Unter goldenen Schwingen
ich fliegen.
Auf halbem Weg nach Hause kam mir eine Idee.
Hast du etwas gegen einen kleinen Umweg? dachte ich schmunzelnd.
»Wohin fahren wir?«, rief Nathaniel über meinem Dach.
Nach oben!
Ich lenkte den Wagen aus der Stadt hinaus und die kurvenreiche Höhenstraße hinauf. Die Straße schlängelte sich durch die Hügel am Rande der Stadt, immer weiter nach oben.
Als wir schließlich den höchsten Punkt erreicht hatten, parkte ich den Wagen, stieg aus und marschierte auf den Wald zu.
Nathaniel schlenderte entspannt neben mir her. »Du kannst mir nichts vormachen.«
»Was meinst du?«
»Die Stille in deinem Kopf. Das kann nur bedeuten, dass du über Lazarus nachgrübelst. Er macht dir Angst.« Eine Sorgenfalte erschien auf Nathaniels Stirn.
»Ich werde schon mit ihm fertig. Außerdem suchen Ra und Sera doch weiter nach ihm, nicht wahr?«
»Das tun sie. Und du musst dich ihm und seinen Dämonen nicht alleine stellen. Ich bin bei dir.« Er griff nach meiner Hand und ein Schwarm Schmetterlinge flatterte in meinem Bauch.
Das letzte Stück des Wegs war ein schmaler Pfad, der mitten durch den Wald führte, zwischen hohen, alten Kiefern hindurch, bis hinauf auf die Hügelkuppe. Es war kalt und die Sonnenstrahlen glitzerten zwischen den Bäumen.
Wir waren ganz allein. Ich stapfte über das feuchte Laub, das den Waldboden bedeckte und meine Schritte dämpfte. Es war vollkommen still um uns herum.
Der Pfad wurde unwegsamer, je höher wir hinaufstiegen, und ich musste mich an der Felswand festhalten, um nicht auf den Steinen auszurutschen. Nathaniel hielt sich mühelos an meiner Seite.
»Vorsicht.« Plötzlich packte er mich am Handgelenk.
Unter meinen Fingern löste sich der kleine Felsvorsprung, an dem ich mich hatte hochziehen wollen, und ich fiel Nathaniel direkt in die Arme.
»Danke«, keuchte ich erschrocken.
Ein verschmitztes Grinsen erschien auf seinem Gesicht. »Ich hatte schon befürchtet, du brauchst mich gar nicht mehr.«
»Ich werde dich immer brauchen«, murmelte ich.
Er schwang sich mühelos auf das Felsplateau über uns, und streckte mir seine Hand entgegen. Ich griff danach, und er zog mich mit absoluter Leichtigkeit zu sich nach oben. Sobald ich mit beiden Füßen auf festem Boden stand, die Felskante steil neben mir abfallend, schlang er seinen Arm um mich.
»Darüber bin ich sehr froh«, flüsterte er nahe an meinem Gesicht.
Atemlos löste ich mich von ihm, wandte mein Gesicht ab, inständig hoffend, dass er die plötzliche Röte meiner Wangen nur der Anstrengung zuschrieb. Verlegen räusperte ich mich.
»Das ist unser Ziel. Es ist mein Lieblingsplatz.« Ich zeigte auf eine alte Burgruine, die auf dem Felsplateau vor uns emporragte.
Nathaniel nickte lächelnd. »Ich weiß.«
Während wir auf die Ruine zugingen, fragte ich mich, wie oft er wohl mit mir hier gewesen war, ohne dass ich ihn bemerkt hatte. Abgelenkt durch meine Gedanken rutschte ich auf einer glatten Felsplatte aus, und wieder fing Nathaniel mich auf, bevor ich zu Boden stürzte.
Er lächelte und half mir auf. »Machst du das etwa absichtlich?«
»Sehr witzig«, murmelte ich.
Seine Augen blitzten verschmitzt.
Für den restlichen Weg zur Ruine bestand Nathaniel darauf, dass ich mich bei ihm einhängte, damit ich nicht noch einmal ausrutschte. Als wir schließlich das alte, verfallene Gemäuer erreicht hatten, ließ ich seinen Arm los und kletterte durch einen schmalen Spalt ins Innere der Ruine. Das Dach fehlte völlig, nur die Außenmauern standen noch und einige halbhohe Wände. Die Steine waren von Pflanzen überwuchert und die Zeit schien stillzustehen zwischen den uralten Mauern.
Ein wilder Beerenstrauch rankte sich an der Außenmauer entlang, und ich ging an ihm vorbei bis zum vorderen Teil der Ruine. Die Front war fast vollständig weggebrochen und die Felswand fiel steil nach unten ab.
Vor uns eröffnete sich ein atemberaubender Ausblick. Ich ließ meinen Blick schweigend über die Stadt gleiten.
»Es ist ein schöner Ort«, sagte Nathaniel lächelnd und lehnte sich neben mir an die Mauer. »Ich mag ihn.«
»Weil es hier so ruhig ist?«, fragte ich nachdenklich.
»Weil es dein Lieblingsplatz ist«, erwiderte er leise. Plötzlich kam er näher an mich heran und schob sich hinter mich. »Du frierst ja.« Er schlang seine Arme um mich und breitete die Flügel um mich wie einen Mantel.
»Ra und Sera sind dir sehr dankbar für das, was du gestern für mich getan hast.« Seine Stimme klang ruhig und ernst.
Ich
Weitere Kostenlose Bücher