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Unter feindlicher Flagge

Unter feindlicher Flagge

Titel: Unter feindlicher Flagge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sean Thomas Russell
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Wind kam von Südost, hatte aber merklich nachgelassen. Der Regen hatte endlich ganz aufgehört, obwohl die Planken immer noch vor Nässe glänzten. Dicke Wasserperlen bildeten sich unten an den Spieren, schwollen an und tropften schließlich aufs Deck. Ein kalter Tropfen traf Hayden im Nacken, als er gerade an seinen Hut tippte.
    Hart betrachtete seinen Ersten Leutnant aus zusammengekniffenen Augen. Sein Gesicht wirkte wächsern, und ein dünner Schweißfilm schimmerte auf seiner wulstigen Stirn. Der Schmerz schien ihm noch immer zuzusetzen, denn Hart stand ein wenig vornüber gebeugt, streckte dann die Hand aus und umgriff eine Spake des Steuerrads.
    »Der Wind wird in Kürze ganz abflauen«, sagte Hart gepresst. »Und ich schätze, er wird auf Nord oder Nordost drehen. Verlassen wir diesen Ankerplatz, solange es noch hell ist. Wer hat die Wache, Mr Hayden?«
    »Dryden, Sir.«
    Der Kommandant schaute auf, mit leicht gerötetem Gesicht. »Dryden? Der Maat des Masters?«
    »Ja, Sir«, sagte Hayden.
    »Wer sind die wachhabenden Offiziere?«, verlangte Hart zu wissen.
    »Leutnant Landry, Mr Archer und Mr Dryden, Sir.«
    »Auf meinem Schiff haben auch Sie Wache zu halten!«, grollte Hart. »Wie kommen Sie darauf, es nicht zu tun?«
    »Auf allen Fregatten, auf denen ich diente, hielt der Erste Leutnant nicht Wache, Sir.«
    »Nun, auf meinem Schiff ist das anders. Sie werden Wache halten wie die anderen Leutnants auch. Bringen Sie uns hier raus, Mr Hayden. Setzen Sie Kurs auf Brest!« Er ließ das Steuerrad los und gab Landry ein Zeichen, der gleich zu ihm eilte, sodass sich Hart bei ihm abstützen konnte. »Und dass Sie mir nicht an einen anderen Anker schlagen«, fuhr Hart Hayden an. »Ich möchte nicht, dass der gute Name meines Schiffes durch Ihre Inkompetenz in Verruf gerät.«
    Griffiths, der sich etwas im Hintergrund gehalten hatte, trat nun vor, um Landry zu helfen. Zu zweit halfen sie dem Kommandanten die Stufen des Niedergangs hinunter.
    »Nun, Mr Barthe«, sagte Hayden und merkte, dass er unwillkürlich die Hände zu Fäusten geballt hatte. Nur zu gern hätte er sich seinem Zorn Luft gemacht. »Bereiten wir alles zum Ablegen vor.«
    »Aye, Mr Hayden«, sagte der Master und schenkte ihm, so glaubte Hayden jedenfalls, einen mitfühlenden Blick. »Hoffen wir, dass die Matrosen diesmal williger beim Ankereinholen sind.«
    »Ich mache mir eher um die Offiziere Sorgen, Sie und einige andere ausgenommen, Mr Barthe. Wo ist Mr Franks?«, fragte Hayden und schaute sich an Deck nach dem Bootsmann mit der gebrochenen Nase um.
    »Er hat die Post zum Kommandanten gebracht, Sir. Bei seiner Rückkehr wollte er die Masten begutachten.«
    Befehle wurden erteilt, und zu Haydens Erleichterung machten sich die Matrosen an Deck zu schaffen und bereiteten die Leine zum Einholen des Ankers vor. Die Matrosen schienen zwar nicht von der Arbeit begeistert zu sein, hatten sich jedoch zu einem Mindestmaß an Bereitschaft hinreißen lassen. Franks stieg über die Reling und ordnete an, dass man sein Boot einhole.
    »Wie stehen unsere Masten, Mr Franks?«, rief Hayden ihm zu.
    »Fest und gerade, Mr Hayden.«
    »Schauen Sie bitte nach der Stoßmatte an der Großrah? Sie wurde im Sturm durchgescheuert. Ich möchte nicht, dass es wieder dazu kommt.«
    »Keine Sorge, Sir!« Franks schickte einen der Maate und Aldrich nach oben, um nach den Stoßmatten zu sehen, die an unterschiedlichen Stellen das Scheuern des Tauwerks verhinderten.
    Die Boote wurden eingeholt und die Männer nahmen ihre Plätze an den Spaken des Gangspills ein.
    »Erstaunlich, dass man in dieses ganze Treiben Ordnung bekommt«, merkte jemand an. Als Hayden sich zu der Stimme umdrehte, sah er Muhlhauser unweit des Kompasshäuschens stehen. Der Gast an Bord verfolgte die Vorgänge an Deck mit einer Mischung aus Ehrfurcht und Belustigung.
    »Vieles muss zeitgleich geschehen«, erklärte Hayden, »aber die Männer verstehen sich ganz leidlich auf ihre Arbeit.« Tatsächlich war die Mannschaft zu langsam und schlecht organisiert, aber das sagte Hayden nicht. Wenn Hart ihm freie Hand ließe, würde er sich darum kümmern. Auch Hayden behielt die Männer im Auge, merkte sich die Gesichter und ging im Geiste die Namen der Mannschaft durch. Einige packten willig an, andere standen unschlüssig herum. Wiederum andere machten sich nur dann an die Arbeit, wenn Mr Franks oder einer der Maate in der Nähe war und mit Rohrstock oder Tampen drohte.
    »Würde man bei dieser Mannschaft von

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