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Unter feindlicher Flagge

Unter feindlicher Flagge

Titel: Unter feindlicher Flagge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sean Thomas Russell
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erspart geblieben war - weder Wickham noch er selbst wurden als Zeugen aufgerufen, da sie damals nicht anwesend waren. Besonders froh war Hayden darüber, dass er bei dem mit Sicherheit zu erwartenden Vollzug der Strafe durch Erhängen nicht an Bord sein würde.
    »Werden Sie mit zu meinem Elternhaus kommen?«, fragte Wickham. »Ich bin sicher, dass sich Lord und Lady Westmoor sehr freuen würden, Sie kennenzulernen.«
    »Empfängt der Earl of Westmoor üblicherweise Leutnants, die aus dem Marinedienst entlassen worden sind?«
    »Er empfängt üblicherweise meine Freunde.«
    »Es ist sehr freundlich, dass Sie so von mir denken«, erwiderte Hayden. »Ich werde ganz gewiss kommen, wenn es nur irgend möglich ist. Wahrscheinlich werde ich nicht so bald einen neuen Offiziersposten bekommen und könnte daher frei über meine Zeit verfügen.«
    »Ist es das, was Ihnen solche Sorgen macht, Mr Hayden? Ob Sie einen neuen Offiziersposten bekommen?«
    »Ja, das und auch die Erkenntnis, dass ich mich in Bezug auf eine gewisse junge Dame ziemlich töricht verhalten habe.«
    »Aha, ich habe gehört, dass Sie Besuch von einer reizenden Frau hatten. Einige Tage lang hat man auf dem Deck der Midshipmen von nichts anderem gesprochen.«
    »Ich wusste nicht, dass die so indiskret sein können.«
    »O nein, Sir. Es war keine Respektlosigkeit beabsichtigt, weder Miss Henrietta noch Ihnen gegenüber. Die Midshipmen haben alle nur gesagt, dass die fragliche Dame Ihnen mit sehr großem Wohlwollen begegnet sei und dass Sie vom Glück außerordentlich begünstigt seien.«
    Hayden lehnte sich in seinem Sitz zurück, unfähig, seinen Kummer zu verbergen. »Ich möchte Ihnen sagen, Lord Arthur, wenn Sie sich jemals ernsthaft für eine Frau interessieren sollten, dann seien Sie nie unschlüssig. Es ist besser, abgelehnt zu werden, als dass eine Frau sich heimlich davonmacht in dem Glauben, Sie hätten kein Interesse an ihr. Nein, seien Sie nie zögerlich in Ihren Entscheidungen.«
    Wickham sah ihn mit einem seltsamen Ausdruck an, als fragte er sich, ob Hayden nicht vielleicht seinen Scherz mit ihm trieb. »Sie würden in Bezug auf eine Dame nie unschlüssig sein, Mr Hayden. Ich habe ja erlebt, dass Sie in einer kleinen Sloop geradewegs auf eine französische Fregatte lossteuerten, ohne auch nur einen Augenblick unentschlossen zu sein.«
    Hayden musste lächeln - sowohl über seine eigene Torheit als auch über Wickhams Worte. »Eine Frau flößt einem anscheinend mehr Furcht ein als eine Fregatte, Mr Wickham. Es bedarf nur einer einzigen verbalen Breitseite oder auch der geringsten Andeutung von Widerstand, und schon bin ich mit meinem Latein am Ende. Man sagt, dass jemand, der auf dem Quarterdeck ein wahrer Haudegen ist, im Ballsaal der Schüchternste sein kann.«
    »Nun, Mr Hayden, ich bin viel zu jung und in diesen Dingen zu unerfahren, als dass ich es wagen dürfte, eine Meinung zu äußern, dennoch: Wenn Sie eine Prise entkommen lassen, dann müssen Sie sich einen anderen Plan ausdenken, um ihr erneut nachzujagen. So machen wir es auf See, und ich glaube, dass diese Strategie an Land genauso erfolgreich ist.«
    »Wirklich? Nun ja, diese Strategie dürfte sich als kaum weniger erfolgreich erweisen als mein bisheriges Vorgehen.«
    Auf ihrer Reise nach London erörterten sie in ihrem Gespräch sehr viele verschiedene Dinge. Jetzt, da Wickham von den Pflichten auf See befreit war, zeigte es sich, dass er für einen so jungen Menschen eine überraschende Interessenvielfalt hatte. Hayden erfuhr auch, dass Wickhams Familie eine große Bibliothek besaß, in der Lord Arthur von frühester Kindheit mit der Ermutigung durch seine Eltern hatte stöbern können. Hayden konnte sich eines Gefühls des Neides nicht erwehren, als der junge Midshipman von Büchern sprach, die er aus den Regalen in der Bibliothek seines Vaters kennengelernt hatte. Bücher waren keineswegs billig, und Hayden hielt es schon für einen Luxus, mehr als nur einige zu besitzen.
    »Mir wäre die vorzügliche Bibliothek Ihres Vaters lieber als ein Vierspänner«, gab Hayden dem jungen Mann gegenüber zu.
    »Es ist viel besser, dass ein Haus eine gute Bibliothek hat als einen prächtigen Ballsaal, denke ich«, antwortete Wickham. »Dennoch könnte man ein Haus nicht tadeln, wenn es beides aufzuweisen hätte.«
    »Nein, natürlich nicht.«
    Die Reise nach London in einer schwankenden Postkutsche war recht ermüdend, und Hayden war froh, als sie in den von Menschen wimmelnden Straßen der

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