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Unter feindlicher Flagge

Unter feindlicher Flagge

Titel: Unter feindlicher Flagge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sean Thomas Russell
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dieser Krieg vorüber ist, und ich hoffe, dass es bald dazu kommt, dann möchte ich nach meiner Entlassung auf einem anderen Schiff nach Amerika segeln, Sir. Dort könnte ich Farmer werden oder Anwalt ...« Er zuckte mit den Schultern und schien sich für seine Zukunftspläne zu schämen.
    »Waren Sie schon einmal in Amerika, Aldrich?«
    »Nicht an Land, Sir, aber im Hafen von New York.« Ein Leuchten trat in seine Augen, als spreche er von seiner Geliebten.
    Hayden zögerte. »Nun, ich hoffe, Sie kommen eines Tages dort an. Bis dahin rate ich Ihnen, äußerst vorsichtig zu sein. Ich fürchte, dass es an Bord der Themis zu Schwierigkeiten kommen könnte, und es täte mir außerordentlich leid, wenn Sie in irgendeiner Weise daran beteiligt wären.«
    Aldrich nickte.
    »Sie können dann wieder Ihrer Arbeit nachgehen.«
    Aldrich führte die Hand erneut zur Stirn. »Danke, Sir.«
    Hayden saß an seinem kleinen Schreibpult und starrte auf den Brief, den er begonnen hatte. Auf was für einem Schiff bin ich da überhaupt?, dachte er. Der Kommandant ist ein Feigling und ein Tyrann. Die Midshipmen sind alle Parlamentarier, und der beste Vollmatrose ist ein regelrechter Philosoph. Und irgendjemand an Bord ist ein Mörder. Er verschloss das Tintenfässchen mit dem Korken und säuberte den Federkiel. Wie sollte er all das dem Ersten Sekretär beschreiben? Er konnte sich ja nicht einmal selbst genau erklären, was hier an Bord vor sich ging.
    Es klopfte wieder an die Tür zur Offiziersmesse, und ein Junge steckte den Kopf herein. »Wenn ich stören darf, Sir«, sagte er, »ich soll Ihnen ausrichten, dass Sie zum Essen im Quartier der Midshipmen erwartet werden.«
    »Danke. Ich komme gleich.«

K APITEL ELF
    Der Sturm wollte nicht nachlassen, und das Schiff schlingerte am Anlegeplatz. Der Regen prasselte auf die aufgequollenen Planken. Derweil luden die Midshipmen die drei Leutnants und den Schiffsarzt zum Essen ein und gaben sich redlich Mühe. Man hatte einen ganz passablen Rotwein besorgt - gewiss von Schmugglern, wie Hayden vermutete -, und der Hauptgang bestand aus Hammelfleisch, gekochten Erbsen und Kartoffeln. Ein anständiges, recht ansprechendes Mahl. Natürlich war der Rotwein der Höhepunkt beim Essen.
    Hayden schaute sich an dem voll besetzten Tisch um. Neben Wickham saß Mr Archer, dann kamen der wie gewohnt nachdenkliche Doktor Griffiths, Freddy Madison, James Hobson, Landry sowie die beiden anderen Midshipmen, die erst einige Tage vor Harts Rückkehr an Bord gekommen waren. Sie hießen Tristram Stock und Albert Williams. Ihre Kameraden redeten sie nur mit Trist und Bert an, denn es war Sitte unter der Besatzung, Spitznamen zu erfinden - die meisten waren natürlich derber Natur und wurden nicht offen ausgesprochen. Hayden wollte lieber nicht wissen, wie man ihn inzwischen getauft hatte.
    Und er fragte sich, wie ein Kommandant wie Hart an diese feinen Midshipmen gekommen war. Diese guten Männer hatte er eigentlich gar nicht verdient - und umgekehrt galt das natürlich auch. Aber da Harts Gemahlin über so viele Beziehungen verfügte, war es vielleicht nicht verwunderlich, dass etwa ein junger Lord wie Wickham an Bord war.
    Hayden musste eine Menge Fragen zu seinen bisherigen Dienstjahren beantworten und empfand es als etwas unangenehm, als er merkte, dass die jungen Midshipmen ihm förmlich an den Lippen hingen. »Als ich Leutnant wurde, versah ich meinen Dienst zunächst als Dritter an Bord eines Vierundsechzigers.«
    »Ich war noch nie auf einem Vierundsechziger«, sagte Madison. »War es ein erstklassiges Schiff, Sir?«
    Landry schaute von seinem Teller auf. Der Klecks Soße auf seinem dünnen Kinn verlor sich in den Sommersprossen. »Jeder weiß doch, dass die Vierundsechziger alle zum Kentern neigen, Madison«, sagte er verdrießlich. »Dienst will man auf einem Vierundsiebziger tun.«
    »Stimmt das, Mr Hayden?«, fragte Madison und zog damit einen düsteren Blick des Zweiten Leutnants auf sich.
    »Was Mr Landry sagt, trifft auf viele der alten Vierundsechziger zu. Deshalb haben sie so einen schlechten Ruf. Aber die Schiffe, die so gebaut sind wie die Advent - die Agamemnon wäre noch ein Beispiel -, sind feine Segler. Fast so beweglich wie eine Fregatte, aber natürlich mit einer schwereren Breitseite. Denn sie haben ein ganzes Deck mit vierundzwanzig Geschützen und noch ein Deck mit achtzehn. Sie liegen gut im Wasser, krängen nicht allzu stark und kommen selten vom Kurs ab. Alles in allem gute

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