Unter feindlicher Flagge
See.«
»Aye, Sir.«
Franks rief nun die Namen einiger Matrosen, die sich - sehr zu Haydens Erleichterung - bereitwillig an die Arbeit machten, genauso wie beim Entern des Schiffes. Offenbar waren die unzufriedenen und mürrischen Seeleute nicht in die Beiboote gestiegen. Oder aber die Aussicht auf das Prisengeld hatte den republikanischen Eifer manch eines Matrosen gedämpft.
Die Brise füllte wieder die Segel. Hayden legte das Steuer herum, und das Schiff reagierte. Während der Bug umschwenkte, blähten sich die Segel. Langsam nahm das Schiff Fahrt auf.
»Bleiben Sie am Wind, Mr Franks. Sobald es geht, drehen wir auf einen südwestlichen Kurs. Ausguck! Können Sie die Themis oder die andere Fregatte sehen?«
»Die Themis ist gut eine dreiviertel Meile entfernt, Sir!«, rief der Mann von oben. »Die andere Fregatte kann ich nicht sehen. Warten Sie, doch, ich sehe Laternen. West, Mr Hayden!«
»Das muss sie sein«, sagte Hayden. »Behalten Sie sie im Blick.«
Wickham kam aufs Deck und sah sehr ernst aus. »Zwei Tote, Sir. Green und Starr. Sechs Verwundete.« Er zögerte. »Aber Smyth wird wohl nicht mehr lange leben, fürchte ich. Wir können die Blutung nicht stoppen.«
»Schlechte Nachrichten. Wir brauchen Doktor Griffiths, aber wir können die Themis so schnell nicht einholen.« Hayden wusste zwar, dass seine medizinischen Fähigkeiten begrenzt waren, überließ dennoch Wickham das Steuerrad und eilte über das Deck, um nach Smyth zu sehen.
Der Mann lag auf dem Vorderdeck und wurde von seinen Kameraden versorgt. Sie hatten es ihm so bequem wir möglich gemacht, aber der dicke Stoffballen, den Smyth sich an die Seite presste, färbte sich rasch rot von Blut.
»Haben Sie große Schmerzen, Smyth?«, fragte Hayden den Mann, dessen Gesicht fahl im Mondlicht leuchtete.
Der Verwundete sagte nichts, schüttelte aber den Kopf - eine stumme Lüge, dessen war Hayden sich sicher. Einen Moment blieb er noch, ermunterte die Matrosen, sich weiterhin um den Verletzten zu kümmern, und lief wieder nach achtern. Dort löste er den traurig dreinblickenden Wickham am Steuer ab. Eine Weile standen sie schweigend nebeneinander.
»So, das war wohl Ihr erstes richtiges Gefecht, wie?«, fragte er und korrigierte den Kurs.
»Ja, Sir. Ich würde es in besserer Erinnerung behalten, wenn wir keine Toten und Verletzten zu beklagen hätten.«
»Ja, dieser elende französische Kapitän. Er holte die Flagge ein, änderte dann aber wohl seine Meinung, als er sah, dass die Themis ihre Geschütze nicht zum Einsatz bringen konnte. Der Schurke!«
»Er hat dafür bezahlt, Sir. Franks hat ihn getroffen.«
»Ist er noch an Bord?«
»Nein, Sir. Wir warfen ihn ins Meer. Er war tot.«
Hayden verfiel wieder in Schweigen. Der Kapitän hatte für seine hinterhältige Art teuer bezahlt, aber ebenso Haydens Mannschaft: zwei Tote, vielleicht drei am Morgen. Dann musste man noch abwarten, ob die schwereren Wunden nicht vielleicht noch zu faulen anfingen. Das fürchteten die Seeleute mehr als den Tod in der Schlacht.
»Haben Sie schon gehört, was die Ladung ist, Sir?«, fragte der junge Mann und löste sich allmählich von den traurigen Nachrichten.
»Nein, noch nicht.«
»Sie hat Getreide geladen.«
»Das ist eine gute Nachricht!«
»Aye, Sir. Meine erste Prise.«
»Noch sind wir nicht entkommen, Wickham. Wir müssen immer noch mit Kanonenbooten, Fregatten, Untiefen und Riffen rechnen. Und der Wind reicht noch nicht, um uns in Sicherheit zu bringen.«
»Wir werden es schaffen. Daran habe ich keine Zweifel.« Die Zuversicht des Midshipman war erfrischend. »Aber was wird geschehen, wenn wir die Themis erreichen, Sir?«
Hayden wusste genau, worauf der junge Mann hinauswollte. Auch er fragte sich, wie es weitergehen würde. Hart war zweifellos außer sich vor Zorn. Sie hatten einen direkten Befehl missachtet - und Hayden wusste nicht, ob die Ausrede, man habe den Befehl nicht richtig verstanden, vor Gericht standhalten würde. Andererseits hatten sie eine Prise genommen und die feindliche Flotte in der Meerenge vor Brest ausgekundschaftet. Hart war zu krank gewesen, um das Schiff kommandieren zu können, und als er schließlich an Deck kam und Befehle gab, war seine Stimme schwach. Die Worte waren ihm nur schleppend über die Lippen gekommen, und er hatte sich auf den Schiffsarzt stützen müssen. Vor Gericht würde man vielleicht seine Kompetenz anzweifeln.
»Sir?«
»Verzeihen Sie, Wickham«, sagte Hayden leise. »Ich weiß nicht, was
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