerungen ausgepeitscht werden. Das heißt indes noch lange nicht, dass auch immer eine Meuterei folgt.«
»Das stimmt zwar«, entgegnete Gardner, »aber in diesem Fall kam es zu einer Meuterei. Es ist unsere Aufgabe, die Ursachen dieser Meuterei zu ergründen, und wenn ein Mann aus dem eben genannten Grund ausgepeitscht wurde, hat dieser Vorfall sehr wohl etwas mit dem Sachverhalt zu tun.«
»Ich stimme in diesem Punkt mit Kapitän Gardner überein«, sagte Admiral Duncan. »Hören wir, was Kapitän Hart zu den Umständen der Auspeitschung dieses Aldrich zu sagen hat.«
Hart räusperte sich und rutschte wieder auf seinem Stuhl hin und her.
»Für die exakten Daten müsste ich jetzt einen Blick in meine Aufzeichnungen werfen, meine Herren. Aber es soll genügen, wenn ich sage, dass mir zugetragen wurde, dass Aldrich - der zu den Vollmatrosen gehört - ein bestimmtes aufrührerisches Pamphlet des Revolutionärs Thomas Paine besaß. Zudem erfuhr ich, dass er den anderen Matrosen daraus vorgelesen hatte, was zu Zwistigkeiten und großer Unzufriedenheit führte. Aus diesem Grund ordnete ich die Auspeitschung dieses Mannes an.«
Gardner blickte ein wenig verwirrt drein. »Und wie genau haben Sie erfahren, dass Aldrich im Besitz dieses Pamphlets war, Kapitän?«
»Das berichtete mir mein Zweiter Leutnant, Mr Landry.«
»Aber woher wusste Mr Landry davon?«
»Was tut es zur Sache, woher er davon erfuhr?«, beklagte sich Bainsbridge.
»Kapitän Bainsbridge«,
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