Unter feindlicher Flagge
spürte seinen Herzschlag bis zu den Schläfen.
Schnell griff Hawthorne nach einer Muskete, zielte und erschoss den Soldaten, der über die Mauer geklettert und über die Wiese gelaufen war. Sofort warf der Leutnant der Seesoldaten die Waffe fort, hob eine weitere Muskete auf und feuerte erneut. Die Soldaten gingen nun hinter der Steinmauer in Deckung und eröffneten ihrerseits das Feuer. Mit zitternden Händen lud Hayden seine Pistole im Schutz eines Baumes nach.
»Nehmen Sie das!«, rief Hawthorne dem jungen Midshipman zu und nahm einem toten Soldaten Pulver und Kugeln ab. Wickham zögerte nur kurz und holte sich die Munition eines anderen, obwohl der Mann stöhnend am Boden lag. Das Blut sickerte aus der Wunde. Schnell waren die Musketen geladen. Sofort rannten die Engländer weiter, ein jeder bewaffnet mit einer Muskete und einer Pistole.
Von einer Hecke führte ein Pfad weiter in Richtung Küste. Nun drangen von allen Seiten Rufe an Haydens Ohren. Da sie das Tempo nicht mehr durchhalten konnten, wurden sie langsamer und keuchten schwer. Hayden verspürte ein scharfes Stechen in der Seite. Hawthorne musste stehen bleiben und taumelte leicht.
»Gehen Sie weiter ...«, keuchte er. »Ich werde sie - aufhalten.«
»Wir lassen keinen zurück«, brachte Hayden außer Atem hervor und stand vornübergebeugt da, beide Hände auf den Knien. Es war nicht einfach zu sagen, aus welcher Richtung die Rufe nun kamen. Hinter den Hecken waren Schatten zu sehen.
»Die Sonne müsste bald untergehen«, merkte Wickham an. Der junge Midshipman war von dem Lauf nicht so außer Atem wie die anderen. Aufrecht stand er da, bog ein paar Zweige zur Seite und versuchte, sich einen Überblick über die Felder in der Nähe zu verschaffen.
»Eine Wiese in südöstlicher Richtung, Mr Hayden«, wisperte er.
»Wie hoch ist das Gras?«
»Nicht allzu hoch, Sir, vielleicht knapp zwei Fuß.«
»Wer lässt Gras so spät noch wachsen?«, murmelte Hawthorne.
Trommelklänge wehten herüber. Hayden verspannte sich und lauschte.
»Sie kommen!«, wisperte Hawthorne. Schnell flüchteten sie sich in ein Dickicht und zwängten sich durch das Geflecht aus Zweigen und Dornen, sodass Stofffetzen hängen blieben.
Inzwischen robbten sie bäuchlings über die Wiese. Als die französischen Soldaten dicht am Rain vorbeieilten, angeführt von einem berittenen Offizier, zogen die drei Engländer die Köpfe ein und blieben still liegen. Hayden hatte den Daumen schon am Hahn der Muskete, rechnete er doch jeden Augenblick damit, entdeckt zu werden. Doch die Soldaten liefen an dem Feld vorbei. Daraufhin kroch Hayden auf allen vieren weiter. Sie brauchten lange, bis sie das andere Ende der Wiese erreichten. Der Geruch des Grases und des Klees stieg ihnen in der zunehmenden Dämmerung in die Nase. Als sie schließlich am anderen Ende ankamen, blieben sie noch einen Moment liegen, lauschten und sehnten die schützende Dunkelheit herbei.
Endlich wagte Hayden es, sich hinzusetzen, und rief flüsternd nach den anderen. Dann verließ er das Feld und schlüpfte in eine dunkle Hecke. Hawthornes großes, blasses Gesicht tauchte neben Hayden im Zwielicht auf.
»Mr Hayden?«
»Hier, Hawthorne. Wo ist Wickham?«
»Hinter Ihnen, Sir.«
»Immer noch froh, mitgekommen zu sein, Wickham?«, fragte Hayden spitz.
»Aye, Sir«, sagte der Junge sofort.
Hayden schüttelte den Kopf. »Die Hecke weist in die richtige Richtung, aber im Augenblick habe ich ein bisschen die Orientierung verloren. Wir haben noch ein Stück Weges vor uns, bevor unser Boot ankommt, und daher können wir nicht die ganze Zeit kriechen. Wir müssen riskieren, Lärm zu machen, denn wenn wir in dieser Gegend festsitzen, werden uns die Franzosen früher oder später entdecken.«
Die anderen schienen zu nicken, obwohl Hayden ihre Gesichter kaum sah. Wickham, der in der Dunkelheit die besten Augen zu haben schien, führte die anderen zu einem schmalen Pfad, der zum nächsten Feld führte. Sie blieben in den Schatten, liefen langsam weiter und stolperten ab und zu im schwachen Licht.
Auch ohne die Schiffsglocke hatte Hayden sein Zeitgefühl nicht verloren. Es würde schneller Mitternacht sein, als ihnen lieb war. Aber er wusste nicht, was sie tun sollten, wenn sie das Boot verpassten. Wahrscheinlich würden sie in der nächsten Nacht wieder eine Stunde nach Mitternacht zum Strand laufen, in der Hoffnung, dass Hart noch einmal ein Rettungskommando schickte.
Ein breiterer Weg tauchte vor ihnen auf. Hayden
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