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Unter feindlicher Flagge

Unter feindlicher Flagge

Titel: Unter feindlicher Flagge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sean Thomas Russell
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gebildet sind als Sie und Sie womöglich noch missverstehen, dann wird keiner mehr auf Ihrer Seite sein.«
    Aldrich nickte wieder, obwohl Hayden immer noch das Gefühl hatte, dass dieser Mann nicht ahnte, wie prekär die Lage war. Hatte er denn aus der Auspeitschung nichts gelernt? Unschuld würde ihn jetzt nicht schützen.
    Hayden verließ das Lazarett, nunmehr doppelt besorgt. Denn auch seine eigene Situation war alles andere als klar. Offensichtlich besaß Hart Einfluss in dem Gremium der Kapitäne. Womöglich hatte sich eine Fraktion sogar heimlich abgesprochen, die Schuld auf ihn, Hayden, und Mr Barthe abzuwälzen. Denn der Master hatte schon einmal vor einem Kriegsgericht gestanden und war daher verdächtig. Die Ungerechtigkeit dieser ganzen Sache widerte Hayden zutiefst an. Am »Hofe« der Admiralität suchten sich die »Höflinge« einen Funktionär, dem sie die Schuld für ihre Fehler geben könnten - und Hayden war einer der Lakaien. Zumindest hatte der Erste Sekretär ihn als solchen behandelt.
    Als er das Zwischendeck erreichte, sah er Perseverance Gilhooly auf sich zukommen, der erleichtert war, endlich seinen Herrn zu finden.
    »Sir, ein Leutnant Janes bat gerade eben um Erlaubnis, an Bord kommen zu dürfen. Er möchte Sie sprechen. Er wartet an Deck auf Sie. Ich habe ihn in die Kajüte gebeten, aber er wollte nicht.«
    »Ich bin gleich bei ihm. Danke, Perse.«
    Kurz darauf stieg Hayden über den Niedergang an Deck. Die Luft war kühl, der Himmel von Sternen übersät. An der Reling traf er Leutnant Janes - den Mann, der Hayden vor Wochen an jenem unbeschwerten Tag in Plymouth zur Themis gebracht hatte. Alles schien schon so unendlich lange her zu sein.
    »Mr Janes. Was verschafft mir die Ehre?«
    Der Mann wandte sich ihm zu, und selbst im matten Licht der Sterne konnte Hayden sehen, wie ernst Janes dreinschaute.
    »Ich spiele heute Abend die Rolle des Boten, Mr Hayden. Seit wir uns das letzte Mal sahen, bin ich Dritter Leutnant an Bord der Goliath geworden -«
    »Auf Gardners Schiff?« Hayden war erstaunt.
    »Ja. Kapitän Gardner schickt mich mit der Bitte, ob Sie ihm den Gefallen erweisen würden, ihm an Bord der Goliath Gesellschaft zu leisten. Wenn es Ihnen recht ist ...«
    »Durchaus ...«, erwiderte Hayden und war noch überraschter als zuvor.
    Janes beugte sich ein wenig vor und fügte leise hinzu: »Damit meinte er wohl, dass Sie so schnell wie möglich kommen sollen, Sir. Mein Beiboot steht Ihnen zur Verfügung.«
    Hayden verneigte sich kurz. »Gestatten Sie, dass ich kurz meinen Rock hole und mit Mr Archer spreche. Wissen Sie, warum der Kapitän mich sprechen möchte?«
    »Leider nein, Sir.« Eine höfliche Lüge, wie Hayden glaubte.
    Keine halbe Stunde später stieg Hayden über die Jakobsleiter an Bord der Goliath, wo er rasch in Gardners erstaunlich üppig ausgestattete Kajüte geführt wurde. In dem großen Raum warteten jedoch nicht nur der Kommandant der Goliath auf ihn, sondern auch drei weitere Kapitäne des Gremiums: McLeod, North und Spencer. Die vier Offiziere saßen an einem Tisch, der offenbar eben abgedeckt worden war. Noch halb volle Weingläser und Kaffeetassen standen auf dem Tisch, daneben lagen einige gebundene Bücher - darunter auch Haydens Reiseaufzeichnungen. Wenn er nicht gewusst hätte, dass Gardner ein Freund von Philip Stephens war, wäre er äußerst beunruhigt gewesen, unter diesen Umständen auf die Goliath bestellt worden zu sein. Jetzt jedoch verspürte er ein Gefühl von Neugier, in das sich Erstaunen mischte.
    Da Hayden sah, dass die Herren soeben zu Abend gegessen hatten, rechnete er mit einer fröhlichen Tischrunde, stieß aber auf vier ernste Gentlemen, die beunruhigend nüchtern waren. Gardner erhob sich sogleich.
    »Mr Hayden«, begann er, »ich möchte Ihnen danken, dass Sie noch so spät am Abend kommen konnten. Und entschuldigen Sie, dass meine Einladung so kurzfristig kam. Nehmen Sie Platz. Die Herren hier kennen Sie ja bereits, doch ich möchte Sie dennoch miteinander bekannt machen.«
    Hayden verbeugte sich, während Gardner die Kapitäne der Reihe nach vorstellte. Dann nahm auch Hayden am Tisch Platz. In der Kabine waren weder Diener noch Musiker zugegen, was Hayden zu der Vermutung Anlass gab, dass die Kapitäne über heikle Dinge gesprochen hatten - unschwer zu erraten, worum es gegangen war.
    »Mr Hayden, erlauben Sie, dass ich offen spreche: Wir hoffen, dass Sie bereit sind, uns die Vorfälle genauer zu erläutern, die sich kürzlich an Bord

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