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Unter feindlicher Flagge

Unter feindlicher Flagge

Titel: Unter feindlicher Flagge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sean Thomas Russell
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Jetzt konnte er sich sehr gut vorstellen, welcher dieser drei Männer ihm den Zettel unbemerkt in die Rocktasche geschoben hatte.
    »Wie es scheint, Mr Wickham, hat Worth seine Lehrjahre beendet und folgt nun einer höheren Berufung.«
    »Möchten Sie ein paar Worte mit ihm wechseln, Mr Hayden?«, fragte Wickham leise und war sichtlich verärgert, dass ein Mann wie Worth ihn so an der Nase herumgeführt hatte.
    »Nein. Sie wissen ja selbst am besten, wie Matrosen über Zuträger und Informanten denken«, sagte Hayden und spürte, dass ihm bei diesen Worten eine leichte Röte in die Wangen stieg. »Mir ist ein Mann lieber, der anonyme Warnungen ausspricht, als jemand, der gar nichts unternimmt. Und das wird passieren, wenn ich ihn zur Rede stelle. Sagen Sie in Worths Gegenwart nichts von diesem Zettel, Mr Wickham, und auch sonst zu keinem. Ich möchte nicht, dass er vermutet, dass wir von diesem - Geschenk wissen.«
    Diejenigen, die in den Kabinen bei der Offiziersmesse untergebracht waren, nahmen ihre Plätze ein. Die anderen Deckoffiziere und jungen Gentlemen versammelten sich am Ende der Tafel unweit der Tür. Hayden stand diesen Männern gegenüber, das belastende Stück Papier in der Hand verborgen.
    »Reichen Sie das bitte weiter.« Hayden gab die Zeichnung Barthe, der sie auseinanderfaltete, kurz die Bilder betrachtete und den Zettel dann weiterreichte. Die Karikatur ging von einer Hand zur nächsten, bis sie bei Mr Franks ankam, der am Ende des langen Tischs stand. Die Männer neben ihm beugten sich vor, um einen Blick auf den geheimnisvollen Zettel zu werfen, ehe Franks ihn an der anderen Seite des Tischs zurücklaufen ließ. Als Hayden die Karikatur wieder in Händen hielt, sahen die anderen ihn erwartungsvoll an. Hier und da tauschten einige am Tisch Blicke. Jemand räusperte sich.
    »Hat irgendjemand von Ihnen«, begann Hayden, »Kenntnis von einer Petition, die im Umlauf ist, entweder an Bord der Themis oder auf anderen Schiffen im Hafen?«
    Hayden erntete allgemeines Kopfschütteln. Doch nur wenige der am Tisch versammelten Männer schauten ihrem Ersten Leutnant in die Augen. Hayden spürte seinen wachsenden Unmut. Er hatte keine Zweifel, dass einige in der Messe nicht die Wahrheit sagten - und eben diese Männer musste er für sich gewinnen.
    Inzwischen blickten die Männer zu beiden Seiten des Tisches wieder in Haydens Richtung. Die Mienen waren undurchdringlich. Am liebsten hätte Hayden seinem Unmut Luft gemacht, aber schließlich gewann kluge Umsicht die Oberhand. Wenn es eine Petition gab, dann ging es mit ziemlicher Sicherheit um die Bitte, Kapitän Hart abzusetzen. Und keiner dieser Männer außer Landry würde sich einem solchen Vorhaben widersetzen. Die Offiziere würden es vielleicht insgeheim unterstützen. Wie würde man das in der Admiralität auffassen?
    »Ich möchte, dass Sie alle genau überdenken, was hier an Bord vor sich geht«, sagte Hayden und war bemüht, ruhig zu sprechen. »Penrith wurde ermordet, Tawney verprügelt - auf brutale Weise. Ich bin nicht davon überzeugt, dass Giles von ganz allein aus dem Besanmast fiel. Wenn hier eine Petition an Bord der Themis im Umlauf ist, so hat sie die Gemüter erregt. Und wie es aussieht, sind die Männer, die hinter der Bittschrift stehen, fest entschlossen, dass sie von möglichst allen unterzeichnet wird - koste es, was es wolle. Alle von uns müssten inzwischen gelernt haben, dass Revolten mit einer Liste vernünftiger Forderungen anfangen können. Jeder Offizier, der von einer solchen Petition weiß, aber nichts dazu sagt, wird mit Sicherheit vor ein Kriegsgericht gestellt. Wenn Sie auch nur ein Gerücht gehört haben, so unbegründet es auch sein mag, dann ist es Ihre Pflicht, es jetzt anzusprechen.«
    Erneutes Kopfschütteln, wenn auch etwas schwächer.
    »Nichts, Sir.«
    »Nicht ein Wort, Mr Hayden.«
    Hayden fühlte sich verraten. Seine Enttäuschung verwandelte sich in brodelnden Zorn. »Jeder geht wieder seinen Pflichten nach«, sagte er in barschem Ton und gab sich keine Mühe, seine Gefühle zu verbergen.
    Die Männer verließen den Raum eher hastig. Zurück blieb lediglich der Schiffsarzt am anderen Ende des langen Tischs. Als alle anderen zur Tür hinaus waren, schaute Griffiths den Ersten Leutnant aus wachen, klugen Augen an.
    »Ihnen ist bewusst, Mr Hayden, dass die meisten dieser Männer nur zu gern unterschreiben würden, wenn es eine Petition gäbe, Kapitän Hart abzusetzen. Aber ein solcher Schritt würde natürlich das

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