Unter feindlicher Flagge
das kühle Gestein an seiner Stirn.
»Alles in Ordnung, Mr Hayden?«, hörte er Wickhams Stimme über sich.
»Ja, hier ist nur gerade loses Gestein abgebrochen«, antwortete er. Dann kletterte er weiter, machte sich jedoch klar, dass er Steine auf den Kopf bekommen würde, wenn die beiden Gefährten über ihm ausrutschten. Dennoch konzentrierte er sich auf das Klettern, da er sich nicht ausmalen wollte, was alles passieren könnte. Stets achtete er darauf, sich nur mit einem Fuß weiter nach unten zu tasten, während er sich mit beiden Händen festhielt. So kam er zwar nur langsam voran, aber sicher. Manchmal musste er lange nach einem sicheren Halt suchen und gegen seine innere Angst ankämpfen.
»Ich kann sie über uns hören«, wisperte Wickham.
Hayden schaute hinauf zum Rand der Steilklippe, die sich schwarz vom Sternenhimmel abhob.
Er konnte beinahe die Blicke der Franzosen spüren, die jede Stelle an der Klippe absuchten. Daher versuchte er, möglichst dicht an der Felswand zu bleiben. Kleinere Steine und Staub rieselten ihm ins Gesicht und in den Kragen. Hayden schloss die Augen und fragte sich, ob seine Gefährten oder die Franzosen weiter oben die Steinchen losgetreten hatten.
Die Stimmen wurden leiser. Hayden atmete erleichtert auf, doch dann waren die Verfolger wieder lauter zu hören. Offenbar waren die Soldaten oben am Klippenrand entlang gelaufen und schienen jetzt zu überlegen, an welchen Stellen man hinunterklettern könnte. Wieder zuckte ein Blitz oben, gefolgt vom Knall einer Muskete. Keine zehn Fuß entfernt traf eine Kugel auf das Gestein. Hayden hörte Hawthorne leise fluchen.
»Die schießen sich auf Mr Hawthorne ein«, flüsterte Wickham.
Auch Hayden fluchte. »Sagen Sie ihm, er soll still stehen bleiben.«
Hayden atmete tief durch und kletterte dann so schnell nach unten, wie er nur konnte. Oben erschallte wieder ein Rufen, und eine Kugel schlug keine zwei Fuß neben Hayden in den Fels. Gesteinssplitter trafen ihn im Gesicht.
Eine zweite Kugel pfiff an seinem Rücken vorbei. Endlich erreichte Hayden eine Plattform, hielt sich rechts und gelangte so in den Schutz eines Felsüberhangs. Weiter oben riefen inzwischen mehrere Männer durcheinander und liefen am Rand der Klippe entlang. Vorsichtig schlich Hayden wieder aus dem Schutz und hoffte, dass die Franzosen keinen Posten aufgestellt hatten, der wieder auf ihn schießen würde. Als er einen sicheren Stand hatte, zog er seine Pistole aus dem Gürtel. Dann zielte er oben auf den Rand der Klippe.
Sowie dort oben eine Gestalt auftauchte, feuerte Hayden und war froh, als er hörte, dass jemand einen Warnruf ausstieß und zurückwich.
»Klettert!«, drängte er nun die anderen, und als er sicher war, dass die Gefährten ihm folgten, schob er die Waffe wieder in den Gürtel und kletterte weiter. Nach etwa zehn Minuten erreichte er eine dreieckige Plattform, auf der drei Personen stehen konnten. Der Rand der Klippe war nicht mehr zu sehen, daher wähnte sich Hayden für den Moment sicher.
Wickham war Augenblicke später bei ihm, und endlich erschien auch Hawthorne, müde und abgekämpft. Derweil nutzte Hayden die Verschnaufpause, um seine Pistole zu laden.
»Ich glaube, Sie haben einen von denen getroffen«, sagte Hawthorne schwer atmend.
»Unwahrscheinlich«, meinte Hayden, »aber zumindest habe ich sie kurzzeitig zurückgetrieben. Kommen Sie, hier geht es weiter.«
Er kletterte nun etwa zwei Fuß nach unten und folgte dem Verlauf eines schmalen Vorsprungs in nördlicher Richtung. Dort wartete er, die Pistole im Anschlag. Wie er es befürchtet hatte, feuerte jemand von oben, als Wickham zu Hayden trat. Doch Hayden erwiderte das Feuer, hoffte er doch, Hawthorne dadurch Deckung zu geben.
»Haben die Sie getroffen, Wickham?«, fragte er erschrocken.
»Nein, Sir«, antwortete der Junge. »Ich habe nur ein Loch in meiner Umhängetasche.«
»Das war knapp.«
Als Hawthorne zu ihnen stieß, wurden von oben drei Schüsse abgefeuert, aber auch der Leutnant der Seesoldaten blieb unversehrt.
»Hier sind wir vorerst sicher«, meinte Hayden, »solange sie uns nicht nachklettern, was sie aber vielleicht versuchen werden.«
»Ich denke, sie haben einen Mann in Richtung Süden geschickt, Mr Hayden. Daher fürchte ich, dass wir unten am Strand auf Männer aus Crozon stoßen werden.«
»Dann sind wir längst unten. Warten wir nicht länger. Von hier aus ist es nicht mehr so schwierig.«
Augenblicke später hatten sie den Strand erreicht. Hayden
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