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Unter feindlicher Flagge

Unter feindlicher Flagge

Titel: Unter feindlicher Flagge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sean Thomas Russell
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sagte Hawthorne und löste den Leutnant an einem der Riemen ab. »Sie wissen ja, wohin wir fahren.«
    So saß Hayden also als Bootssteuerer auf der Heckducht, während sich die drei anderen in die Riemen legten. Er führte sie an den großen, schweigend daliegenden Schiffen vorbei, wobei er um jedes Schiff einen weiten Bogen machte, um zu vermeiden, dass sie auf irgendwelche Wachen trafen. In dieser Nacht wollten sie auf keinen Fall angesprochen werden.
    In kurzer Zeit hatten sie den Sund überquert und erreichten das vor Anker liegende amerikanische Handelsschiff. Hayden brachte das Boot geräuschlos längsseits.
    »Mr Hayden, sind Sie es?«, rief eine Stimme von oben.
    »Ja, Mr Tupper. Soll ich unser Frachtstück nach oben kommen lassen?«
    »Ja, bitte.«
    Hayden beugte sich nach vorn, nahm Aldrichs Hand und drückte ihm einen Geldbeutel in die Finger.
    »Das kann ich nicht annehmen!«, wehrte Aldrich ab.
    »Sie können es ja alles zurückzahlen. Mr Tupper gibt Ihnen die Adresse meiner Mutter, und wenn Sie können, zahlen Sie ihr das Geld zurück.« Damit ließ er Aldrichs Hand los. Dann sagte er eindringlich: »Ganz gleich, was Sie für die Zukunft vorhaben, Mr Aldrich, fahren Sie niemals wieder zur See! Bleiben Sie an Land, denn die Briten werden immer Ausschau nach Ihnen halten. Verstehen Sie?«
    »Ja, ich verstehe. Und vielen Dank, Sir. Vielleicht werden Sie mich eines Tages in Amerika besuchen, und ich habe dann vielleicht ein Haus und meine eigene Familie.«
    »Das wünsche ich sehr für Sie, Mr Aldrich. Nun hinauf mit Ihnen.«
    Aldrich verabschiedete sich von jedem Einzelnen mit Handschlag und brachte seinen von Herzen kommenden Dank zum Ausdruck. Dann verschwand er nach oben über die Reling.
    »Ihnen eine gute Nacht, Mr Hayden«, flüsterte Tupper von oben.
    »Und Ihnen auch, Mr Tupper. Ich stehe tief in Ihrer Schuld.«
    »Nicht im Geringsten. Ich stehe so sehr in Mr und Mrs Adams' Schuld für die unzähligen Beweise ihrer Freundschaft, dass Ihre Verpflichtung, wenn sie denn besteht, dadurch längst aufgehoben ist. Viel Glück für Sie!«
    Sie ruderten im Dunkeln zurück zur Themis, die sie nur deshalb so schnell fanden, weil ein Blitz kurzzeitig das Dunkel erhellte - die einzige Lichterscheinung in dieser Nacht. Ein drohender Donner rollte dann über die Bucht, und die sich sanft erhebenden Hügel gaben das Echo vielfältig zurück.
    »Anscheinend findet der Allmächtige an unserem neuesten Akt der Rebellion keinen Gefallen«, flüsterte Hawthorne und übertrug jetzt die gesamte Kraft seiner erfahrenen Hände auf den Riemen.
    »Ich nehme es aber als Zeichen Seiner Billigung«, antwortete Wickham. »Wie könnte es anders sein? Wir bewahren einen Unschuldigen vor dem Auspeitschen, wenn nicht sogar vor dem Tod. Nein, dafür werden wir nicht verdammt. Wir werden in den Himmel aufgenommen werden, wenn unsere Zeit kommt - vielleicht blind, aber dennoch selig.«
    »Blind unseren eigenen Torheiten gegenüber - zumindest«, erwiderte Hayden. »Hier ist das Schiff - endlich!«

K APITEL SIEBENUNDZWANZIG
    Aldrichs Verschwinden brachte Hayden eine Rüge vom Vorsitzenden des Kriegsgerichts ein. Er entschuldigte sich jedoch überschwänglich und ertrug alles mit gut verborgener Freude. Trotz einer ausgesetzten Belohnung war Vollmatrose Peter Aldrich weder in noch um Plymouth herum zu finden. Man spekulierte, dass er beim Versuch, an Land zu schwimmen, ertrunken war.
    Die Themis erhielt einen neuen Kommandanten. Da dieser die Absicht hatte, seine eigenen Offiziere und Midshipmen mitzubringen, wurde die bisherige Besatzung der Themis entlassen, und jeder ging an Land seine eigenen Wege. Der draufgängerische Hawthorne, der sich vor Einladungen fast nicht retten konnte, begab sich nach Bath, um Freunde zu besuchen und zweifellos auch manche junge Lady. Barthe ging heim nach Kent, Doktor Griffiths nach Portsmouth. Nachdem sich Hayden von Lady Hertle verabschiedet hatte, reiste er zusammen mit Lord Arthur Wickham mit der Postkutsche nach London. Die heitere Wesensart des jungen Mannes ließ das, was für manchen anderen ein enttäuschender Rückzug gewesen wäre, durchaus erträglich erscheinen. Wickham machte sich keine großen Sorgen darüber, ob er ein anderes Schiff finden würde, aber Hayden konnte über die Situation nicht so leicht hinweggehen. Vielleicht würde er sogar den Weg nehmen, den Aldrich genommen hatte.
    Hayden wurde auch bewusst, dass ihnen das Kriegsgericht, das über die Meuterei zu befinden hatte,

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